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RKI-Chef Lothar Wieler informierte über das Infektionsgeschehen.

© Stefanie Loos/Pool via Reuters

Update

RKI-Appell vor Corona-Weihnachten: „Reduzieren Sie Ihre Kontakte auf das Minimum, reisen Sie nicht“

Es werde wohl noch Wochen dauern, bis die Zahlen sinken, sagt RKI-Chef Wieler. Er warnt davor, dass sich das Infektionsgeschehen noch verschlimmern könnte.

Nach einer Woche harten Lockdowns zeichnet sich in Deutschland noch keine Trendwende beim Infektionsgeschehen ab – im Gegenteil. „Zurzeit verschlechtert sich die Situation weiter“, sagte der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, am Dienstag in Berlin.

Die Sieben-Tage-Inzidenz gab das RKI am Dienstag mit 197,6 an. Das ist der höchste Stand seit Beginn der Pandemie. Der Wert liegt weit über der angestrebten Inzidenz von 50, die als Grenze für die Nachverfolgbarkeit von Kontakten durch die Gesundheitsämter gilt.

„Es wird vermutlich noch mehrere Wochen dauern, bis die Fallzahlen zurückgehen“, sagte Wieler. Es stünden schwere Wochen bevor. „Wir sollten sie nicht noch schwerer machen.“

„Manche Krankenhäuser fahren schon Notprogramme“

Wieler warnte, es sei zu befürchten, dass sich an den Feiertagen durch das Treffen von Menschen aus verschiedenen Regionen Deutschlands das Infektionsgeschehen weiter anspanne. Bisher habe man zehn bis 14 Tage nach Beginn der Maßnahmen einen Effekt gesehen. Jetzt müsse man bedenken, dass an Weihnachten weniger getestet werden wird. „Das werden wir in unsere Begutachtung mit einfließen lassen.“

Nur durch eine Verringerung der Kontakte könne aber verhindert werden, dass weitere Menschen schwer erkranken oder mit einer Covid-19-Erkrankung sterben.

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„Ich bitte Sie eindringlich, die Tage zwischen den Jahren in Ruhe und in kleinstem Familienkreis zu verbringen“, appellierte Wieler. „Reduzieren Sie Ihre Kontakte auf das absolute Minimum, reisen Sie nicht“, bat er weiter. „Das Virus lebt von unseren Kontakten.“ Wenn man sich mit anderen treffe, sollte es immer der gleiche Kreis sein, ergänzte er.

„Das Virus ist in der ganzen Bevölkerung, in allen Altersgruppen, und überall in Deutschland vorkommend“, so Wieler weiter. Er betonte, insbesondere in Alten- und Pflegeheimen nähmen Ausbrüche und Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus derzeit zu.

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„Nicht nur die Intensivbetten sind belegt“, sagte Wieler, „auch die anderen Betten werden immer rarer. Manche Krankenhäuser fahren schon Notprogramme, und viele Ärzte fallen selber aus wegen Covid-19.“

RKI: Mutation des Virus vermutlich schon in Deutschland

Die in Großbritannien und anderen Ländern vorkommende Mutation des Coronavirus ist nach Angaben Wielers in Deutschland bisher noch nicht nachgewiesen worden. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Mutation unerkannt aber bereits in Deutschland sei, schätzte Wieler allerdings als „sehr, sehr hoch“ ein.

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Er verwies darauf, dass die Variante B.1.1.7 in Großbritannien bereits im September erstmals nachgewiesen wurde, zudem gebe es bereits Nachweise in Nachbarländern wie den Niederlanden und Dänemark.

B.1.1.7 komme in Großbritannien ganz offensichtlich viel häufiger vor als andere Varianten. „Das könnte daran liegen, dass sie eine höhere Infektiosität hat, das muss aber nicht so sein“, sagte Wieler. „Wir können die Bedeutung der Variante für das Geschehen noch nicht eindeutig einschätzen.“

„Impfungen werden erst einmal nichts an der Gesamtsituation ändern“

Zur Bedeutung der Variante für die bevorstehenden Impfungen sagte Wieler: „Alle diese Daten, die wir bislang kennen, sprechen dafür, dass der Impfschutz nicht eingeschränkt ist, wenn sich diese Variante weiter ausbreitet.“ Er hoffe auf mehr Informationen zur neuen Variante noch in diesem Jahr.

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Über die am Montag erteilte erste Zulassung eines Corona-Impfstoffs in der EU äußerte sich Wieler „glücklich“, schränkte aber ein, dies werde „erst einmal nichts an der Gesamtsituation ändern“.

Der Leiter des RKI-Fachgebiets Impfprävention, Ole Wichmann, erläuterte, es werde Monate dauern, bis so viele Menschen geimpft sind, dass die Zirkulation des Virus verringert wird. Solange sei es notwendig, sich weiter an Abstandhalten, Hygieneregeln und Kontaktbeschränkungen zu halten.

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Die Gesundheitsämter übermittelten dem RKI am Dienstag 19.528 neue Fälle und weitere 731 Todesfälle binnen eines Tages. Am Dienstag der Vorwoche waren 14.432 Neuinfektionen und 500 Todesfälle gemeldet worden – allerdings fehlten damals Daten aus Sachsen, die später nachgemeldet wurden.

Die Zahl der binnen sieben Tagen an die Gesundheitsämter gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) gab das RKI mit 197,6 an. Das ist der höchste Stand seit Beginn der Pandemie.

Den mit Abstand höchsten Wert erreicht Sachsen: Dort liegt die Sieben-Tage-Inzidenz bei 426,8, also mehr als doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Es folgen Thüringen mit einem Wert von 299,4 und Bayern mit 215,9. Der niedrigste Wert wird in Schleswig-Holstein mit 93,6 verzeichnet.

Die Zahl der Todesfälle war in der Tendenz zuletzt nach oben gegangen, was nach dem steilen Anstieg bei den Neuinfektionen auch erwartet worden war.

Die Gesamtzahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, stieg bis Dienstag auf 27.006. Das RKI zählt seit Beginn der Pandemie 1.530.180 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2 in Deutschland (Stand: 22.12., 00.00 Uhr).

Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag dem RKI-Lagebericht vom Montagabend zufolge bei 0,98 (Vortag: 1,04). Daten zufolge, die der Tagesspiegel live aus den Landkreisen zusammenträgt, gab es am Dienstag rund 391.500 aktive Fälle. Nach RKI-Schätzungen sind rund 1.136.700 Menschen inzwischen genesen.

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Das zentrale Intensivregister der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) meldete am Dienstagmorgen 5216 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen. Davon müssen 2726 beatmet werden, das sind knapp 52 Prozent der Covid-19-Intensivpatienten. Derzeit sind insgesamt auf den Intensivstationen dem Register zufolge noch 4768 Plätze frei, 22.038 sind belegt.

Intensivmediziner sind alarmiert

„Seit einigen Tagen wird bereits diskutiert, ob die Belastungsgrenze erreicht ist“, sagte Divi-Präsident Uwe Janssens am Dienstag bei einer virtuellen Pressekonferenz. Das Infektionsgeschehen bestimme, ob die Lage noch gestemmt werden kann. Es werde bis in den Januar hinein eine „fortgesetzte Grenzsituation auf den Intensivstationen“ geben. Der Staat müsse Maßnahmen ergreifen, um die Situation zu entlasten.

Auch der wissenschaftliche Leiter des Divi-Intensivregister, Christian Karagiannidis, sagte: „Wir machen uns zunehmend Sorgen und es wird wirklich eng werden in Deutschlands Krankenhäusern.“ Aktuelle Prognosen gingen davon aus, dass die Auslastung der Intensivstationen noch steigen wird – trotz Lockdown. Denn: Die Infektionen hätten bereits stattgefunden. „Wir hoffen sehr stark, dass die Zahlen durch den Lockdown abfallen werden“, so Karagiannidis.

Bisher aber keine Triage in Deutschland

Steffen Weber-Carstens von der Charité Berlin hob aber hervor, dass es im Moment nicht die Situation einer so genannten Triage in Deutschland gebe. Dies gelte auch für Sachsen, wo die Ansteckungszahlen derzeit besonders hoch sind. Von dort würden Patienten aber in andere Bundesländer verlegt, sagte Weber-Carstens. Um Triage-Situationen zu vermeiden, würden Patienten innerhalb Deutschlands umverteilt – nach dem sogenannten Kleeblatt-Konzept.

Dies bereits im Frühjahr entwickelte System hatten Divi und die RKI-Fachgruppe Covrin bereits vor kurzem vorgestellt. Dabei wurde Deutschland in fünf Regionen eingeteilt, um Patienten innerhalb dieser zu verlegen. „Jede Region verfügt über einen zentralen Koordinator. Alle fünf besprechen sich derzeit einmal in der Woche“, hatte Jan-Thorsten Gräsner, Mitglied der Fachgruppe, erläutert. Man spricht von einer Triage, wenn Ärzte entscheiden müssen, welche Patienten sie bei begrenzten medizinischen Kapazitäten bevorzugt behandeln. Bei Corona-Patienten müssten die Ärzte etwa entscheiden, wer zunächst an ein Beatmungsgerät angeschlossen wird und wer nicht.

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