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Liegt hier drunter ein Erzvorkommen? Bestimmte Metalle sind häufiger in den Bäumen darüber zu finden und können somit Hinweise auf Bodenschätze im Untergrund liefern.

© Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/ZB

Schonende Schatzsuche: Drohnen, Datenanalysen und Baumnadeln liefern Hinweise auf Bodenschätze

Die Suche nach Bodenschatzvorkommen wird teils kritisch beäugt. Neue Methoden gestalten die Exploration minimalinvasiv.

Der Bergbau hat ein ähnliches Problem wie die Landwirtschaft: Seine Produkte werden gern genommen. Doch die Produktion selbst wird vielfach kritisiert, wegen ihrer Eingriffe in die Umwelt und möglichen Langzeitschäden.

Der Bedarf für Produkte wie Metalle, Energierohstoffe, Steine und Kies und insbesondere Hightech-Rohstoffe wie Lithium oder Iridium wird voraussichtlich steigen. Mit Recycling allein wird er nicht zu befriedigen, wie eine Analyse der Deutschen Rohstoffagentur zeigt.

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Minimalinvasive Suche

Die Industrie versucht daher, „grüner“ zu werden. Neue Verfahren sollen die Auswirkungen mindern und wirtschaftlicher sein. Die EU unterstützt das, unter anderem im Vorhaben „New Exploration Technologies“ (Next). Mit knapp sieben Millionen Euro Förderung haben Partner aus sechs Ländern erforscht, wie die Suche nach Rohstoffen, die Exploration, umweltfreundlicher gestaltet werden kann.

Drohnen und Satellitendaten werden wichtiger. Manch teurer Flug mit Helikoptern oder Flugzeugen, die geophysikalische Sonden tragen, kann mithilfe der robotischen Geräte ersetzt werden. Das zeigte sich jüngst bei der Vorstellung der Projekt-Ergebnisse.

Zudem werden alternative Methoden interessant, um Erzkörper „minimalinvasiv“ zu finden. Statt mit Bagger und Bohrgerät Proben zu gewinnen, kann es zunächst genügen, Pflanzen zu analysieren, wie ein Beispiel aus Finnland zeigt.

Schon länger ist bekannt, dass je nach chemischer Zusammensetzung des Untergrunds bestimmte Elemente in Pflanzen gehäuft vorkommen. Nach diesem Prinzip hat die Firma Radai aus Oulu in Lappland nach einem Gold-Kobalt-Komplex gesucht. Die Experten testeten Nadeln, Zweige und Rinde von Fichten, Wacholder und Kiefer. Alle drei Arten zeigten Elementkonzentrationen, die auf eine Mineralisation hinweisen können, berichtet Ari Saartenoja von Radai.

Das Erz liegt jedoch so tief, dass es keine unmittelbare Gold-Anreicherung in den Pflanzen darüber gibt. Daher suchten die Fachleute nach chemischen Signaturen, die typisch für die Randzone solcher Erzkörper sind – und wurden fündig. Dies belegen Bohrungen, die in den betreffenden Arealen deutlich erhöhte Goldgehalte in der Tiefe anzeigen. Das Verfahren kann also helfen, die folgenden Erkundungsarbeiten auf vielversprechende Gebiete zu konzentrieren und teure Fehlschläge zu vermeiden.

Saartenoja sieht weitere wichtige Vorteile der Pflanzenanalyse: „Sie beeinträchtigt die Umwelt kaum und sie ist schnell.“ Binnen eines Tages ließen sich viele Proben gewinnen. Sie hat aber auch Grenzen. Die zu untersuchenden Pflanzen müssen im gesamten Studiengebiet vorkommen, um vergleichbare Ergebnisse zu erhalten. „Zwischen den einzelnen Arten und Gewebetypen schwanken die Elementgehalte deutlich“, berichtet er. Zudem können andere Quellen wie Staub oder Oberflächenwasser das schwache geochemische Signal aus dem Untergrund stören und müssen berücksichtigt werden.

Der zweite Blick auf unspektakuläres Gestein

Umweltfreundlichere Exploration kann auch mittels Big-Data-Methoden gelingen. So wurde beispielsweise kürzlich ein Zinnvorkommen im Erzgebirge entdeckt, dank Künstlicher Intelligenz. Eigentlich verwunderlich, gilt doch das Erzgebirge als eine der geologisch am besten untersuchten Regionen der Welt. Dennoch sind auch hier neue Funde möglich.

Geowissenschaftler der Firma Beak Consultants aus Freiberg haben im Rahmen des Next-Projekts vorhandene Daten zu Geologie, Chemie und Mineralisationen zusammengeführt und ausgewertet. „Man kann sich das vorstellen wie viele thematische Karten, die übereinander gelegt werden“, erläutert Andreas Brosig, einer der beteiligten Fachleute. Als menschlicher Betrachter verlöre man rasch den Überblick, nicht aber eine clevere Software.

Nachdem sie an bekannten Zinnerz-Lagerstätten „gelernt“ hat, welche geologischen Voraussetzungen günstig für eine Vererzung sind, hat sie im Datenwust eine weitere Region identifiziert, wo ein Vorkommen möglich erscheint. Es geht um ein Gebiet zwischen Amtsberg und Bockau südöstlich von Zwickau in dem ein bis jetzt unbekannter Mineralisationstyp auftritt.

Ein graues Schiefergestein tritt dort zutage, erzählt Brosig. „Unspektakulär, es sieht aus wie an vielen Orten im Erzgebirge.“ Doch Tests bestätigten den Verdacht: Hier gibt es Zinnoxid, von Bergleuten als Kassiterit oder Zinnstein bezeichnet. Allerdings sind die Körnchen so klein, dass sie mit bloßem Auge nicht zu sehen und bei bisherigen Rohstofferkundungen nicht beachtet worden sind.

Der aktuelle Fund ist einer weiteren Innovation zu verdanken. Statt mühsam Proben aus dem Gestein zu klopfen, ins Labor zu schaffen und dort zu analysieren, verwendeten die Geowissenschaftler einen mobilen Röntgenfloureszensanalysator. Die Analysetechnik ist seit langem bekannt, erforderte aber einigen Platz in den Labors. Nun ist sie „geschrumpft“ und kann im Gelände genutzt werden, ohne den Fels mechanisch aufzubrechen.

„Man hält das Gerät an das Gestein und weiß sofort, ob sich die weitere Suche lohnt“, sagt Brosig. Es lohnte sich, weitere Untersuchungen bestätigten den Befund. Nun soll mit elektromagnetischen Messungen von Drohnen aus geklärt werden, welche Ausdehnung die Lagerstätte hat. Im nächsten Schritt würden Bohrungen folgen, um die Erzmenge genauer zu ermitteln, und die neuen Daten mit den alten Ergebnissen abgeglichen, sagt Brosig. Erst dann sei es sinnvoll, über die Ökonomie des Vorkommens und einen Abbau zu entscheiden.

Information und persönliche Präsenz

Oft führen Rohstofferkundungen, vor allem, wenn gebaggert und gebohrt wird, zu Skepsis, mitunter auch Protesten. Anwohner fürchten Umweltverschmutzung und Verlust an Lebensqualität, wenn einmal der Abbau beginnt. Im Next-Projekt der EU wurde deshalb zudem erforscht, wovon die Akzeptanz der Bevölkerung abhängt.

In ökonomisch schwächeren Regionen wie Lappland werden Rohstofferkundungen eher positiv gesehen, berichtet Karin Beland Lindahl von der Luleå University of Technology in Schweden. „Denn mit einem Abbau sind meist Arbeitsplätze und ein Ausbau der Infrastruktur verbunden.“ In Gebieten mit Landnutzungskonflikten und starken NGOs dominiere eher Skepsis.

In jedem Fall sei es wichtig, frühzeitig über die Vorhaben zu informieren. Wenn man sich jedoch die Webseiten der einschlägigen Firmen anschaut, werde dies nur von einem kleinen Teil umgesetzt, zumindest in Finnland, stellt die Forscherin fest. Grundsätzlich würden moderne, weniger invasive Erkundungsmethoden gut ankommen und die Akzeptanz der Unternehmen steigern, zeigen ihre Studien. „Aber andere Faktoren scheinen noch bedeutsamer zu sein“, sagt Beland Lindahl. „Die Menschen schätzen es, wenn die Verantwortlichen persönlich vor Ort sind und erklären, was sie vorhaben.“

In der Zinn-Provinz bei Bockau hätten die Menschen „durchaus positiv“ auf die Erkundung reagiert, sagt Brosig. „Viele fühlen sich dem Bergbau verbunden.“ Sollten weitere Erkundungen folgen, werde auch die Kommunikation mit der Bevölkerung verstärkt. Sein Argument: Die Verfügbarkeit von Zinn und anderen Metallen ist essentiell für die Energiewende. Europäische Lagerstätten könnten einen wertvollen Beitrag leisten.

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