zum Hauptinhalt
Kurs auf die Uni. Wenn sich die Eltern schlau machen, hilft es den Kindern. Doch dann müssen sie selber aktiv werden, etwa bei den Infotagen der TU Berlin Ende Mai.

© TU Berlin/Jacek Ruta

Qual der Studienwahl: Abiturienten bei der Studienplatz-Suche nicht alleine lassen

Helikopter-Eltern machen es richtig. Beim Info-Abend der TU Berlin lernen engagierte Mütter und Väter, wie sie dem Nachwuchs bei der Studienwahl helfen können.

Ein Vater will sich gemeinsam mit seiner Tochter schlau machen, ob die Uni oder doch eher die Fachhochschule das Richtige wäre. Ein anderer sucht Antworten für seinen Sohn, der ihn schon als Zehntklässler mit Fragen nach dem besten Studienfach löchert. Eine Mutter hat zu Hause einen Abiturienten sitzen, der überhaupt keine Vorstellung hat, was er studieren könnte. Dass sie zum „Elternabend“ an der Technischen Universität geht, hat sie ihrem Sohn lieber gar nicht erzählt.

Sind das etwa Helikopter-Eltern, die hier an einem Abend im Mai zusammengekommen sind, um von Studienberater Baris Ünal zu erfahren, wie sie ihr Kind bei der Studienwahl unterstützen können? Die ihre Kinder besorgt umschwirren und sie abschirmen gegen die Zumutung, auf eigene Faust in die Uni hineinzustolpern?

Jüngere Studienanfänger, größeres Angebot

„Helikopter-Eltern? Machen Sie sich keinen Kopf!“, ruft Baris Ünal, Leiter der Allgemeinen Studienberatung der TU, in den Hörsaal. Die Abiturienten sind heute jünger, an der Uni gibt es so viele Möglichkeiten. Selbst wenn die Eltern selber studiert haben, können sie ihre Kinder nicht kompetent beraten, ohne sich vorher selber schlau zu machen, sagt Ünal. Zu viel hat sich in den vergangenen 15 Jahren im deutschen Hochschulsystem geändert. Und zu viele Mysterien machen es den Jugendlichen schwer, sich auf das Abenteuer Uni einzulassen.

Viele Mysterien verbinden sich schon mit dem Numerus clausus (NC), den für die Zulassung zum Studium oft ausschlaggebenden Notendurchschnitt im Abitur. Eine Mutter ist „einfach nur verzweifelt, was sich bei mir zu Hause abspielt“. Die eine Tochter macht gerade Abitur und ist sich sicher, dass ihr Schnitt nicht für ihre Wunschfächer reicht. Deshalb wolle sie erst einmal zwei Jahre als Stewardess jobben, um Wartesemester zu sammeln. Die andere will die 11. Klasse wiederholen, damit ihr Schnitt besser wird.

Berlin ist beliebt, das macht Druck auf den NC

Was ist also dran an der NC-Hürde? Ünal zoomt in die Liste der „Auswahlgrenzen Bachelor für das Wintersemester 2016/2017“. Sie zeigt, welche Durchschnittsnote man im Sommer 2016 mindestens brauchte, um zum Herbst einen Studienplatz in den zulassungsbeschränkten Fächern an der TU zu bekommen: Architektur 1,9, Bauingenieurwesen 1,7, Maschinenbau 2,1, Wirtschaftsinformatik 2,5. Der NC wird nicht vorab festgelegt, sondern richtet sich nach der Zahl der Studienanfängerplätze und der Bewerber für das Fach: Gibt es 100 Plätze, kommen die 50 Bewerber mit den besten Abi-Noten zum Zuge, die andere Hälfte wird nach der Wartezeit zugelassen, die nach dem Abitur ohne Studium vergangen ist. In einigen Fächern reichte ein Wartesemester, um reinzurutschen, in anderen waren es bis zu sechs.

In einem haben die Töchter der verzweifelten Mutter also recht: NC-Fächer gibt es an allen Berliner Unis und Fachhochschulen, einfach, weil Berlin als Studienort bundesweit enorm beliebt ist und die Zahl der Bewerber in vielen Fächern die Zahl der freien Plätze bei Weitem übersteigt. Doch unter anderem dank der Wartezeit – deren Anrechnung allerdings von Uni zu Uni variiert – ist der NC häufig nicht ganz so hart. Zudem hat an der TU immerhin rund ein Viertel der Studiengänge keinen NC. An allen Hochschulen können Studierwillige solche zulassungsfreien Fächer finden, in die sie sich einfach einschreiben können.

Und wer ganz flexibel ist, kann in anderen Bundesländern fast alle Fächer – außer den ganz harten Eins-Nuller-Fällen wie Medizin und Psychologie – NC-frei studieren. Ünal empfiehlt die Homepage www.hochschulkompass.de, wo man sich nach ein paar Klicks alle zulassungsfreien Studiengänge anzeigen lassen kann. Ünal rät: „Lieber weggehen, als einfach nur einen Studiengang wählen, der gar nicht zu einem passt.“

Das Flair eines Fachs erkunden

Wie aber findet man das Fach, das passt? Nicht die Jobchancen und das erwartete Einkommen sollten ausschlaggebend sein, sondern das echte Interesse am Fach. Dabei zähle auch die Identifikation mit der Fachkultur: Alles Nerds, die im Bauingenieurwesen in der Vorlesung sitzen? Da fühlt sich nur wohl, wer selber einer ist. Einfach im laufenden Sommersemester eine Vorlesung suchen und sich im Hörsaal dazusetzen, rät Ünal.

Noch Fragen offen? Ünal kann es den Eltern und vor allem ihren Kindern nicht ersparen: Wer denkt, in einer Beratungsstunde alle Fragen klären zu können, irrt. Der Studienberater rattert einige der Informationsquellen herunter, die Abiturienten anzapfen sollten: Eltern, Lehrkräfte, Freunde, Studienberatung, Studienfachberatung – und vor allem das Internet. Dort finden sich etwa Online-Eignungstests und die Homepages der Unis. Ein Blick in das Erstsemester-Programm des Bachelors für Betriebswirtschaft – sehr viel Mathe! – und die Vorentscheidung steht oder fällt.

Am Ende bittet Ünal die Eltern, ihren Kindern eine Einladung zu überbringen: zu den TU-Infotagen für Schülerinnen und Schüler am 30. und 31. Mai (www.tu-berlin.de/infotage). Da gibt es in kurzer Zeit einen umfassenden Einblick in das Studium an der TU – an Infoständen, in offenen Sprechstunden der Studienberatung und in Kurzvorträgen zu einzelnen Studiengängen. Alle Berliner Hochschulen – und auch Ausbildungsbetriebe – stellen ihr Angebot dann bei der Fachmesse Vocatium Berlin am 14. und 15. Juni in der Arena Berlin vor.

Die Eltern im TU-Hörsaal schreiben eifrig mit. Und die Mutter des unentschlossenen Abiturienten will dem Sohn nun doch beichten, wie sie ihren Abend verbracht hat.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false