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Der Fundort in der Salzwüste in Utah lag vor 12.000 Jahren ein Sumpfgebiet.

© Daron Duke

Schamanische Praktiken: Tabakkonsum der ersten Amerikaner

Bislang ging man davon aus, dass in Amerika die ersten Tabakpfeifen erst vor 3000 Jahren rauchten. Ein neuer Fund zeugt von deutlich früherer Nutzung.

Menschen nutzen Tabak offenbar schon seit mindestens gut 12.000 Jahren und damit wesentlich länger als bisher bekannt. Das schließen Forscher aus Ausgrabungen in der Großen Salzwüste im Nordwesten des US-Bundesstaates Utah. Dort entdeckten sie in einer 12.300 Jahre alten Feuerstelle neben Werkzeugen und Tierknochen vier verkohlte Tabaksamen.

Der bisher früheste Beleg für die Nutzung von Tabakpflanzen in Nordamerika war 3000 Jahre alt. Der Fund belege, dass schon die frühen Bewohner des Kontinents die Eigenschaften der Pflanze erkannt und genutzt hätten, schreibt das Team um Daron Duke von der Far Western Anthropological Research Group im Fachblatt „Nature Human Behaviour“.

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Brennholz, Werkzeug, Knochen und Tabakreste

Von allen psychoaktiven Substanzen habe Tabak besonders große soziale und wirtschaftliche Bedeutung gehabt. Die Gruppe verweist auch auf die große globale Verbreitung. Bei den nordamerikanischen Ureinwohnern sei die rituelle, medizinische und soziale Verwendung der Pflanze tief verwurzelt. Insbesondere bei den Bewohnern des Großen Beckens, zu dem auch die Fundstelle zählt, sei sie eng mit schamanischen Praktiken verbunden.

Wie weit diese Tradition zurückreicht, war bisher unklar. Der bislang älteste Beleg für Tabaknutzung war eine 3300 Jahre alte Pfeife mit Tabakrückständen, die im Südosten der USA entdeckt wurde. Zwar wurden in jener Region bis zu 5000 Jahre alte Pfeifen gefunden, allerdings ohne Spuren der Pflanze. Auch in Südamerika reicht die Tabaknutzung den Forschern zufolge mindestens 3000 Jahre zurück.

Im Gegensatz dazu stammt der jetzige Fund aus einer Zeit, als der Kontinent noch nicht lange besiedelt war. Nach gegenwärtig gesichertem Kenntnisstand betraten die ersten Menschen Amerika vor etwa 16.000 Jahren über die Beringstraße. Die nun entdeckten Tabaksamen stammen von einem Ort, wo vor etwa 12.300 Jahren eine Gruppe von Jägern und Sammlern lagerte. Damals erstreckte sich dort keine Wüste, sondern ein großes Sumpfgebiet.

Neben Rückständen von als Brennholz genutztem Weidenholz fanden die Forscher Überbleibsel von Werkzeugen sowie mehr als 2000 Spuren von Tierknochen, überwiegend von Wasservögeln. Die Tabaksamen gehören vermutlich zu der Art Nicotiana attenuata, die Kälte und Trockenheit gut verträgt. Da die Pflanze nicht in Feuchtgebieten wächst, gehen die Forscher davon aus, dass die Menschen Blätter oder Blüten mit sich führten. Die Samen, die selbst kein Nikotin enthalten, sind demnach nur Rückstände der eigentlich genutzten Pflanzenteile.

Gekautes oder gerauchtes Genussmittel

Wie die Menschen Tabak damals genau verwendeten, ist unklar. Zumindest später war das Rauchen von Tabak in Nordamerika weit verbreitet, möglicherweise seien Pflanzenteile aber auch gekaut worden, schreibt das Team. „Die Daten bestätigen, dass wilder Tabak während des Pleistozäns im Inneren des Kontinents vorhanden war, und stützen den Schluss, dass die ankommenden Menschen seine berauschenden Eigenschaften bald erkannten.“ Demnach nutzten die Ureinwohner Nordamerikas 8000 bis 10.000 Jahre lang wilden Tabak. Erst danach gingen manche Gruppen dazu über, die Pflanzen selbst anzubauen.

Walter Willems, dpa

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