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In einer 1. Klasse tragen alle Schüler bis auf zwei keine Masken mehr.

© Marijan Murat/dpa

„Schulen im Corona-Blindflug“: Lehrerverband kritisiert Aufhebung der Test- und Maskenpflicht

Verbandspräsident Meidinger spricht von „Sorglosigkeitsmodus“. Vielerorts bleibt es aber für ein, zwei Wochen beim Testen.

Ohne Corona-Test in die Schule, ohne Maske in die Klasse - so könnte es aufgrund des neuen Infektionsschutzgesetzes in den Schulen bundesweit nach den Osterferien losgehen. Die meisten Bundesländer haben die Schutzmaßnahmen trotz der weiterhin hohen Zahl von Infektionen schon im März weitgehend gelockert, bleiben aber zumindest nach Ostern zunächst bei den Schnelltests.

Am weitesten gehen Schleswig-Holstein und Sachsen. Im hohen Norden wird bereits seit dem 21. März nicht mehr verpflichtend getestet und die Masken fielen am 4. April. In Sachsen sollen die beiden Corona-Maßnahmen nach den Osterferien, also ab dem 25. April, komplett abgeschafft werden.

Damit wechsele das Land nun auch „zu früh und zu abrupt vom Vorsichtsmodus in den kompletten Sorglosigkeitsmodus“, kritisiert Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, gegenüber der dpa.

Meidinger nannte den Schritt fahrlässig und verwies auf eine hohe Ansteckungsgefahr in geschlossenen Räumen mit „eng platzierten Menschen“, wie das in Klassenzimmern der Fall sei, und auf unterdurchschnittliche Impfquoten bei Kindern.

Das sächsische Kultusministerium hatte am Mittwoch mitgeteilt, angesichts einer Entspannung der Corona-Lage die Schutzverordnung für Schulen und Kindertagesstätten zum 17. April abzuschaffen. Eine Anschlussregelung soll es nicht geben. Nach Ostern kehre wieder Normalbetrieb in Schulen und Kitas ein, hieß es. Damit endet nach den Osterferien auch die Testpflicht an Schulen in Sachsen.

„Infektionen werden nach den Ferien an Schulen eingeschleppt"

„Ohne Maskenpflicht und ohne Testungen befinden sich die Schulen im Corona-Blindflug“, warnte Meidinger. Die Testpflicht sollte seiner Ansicht nach noch ein bis zwei Wochen nach den Osterferien aufrechterhalten werden. „Bekanntlich werden nach Ferien wieder verstärkt Infektionen an Schulen eingeschleppt.“

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So halten es etwa Berlin und Brandenburg, wo bis zu den Ferien noch drei Mal die Woche getestet wurde und in der ersten Woche nach den Osterferien - nach Familienfeiern und Urlaubsreisen - wieder täglich getestet werden soll. Vor dem ersten Schultag am 25. April müssen sich die Schüler:innen zu Hause testen, die entsprechende Aufforderung erreichte die Berliner Schulen aber teilweise zu spät, um die Tests allen noch vor den Ferien mitzugeben.

Die Maskenpflicht im Unterricht war in Berlin zum 1. April im Schulgebäude und im Klassenraum aufgehoben worden - mit der dringenden Empfehlung der Schulverwaltung, weiterhin freiwillig medizinische Masken zu tragen.

Zu sehen ist die Hand eines Grundschülers, der im Klassenraum einen negativen Schnelltest vor die Kamera hält.
In etlichen Ländern, darunter in Berlin, gilt die Testpflicht zumindest in der ersten Woche nach den Osterferien weiter.

© Christoph Soeder/dpa

Insgesamt strenger nehmen es Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern, die als einzige Bundesländer von der Hotspot-Regelung Gebrauch machten, mit der Maskenpflicht: Sie gilt seit Anfang April zwar nicht mehr am Platz im Klassenraum, wohl aber noch im Schulgebäude. Hamburg will auch die drei Mal wöchentliche Testpflicht bis „deutlich nach Ostern“ beibehalten. In Mecklenburg-Vorpommern gilt sie zunächst bis zum 27. April.

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In NRW dagegen endete die Maskenpflicht in der Schule Anfang April wie in etlichen anderen Ländern komplett, wie aus dem umfassenden Überblick des Corona-Newsblogs des Deutschen Schulportals hervorgeht. Testen müssen sich Kinder und Jugendliche aber bis auf Weiteres drei Mal wöchentlich. Bei den Grundschülern sollen es die Eltern zu Hause machen, an den weiterführenden Schulen testen sich die Schüler eigenständig im Klassenraum.

Schleswig-Holstein: Keine Tests nach den Ferien

In Schleswig-Holstein, dem Land, in dem Karin Prien (CDU), die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Bildungsministerin ist, protestierte Ende März der Landeselternbeirat der Gemeinschaftsschulen gegen die umfassenden Lockerungen. Angesichts der seit Beginn der Corona-Pandemie höchsten je gemeldeten Infektionszahlen sei es absolut unverantwortlich, die Schutzmaßnahmen zu beenden. Masken- und Testpflicht müssten zumindest in den ersten zwei Wochen nach den Ferien in vollem Umfang beibehalten werden.

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Thüringen geht einen Mittelweg: Zwar wurde die Maskenpflicht ab dem 21. März für Grundschüler und ab dem 4. April für alle in der Schule aufgehoben, beibehalten wird jedoch eine zwei Mal wöchentliche Testpflicht. Ähnlich ist der Stand der Dinge in Baden-Württemberg und in Bayern (mit drei Tests pro Woche).

In Sachsen riet Kultusminister Christina Piwarz (CDU) unterdessen trotz der dort sehr weitgehenden Lockerungen zur Vorsicht. „Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte können weiterhin Masken tragen und sich testen. Sie müssen es nur nicht mehr.“ Bestehende Hygienekonzepte an Schulen und Kitas würden im Übrigen weiter gelten. Ausreichend Selbsttests für freiwillige Testungen stünden weiterhin kostenlos zur Verfügung.

Der Deutsche Lehrerverband sorgt sich schon jetzt um die Corona-Lage in Herbst und Winter. „Wir fürchten, dass die Politik darauf an den Schulen erneut nicht ausreichend vorbereitet sein wird“, sagte Heinz-Peter Meidinger. (mit dpa)

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