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Darm von innen

© dpa

Risiken der Mikrobiom-Therapie: Todesfall nach Behandlung mit Darminhalt

In den USA ist ein Patient nach einer Stuhltransplantation gestorben, ein zweiter erkrankte schwer. Offenbar wurden ihnen dabei resistente Bakterien verpflanzt.

Seit Forscher um die Bedeutung der Bakterien im Darm für die menschliche Gesundheit wissen, gibt es Versuche, die Mikroben zur Behandlung von Krankheiten einzusetzen. So könnte Patienten geholfen werden, die an chronischen Darmerkrankungen leiden, weil ihre Darmflora zu viele gefährliche Keime, etwa Clostridium difficile, enthält. Die im Stuhl gesunder Spender enthaltenen nützlichen Bakteriengemeinschaften sollen – verpflanzt in den Darm der Patienten – die krankheitsverursachenden Keime verdrängen, so die Idee. Ob solche „Fäkalen Mikrobiota-Transplantationen“ (FMT) tatsächlich heilsam sind oder Nebenwirkungen haben, wird derzeit in Hunderten klinischer Studien weltweit untersucht. Im Rahmen einer solchen Testreihe ist es in den USA nun nach Angaben der Arzneimittelbehörde FDA zu einem Todesfall gekommen, ein weiterer Proband erkrankte schwer. Beide hatten eine Stuhlprobe desselben Spenders erhalten.

Spender wurde wohl nicht auf mehrfach resistente Keime untersucht

Der Behörde zufolge enthielt die Stuhlspende Bakterien eines Bakterienstamms, der gegen mehrere Antibiotika resistent ist: ESBL-Escherichia coli. Diese Darmbakterien produzieren ein Enzym (Extended-Spectrum-Beta-Lactamase, ESBL). Es zerstört verschiedene Antibiotika und macht die Keime so resistent. Für gesunde Menschen sind die Mikroben zwar nicht gefährlicher als nicht-resistente. Im Darm der beiden Patienten konnten sich die ESBL-Keime aber drastisch vermehren, weil beide mit Medikamenten behandelt worden waren, die das Immunsystem drosseln, um die entzündliche Darmerkrankung einzudämmen.

Im Rahmen welcher Studie an welcher Uni die Zwischenfälle aufgetreten sind, gab die FDA nicht bekannt – ebenso wenig, warum die Stuhlproben vor der Verpflanzung nicht auf multiresistente Keime getestet wurden. Allerdings sei eine „unbekannte Anzahl klinischer Studien“ vorerst gestoppt worden, bis nachgewiesen ist, dass Tests für gefährliche Mikroorganismen eingesetzt werden, sagte Peter Marks, Direktor des FDA-Zentrums für Biologische Evaluierung und Forschung der „New York Times“.

Gefahr besteht auch in Deutschland - bei individuellen Heilversuchen außerhalb von Studien

„In Deutschland sind die Sicherheitsanforderungen an Studien mit FMT-Präparaten sehr hoch, sodass ich zuversichtlich bin, dass hier solche Komplikationen vermieden werden können“, sagt Maria Vehreschild, Leiterin der AG Klinische Mikrobiomforschung an der Uniklinik Köln. „Allerdings gibt es natürlich auch Therapien, die außerhalb von Studien als individuelle Heilversuche durchgeführt werden.“ Für die Herstellung und Verabreichung eines FMTs durch den behandelnden Arzt gebe es allerdings keine strengen regulatorischen Vorgaben bezüglich der Untersuchung der Spender auf multiresistente Keime. Dennoch bieten viele Kliniken in Deutschland FMT im Rahmen individueller Heilversuche an, sagt Vehreschild. Angesichts der Todesfall-Meldung aus den USA würde sie Patienten raten, „sich nach dem Prozedere des Spenderscreenings im Rahmen der Aufklärung genau zu erkundigen.“ (mit SMC)

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