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Leiter des deutschen Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler.

© Tobias Schwarz/AFP/Pool/dpa

RKI zur Gefahr einer zweiten Corona-Welle: „Die neueste Entwicklung macht uns große Sorgen“

Deutschland ist fahrlässig geworden, kritisiert das Robert-Koch-Institut angesichts deutlich steigender Neuinfektionen. Was ist jetzt zu tun? Das sagt das RKI.

Der Präsident des Robert-Koch-Institut (RKI) ist höchst beunruhigt über den Anstieg der Infektionszahlen in Deutschland. "Die neueste Entwicklung der Fallzahlen macht mir und allem im Robert-Koch-Institut große Sorgen" sagte Lothar Wieler am Dienstagvormittag im Rahmen einer Pressekonferenz. "Wir sind mitten in einer sich rasant entwickelnden Pandemie."

Am Dienstag meldete das RKI 633 Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Am Wochenende war diese Zahl zwei Tage in Folge sogar auf rund 800 gestiegen. Insgesamt seien in den vergangenen sieben Tagen deutschlandweit 3611 weitere Fälle bestätigt worden.

Grundsätzlich sei Deutschland in der Lage, das Virus einzudämmen. Dass hätten die gesunkenen Infektionszahlen und Todesfälle der vergangenen Wochen gezeigt. "Der Anstieg hängt damit zusammen, dass wir nachlässig geworden sind", sagte Wieler. Er gab aber auch zu: "Leider hatten wir nie stabil unter 300 pro Tag. Das war meine Hoffnung."

Ute Rexroth, Leiterin des Fachbereichs Surveillance beim RKI, betonte, dass der Anstieg der Fallzahlen nicht auf einen Landkreis oder einen Hotspot zurückzuführen sei - so wie jüngst der Corona-Ausbruch beim Schlachbetrieb Tönnies. "Es betrifft viele Bundesländer", sagte Rexroth. Der Anstieg sei "diffus".

Während zwischenzeitlich über 150 Landkreise sieben Tage lang keine Neuinfektionen verzeichneten, sind es heute nur noch 95 Landkreise. Auch Rexroth betonte. "Dieses Geschehen macht uns Sorge."

Anders als befürchtet beträfen die Neuinfektionen aber nicht vor allem Reiserückkehrer. Der größte Teil habe sich in Deutschland angesteckt - auf Familienfeiern, bei Treffen mit Freunden, in Pflegeeinrichtungen, am Arbeitsplatz. Dass einige trotz Infektionsrisiko Partys feierten, nannte Wieler "rücksichtlos und fahrlässig".

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Kommt es angesichts der steigenden Zahlen nun zu einer zweiten Corona-Welle in Deutschland? Der RKI-Präsident betonte, dass Deutschland das nun selber in der Hand habe. Er appellierte an die Menschen, die Corona-Regeln zu befolgen, 1,50 Meter Abstand zu halten, die Handhygiene zu befolgen und einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. "Und ich bitte Sie, die Mund-Nasen-Bedeckung richtig zu tragen. Über Mund und Nase."

Hintergrund-Informationen zum Coronavirus:

Diese Regeln müssten die Bürger noch monatelang einhalten. Niemand solle sie mehr infrage stellen. Außerdem gelte weiterhin, die Anzahl der engen Kontakte gering zu halten. "Lassen Sie uns erreichen, dass möglichst wenige erkranken, dass wir möglichst wenige durch diese Krankheit verlieren."

Trotz des Anstiegs der Infektionszahlen sprach sich das RKI für eine Öffnung der Schulen nach den Sommerferien aus, allerdings müsste es dafür Hygienkonzepte geben. "Es darf nicht dazu kommen, dass sich die Schüler zu sehr mischen", sagte Wieler. Es müssten Einheiten gebildet werden, in denen die Schüler auch in den Pausen unterwegs wären.

Zu Reisen mit dem Flugzeug äußerte sich der RKI-Chef auch. Im Flugzeug sei die Wahrscheinlichkeit nicht so hoch sich anzustecken, da die Luft dort sehr gut umgewälzt werden. Ob sich dennoch im Zusammenhang mit Flugreisen Menschen infiziert hätten, könne er aber nicht sagen.

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