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In einer Grabkammer steht ein Sarkophag vor bunt bemalten Wänden.

© dpa

Update

Radaraufnahmen in Grabkammer von Tutanchamun: Neue Erkenntnisse zu ägyptischem Königsgrab kommen später

Die "Sensation" ist verschoben: Neue Untersuchungsergebnisse, die heute Nachmittag am Grab Tutanchamuns präsentiert werden sollten, kommen nun doch später.

Die neuen Radaraufnahmen im Grab von Tutanchamun haben vorerst noch nicht die erwarteten Erkenntnisse gebracht. Der ägyptische Antikenminister Khaled El Anany verkündete zwar am Freitag in Luxor, dass ein Expertenteam neue Radarscans angefertigt habe. Für die Analyse brauche man aber doch länger. „Nichts wird vor der Untersuchung der Scans bekanntgegeben, um wissenschaftliche Glaubwürdigkeit sicherzustellen“, sagte El Anany laut Nachrichtenagentur dpa. Auf seiner Facebook-Seite erklärte das Ministerium aber auch, vorläufige Ergebnisse würden nicht den Befunden früherer Radaraufnahmen widersprechen. Diese hatten Hinweise auf versteckte Räume hinter der Grabkammer Tutanchamuns ergeben.

Nofretetes Büste steht in Berlin, ihr Grab ist unentdeckt

Seit mehr als 3000 Jahren liegt der altägyptische König Tutanchamun in seinem Sarkophag in Luxor. Heute ist der Pharao, der als Kind den Thron bestieg, die einzige Mumie, die nicht im Museum, sondern in ihrem ursprünglichen Grab im Tal der Könige ruht. Als der britische Archäologe Howard Carter 1922 Tutanchamuns reich ausgestattete und nahezu unversehrte Grabkammer entdeckte, wurde sie zu einem legendären Ort.

Lässt sich der letzten Ruhestätte des Pharaos ein weiteres Geheimnis entlocken? Daran arbeiten internationale und ägyptische Experten seit Monaten - nicht mit einer klassischen Grabung wie einst Howard Carter, sondern mit modernen bildgebenden Untersuchungsmethoden.

Die neuen digitalen Radaraufnahmen sollen nähere Aufschlüsse über weitere Räume hinter der Grabkammer Tutanchamuns geben. In ihnen werden zusätzliche Bestattungen und Grabbeigaben vermutet, spekuliert wird auch, es könne sich um die bislang unentdeckte Grabstätte Nofretetes, der Stiefmutter Tutanchamuns, handeln. Ihre Büste, die im Ägyptischen Museum in Berlin ausgestellt ist, wurde 1912 in Tell el-Amarna ausgegraben, ihr Grab und ihre Mumie bislang aber nicht.

Hinweise auf metallisches und organisches Material

Diese Vermutungen stützen sich auf erste Radarscans, die El Ananys Vorgänger Mamdouh Eldamaty bereits am 17. März präsentiert hatte. Demnach befinden sich hinter den mit mythologischen Begräbnisszenen bemalten West- und Nordwänden von Tutanchamuns Grabkammer zwei weitere Räume. Der japanische Experte Hirokatsu Watanabe, der die Aufnahmen im November 2015 machte, glaubt, in den farblichen Schattierungen seiner Radarbilder darüber hinaus metallisches oder organisches Material erkennen zu können.

Von den neuen Aufnahmen, die am Donnerstagabend von einem Team der US-amerikanischen National Geographic Society angefertigt werden sollten, verspricht man sich einen verlässlicheren Beleg für Hohlräume und womöglich auch für ihren Inhalt. El Anany, Professor für Ägyptologie und seit 2014 Direktor des noch nicht eröffneten Nationalmuseums für die ägyptischen Zivilisationen, war vor einer Woche im Zuge einer großen Kabinettsumbildung ins Ministeramt gekommen.

Mögliche Mauerdurchbrüche - zu Nofretetes Grabkammer?

Die fieberhafte Suche nach einer neuen „Entdeckung des Jahrhunderts“ im Tal der Könige, die Eldamaty Mitte März ankündigte, hat der britische Ägyptologe Nicholas Reeves angestoßen. Er war im August vergangenen Jahres mit der Theorie weiterer Kammern an die Öffentlichkeit gegangen. Er erkannte in hochauflösenden Bildern der Wände der Grabkammer mögliche Mauerdurchbrüche – und brachte gleich die Entdeckung des Nofretete-Grabs ins Spiel.

Namhafte deutsche Archäologen haben sich skeptisch dazu geäußert. Stephan Seidlmayer, Direktor des Deutschen Archäologischen Instituts in Kairo, meinte, dass offenbar „die Spekulationen der Feststellung der faktischen Befunde weit vorauseilen“. Der frühere Direktor des Ägyptischen Museums in Berlin, Dietrich Wildung, sagte am Donnerstag dem Sender „NTV“, die aktuellen Untersuchungen seien zwar „archäologisch hoch interessant“. Aber insbesondere die Spekulationen zu Nofretete seien „bisher unbegründet“.

Eldamaty bezweifelte zuletzt ausdrücklich, dass es sich um das Grab der berühmten Königin und Hauptgemahlin Echnatons handeln könnte. Er vermutete dort ein anderes Mitglied der Herrscherfamilie, etwa Kiya, die ebenfalls mit Echnaton vermählt war.

Mit dem Radarscan entsteht eine Art Tomographiebild

Was ist nun von den neuen Radar-Scans zu erwarten? Die dabei eingesetzte GPR-Technik (Ground-penetrating radar) nutzt elektromagnetische Wellen, um verborgene Objekte und Strukturen aufzuspüren. In den Geowissenschaften wird das Verfahren beispielsweise eingesetzt, um Fossilien im Untergrund zu finden oder Hochwasserdeiche zu überprüfen. Auch in der Archäologie gibt es viele Anwendungen, etwa beim Aufspüren alter Siedlungen und Schlachtplätze - oder um Hohlräume in Bauwerken zu finden, wie jetzt bei Tutanchamuns Grabkammer.

Das Verfahren arbeitet berührungslos und zerstörungsfrei. Es werden hochfrequente Wellen (Radarwellen) von einem Sender abgestrahlt. Diese dringen in den Untergrund beziehungsweise das Bauwerk ein. Ja nach Materialzusammensetzung breiten sich die Wellen unterschiedlich schnell aus, teilweise werden sie an Grenzschichten - wo das Material wechselt - reflektiert. Ein Empfänger zeichnet die zurückgeworfenen Wellen auf. Anschließend berechnet ein Computer aus den Laufzeiten der Wellen eine Art Tomografiebild des untersuchten Objekts.

"Exzellente Qualität der Rohdaten"

Dem neuen Untersuchungsteam gehören laut Antikenbehörde Al Anany, Eldamaty und Reeves an, sowie GPR-Spezialisten von der National Geographic Society und weitere ägyptische Experten. Die Gruppe habe am Freitag in Luxor erklärt, dass die Rohdaten von exzellenter Qualität seien. Ende April sollten weitere Aufnahmen vom Dach des Grabes anfertigt werden. Dazu kündigte die Behörde eine internationale Pressekonferenz im Mai an.

Vor dem Einführen einer Kamera will man "100 Prozent sicher" sein

Die naheliegende Frage, warum die Archäologen nicht ein winziges Loch in einer der Mauern der Grabkammer Tutanchamuns bohren, um mittels einer Kamerasonde nachzuschauen, was sich dahinter verbirgt, beantwortete das Antikenministerium schon vorab auf seiner Facebook-Seite: „Vor einem physischen Eingriff“ würden weitere andere Untersuchungsmethoden stehen. „Wir müssen 100 Prozent sicher sein, dass etwas hinter diesen Mauern ist“, heißt es.

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