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Stephen Hawking bei einer Pressekonferenz, Fotografen richten ihre Kameras auf ihn.

© Martin Bernetti/AFP

Ranga Yogeshwar zum Tod des Astrophysikers: "Was bleibt von Stephen Hawking, ist Hoffnung"

Der Mensch, ein Staubkorn im Universum, kann das ganz Große denken: Das hat Stephen Hawking symbolisiert. Erinnerungen an den großen Astrophysiker.

Der schwache, kleine, verletzliche Mensch denkt nach über das Größte, was es gibt – über den Kosmos. Es war dieser Widerspruch, der uns an Stephen Hawking faszinierte und der mit zu seiner enormen Popularität führte. Gleichzeitig zählen seine großen populärwissenschaftlichen Bücher – von „Eine kurze Geschichte der Zeit“ (1988/1991) über „Das Universum in der Nussschale“ (2001) bis „Der große Entwurf“ (2010) – zu den am meisten gekauften und am wenigsten gelesenen.

Dieser kleine Mann in seinem Rollstuhl war aber auch deshalb so übergroß, weil er sich immer bemüht hat – und oft mit Erfolg - diese kryptische Welt in allgemeinen Worten zu erläutern. Vielen Wissenschaftlern geht das leider verloren. Ich selber hatte das Glück, eines seiner letzten Bücher als Hörbuch einzulesen, „Der Große Entwurf“. Es geht darin um „eine neue Erklärung des Weltalls“, also um die elementaren Fragen und ein bisschen über die Grenze der eigentlichen Wissenschaft hinaus, um die Frage nach den Außerirdischen.

Erklären, was beim Kollaps eines schwarzen Lochs passiert

Hawking stand immer in diesem Spannungsfeld zwischen Populärwissenschaft und wirklich wissenschaftlichen Theoremen. Doch eine der großen Rätselfragen der Menschheit hat er nie aus den Augen verloren: Haben wir eine Möglichkeit, aus Zuständen, die so weit weg sind vom alltäglichen Leben, tatsächlich Informationen herauszulesen? Mit seiner größten Entdeckung, der Hawking Strahlung, ist ihm das gelungen. Hawking konnte erklären, was beim Kollaps eines schwarzen Lochs in seinem Inneren tatsächlich stattfindet.

Der Physiker und Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar.
Unser Gastautor, der Physiker und Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar.

© Karlheinz Schindler/dpa-Zentralbild/dpa

Begegnung in Einsteins Potsdamer Institut

Auch wenn Stephen Hawking in der restlichen Welt eine sehr viel größere Popularität hatte als in der engeren Wissenschaft: Er hielt immer den Anschluss an die Forschung und stellte sich der wissenschaftlichen Diskussion. Roger Penrose, der als Mathematiker der Frage nachging, ob die Quantenphysik in Zuständen entarteter Materie gilt, war sein Mentor. Hawking berief sich immer wieder auf ihn. Aber das Singularitätentheorem von Penrose ist in der Öffentlichkeit nun einmal nicht vermittelbar. Hawking verschwieg nicht die Köpfe hinter seinen großen Würfen, aber wenn Stephen da war, ging jede Kamera nur noch auf ihn. Ich habe das am alten Einstein-Institut, dem Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Golm (Potsdam), miterlebt. Er war eben ein Popstar.

Er hat seine Popularität als Verantwortung verstanden

Von Kollegen wie dem Physik-Nobelpreisträger Gerard ’t Hooft bekam er durchaus Kontra. Da war Hawking Teil des klassischen Hin und Her einer wissenschaftlichen Debatte, von Diskursen, die die Wissenschaft weiterbringen. Hawking nahm daran trotz seiner Kommunikationsprobleme teil. Die künstliche Intelligenz hat ihm dabei sehr geholfen, und trotzdem hat er zum Schluss vor dem ungebremsten Einsatz der KI gewarnt. Es gab viele Fragestellungen, die ihm über sein Fach hinaus nicht egal waren. Da hat Hawking seine Popularität als Verantwortung verstanden, direkt einzugreifen.

Was für mich bleibt von Stephen Hawking, ist Hoffnung. Hoffnung, dass wir, die Vertreter von Homo sapiens, dieses unscheinbare Staubkorn im Universum, uns dennoch trauen können, auch das ganz Große zu denken. Diese Macht des Intellekts ist die Kernbotschaft, die er geradezu physisch symbolisiert hat. (aufgezeichnet von Amory Burchard)

Ranga Yogeshwar ist Physiker und Wissenschaftsjournalist.

Ranga Yogeshwar

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