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Trauer und Torte. Die Niederlage des Lieblingsvereins wird oft mit Fastfood und Süßem ausgeglichen. Foto: p-a/dpa

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Psychologie: Tabellenplatz verloren, Gewicht gewonnen

Süßer Trost: Fans unterlegener Mannschaften ernähren sich besonders fett-, zucker- und kalorienreich.

Sind Sie Fan eines Fußball-Klubs, der öfter verliert als gewinnt oder der ständig gegen den Abstieg kämpfen muss? Dann haben Sie Pech, denn wenn man einer Mannschaft die Treue hält, die eine Niederlage nach der anderen einstecken muss, läuft man Gefahr, seine Gesundheit zu schädigen. Darauf deuten Forschungsergebnisse hin, zu denen der Marketing-Experte Pierre Chandon (Institut Européen d’Administration des Affaires in Fontainebleau) und sein Doktorand Yann Cornil kürzlich gelangt sind. Die Wissenschaftler berichten über ihre Befunde in der neusten Ausgabe des Fachjournals „Psychological Science“.

Cornil und Chandon befassten sich mit den Ernährungsgewohnheiten von 726 Konsumenten, die aus zwei Dutzend Städten in den Vereinigten Staaten stammten. Diese hatten über einen längeren Zeitraum täglich darüber Buch geführt, welche Nahrungsmittel sie zu sich genommen hatten. Von diesen Städten verfügte ein Teil über eine Football-Mannschaft, die in der National Football League spielte, der andere Teil hingegen nicht. Danach untersuchten die Wissenschaftler, ob es Auswirkungen auf das Essverhalten hatte, wie die Footballspiele jeweils ausgegangen waren.

Tatsächlich trat zutage, dass sich die Footballfans an Montagen, am Tag nach dem Spiel, anders ernährten als sonst. Diejenigen, die über das Abschneiden ihres Klubs enttäuscht waren, verspeisten erheblich mehr Fastfood, konsumierten durchschnittlich 16 Prozent mehr gesättigte Fettsäuren und verleibten sich zehn Prozent mehr Kalorien ein als an anderen Tagen. Die Fans hingegen, deren Team am Wochenende als Sieger vom Platz gegangen war, verspeisten neun Prozent weniger Fettiges und Überzuckertes und nahmen fünf Prozent weniger Kalorien zu sich.

Außerdem spielte der Umstand eine wesentliche Rolle, wie die Niederlagen zustande gekommen waren. „Die Leute ernährten sich immer dann besonders schlecht, wenn der Sieg der gegnerischen Mannschaft unerwartet kam, oder wenn die eigene Mannschaft nur knapp oder gegen eine etwa gleich starke Mannschaft verlor“, erklärt Yann Cornil. Bezeichnenderweise nahm der Verzehr gesättigter Fettsäuren sogar um bis zu 28 Prozent zu, wenn die frustrierten Fans aus Städten stammten, in denen Football ausgesprochen populär ist. Um ihre Forschungsergebnisse zu überprüfen, haben Cornil und Chandon abschließend noch Tests mit französischen Fußballfans angestellt. Die Hälfte dieser Versuchspersonen sollte über eine Niederlage, die andere Hälfte über einen Sieg ihres Klubs einen schriftlichen Bericht abliefern.

Danach erhielten sie die Aufgabe, innerhalb von 10 Minuten Wörter zu entdecken, die in einem Buchstabensalat verborgen waren. Dabei wurden ihnen zum einen Weintrauben und Tomaten, zum anderen Chips und Süßigkeiten angeboten. Wiederum zeigte sich, dass sich die Versuchspersonen für die ungesündere Kost entschieden, die über eine Niederlage ihrer Heroen geschrieben hatten.

Cornil und Chandon vermuten, dass die Fans eines Teams, das geschlagen worden ist, die Niederlage als ihr eigenes Versagen empfinden und deshalb in einem üppigen Mahl Trost zu finden versuchen. „Wenn das Team, mit dem wir uns identifizieren, verliert, sehen wir das als eine Bedrohung für unser Selbstwertgefühl an, und wir greifen zu Fastfood, um mit der Niedergeschlagenheit und der Identität als eines Unterstützers einer besiegten Mannschaft fertig zu werden“, sagt Pierre Chandon. Einen Tipp haben die Forscher auch parat: Wer nach einer Niederlage seines Vereins aufschreibt, was ihm wirklich wichtig ist, vermeidet unsinniges Essverhalten.

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