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Folge des Klimawandels. Durch die zunehmenden Temperaturen steigt der Meeresspiegel. Dadurch gibt es häufiger Überschwemmungen.

© AFP

Sachstandsbericht des Weltklimarats: Neuer IPCC-Bericht: Klimaforscher kämpfen mit Datenflut

Am Montagmorgen wird der zweite Teil des aktuellen IPCC-Berichts veröffentlicht: ein Mammutwerk, für das Tausende von Studien ausgewertet wurden.

Das Weltklima ändert sich, schneller als es die Menschheit bisher kennengelernt hat. Und sie ist maßgeblich daran beteiligt, so lautet das Ergebnis des fünften Sachstandsberichts des Weltklimarats (IPCC), dessen erster Teil im September veröffentlicht wurde. Welche Folgen die Erderwärmung hat, und wie gut eine Anpassung gelingen kann, darum wird es im zweiten Teil des Berichts gehen. Er soll am Montagmorgen in Yokohama veröffentlicht werden.

Grundlegende Aussagen sind jedoch bereits bekannt – nicht zuletzt deshalb, weil der Weltklimarat keine eigene Forschung betreibt, sondern die Autoren vorhandene Studien heranziehen und bewerten. So herrscht Einigkeit darüber, dass die Erderwärmung bereits heute Tiere und Pflanzen beeinflusst. In den wärmer werdenden Ozeanen wandern Fische wie der Kabeljau polwärts in kühlere Gewässer. Dort wird sogar mit einer Zunahme der Artenvielfalt gerechnet, während für die tropischen Meere ein Rückgang erwartet wird. Das hat Konsequenzen für die Fischerei, die mit teils drastischen Einbußen rechnen muss.

Tiere ziehen polwärts, um der Erwärmung zu entkommen

Ähnliches geschieht an Land. Untersuchungen zeigen, dass in Mitteleuropa Vögel und Schmetterlinge im Schnitt um mehrere Kilometer pro Jahr nach Norden beziehungsweise in höher gelegene Landschaften abwandern. Was nicht immer erfolgreich ist, weil zum Beispiel das Festland an einer Küste endet oder der neue Lebensraum von anderen Arten besetzt ist. Klar ist aber auch, dass der Klimawandel bisher nur wenig mit dem weltweiten Artensterben zu tun hat. Veränderte Landnutzung und Umweltverschmutzung spielen noch immer die Hauptrolle. Ob und wie stark sich das in Zukunft ändert, ist eine der Fragen, die der zweite Teil des IPCC-Reports beantworten soll.

Er wird mehr Details enthalten als das Vorgängerdokument von 2007. Dazu gehören mehr regionenbezogene Aussagen, die etwa auf den Alpenraum oder einzelne Küstengebiete fokussiert sind. Das wurde möglich, weil es inzwischen viel mehr Fachartikel gibt, auf die sich die Forscher stützen können. Sie zogen rund zehnmal so viele Beiträge heran, als vor sieben Jahren verfügbar waren.

Mehr als 2000 Kommentare mussten bearbeitet werden

Das ist zugleich ein Problem. Immer schwieriger wird es für die Autoren, die Menge zu beherrschen. Hinzu kommen zig Kommentare und Hinweise, die in den Begutachtungsrunden gemacht werden. „Allein in unserem Kapitel waren es mehr als 2000 Kommentare“, sagt Daniela Jacob vom Climate Service Center in Hamburg und Hauptautorin eines Kapitels im aktuellen Bericht. Jeder einzelne werde diskutiert, eingearbeitet oder individuell beantwortet. „Das ging an die Grenze.“

Prinzipiell arbeiten alle Autoren ehrenamtlich. Sie sammeln die verfügbaren Artikel, sichten diese und tragen Resultate zusammen. Das hat über zweieinhalb Jahre ungefähr ein Viertel bis ein Drittel ihrer Arbeitszeit in Anspruch genommen, schätzt die Bremer Physikerin Monika Rhein, Hauptautorin des IPCC-Berichts vom September. „Die Universität Bremen hat mich in dieser Zeit von einigen Aufgaben in der Lehre sowie in Unigremien entlastet.“ Zudem finanziert die Bundesregierung leitenden Autoren wissenschaftliche Mitarbeiter, die helfen, die Literatur zu sichten und Daten abzugleichen. „Eine Unterstützung sind auch die vielen Fachkollegen, die seit Jahren in demselben Themengebiet arbeiten“, sagt Rhein. Dieses Netzwerk kann rasch Fragen beantworten oder auf wichtige Studien verweisen.

Kritik an der Kommunikation zwischen den Arbeitsgruppen

Dennoch kamen insbesondere die Autoren des zweiten Berichts an ihre Grenzen, da sie besonders viel Literatur auszuwerten hatten. Für den Biologen Hans-Otto Pörtner vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven, der ein Kapitel zu Ozeanen verantwortet, waren es ungefähr 1200 Studien. „Es gibt zunehmend Initiativen, die Fülle an Informationen mithilfe von Datenbanken zu bändigen“, sagt er. Dadurch würden die Daten schneller für weitere Auswertungen und Metastudien verfügbar. Das kann beispielsweise die Frage nach Folgen der Ozeanversauerung für Muscheln sein: Welche Arten sind bei welchen Kohlendioxidkonzentrationen betroffen?

Darüber hinaus hatten die Verfasser damit zu kämpfen, dass der Informationsfluss vom ersten Bericht – der die physikalischen Grundlagen zusammenträgt – noch nicht optimal ist. Zwar hatten sie ein halbes Jahr mehr Zeit, um die aktuellen Daten zu berücksichtigen, und Zugang zu den Ergebnissen der Arbeitsgruppe 1 erhalten. „Es ist aber ein Unterschied, ob ich ein Dokument flüchtig anschaue oder mit einem der Autoren persönlichen Kontakt habe und beispielsweise über deren Diskussionen informiert bin“, sagt Rhein. Es seien zwar Personen benannt worden, die die Arbeitsgruppe 2 beraten sollten. „Die wurden aber nicht zu den Meetings eingeladen“, sagt die Forscherin. Das müsse beim nächsten Bericht besser werden, fordert sie.

Ob es dazu kommt, ist offen. Seit Jahren gibt es Stimmen, die dazu aufrufen, auf die gewaltigen Werke zu verzichten und stattdessen Spezialreports herauszugeben, die sich etwa mit Extremwetter oder der Entwicklung der Treibhausgasemissionen beschäftigen. Eine Entscheidung darüber steht noch aus.

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