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Der Chef des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI): Klaus Cichutek.

© Imago Images/Reiner Zensen

PEI-Chef erklärt Impfpause bei Astrazeneca: „Es handelt sich nicht um Alarmismus, sondern um Vorsorge“

Astrazeneca wird zunächst nicht mehr verimpft, die Unsicherheit ist groß. Der Chef des Paul-Ehrlich-Instituts Cichutek erklärt die Entscheidung – und beruhigt.

Der Chef des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Klaus Cichutek, hat die Empfehlung eines vorübergehenden Impfstopps mit dem Astrazeneca-Präparat wegen aufgetretener Nebenwirkungen verteidigt. Gleichzeitig beruhigte er alle Menschen, die bereits mit dem Mittel geimpft wurden. „Es handelt sich nicht um Alarmismus, sondern um eine Vorsorge“, sagte Cichutek in einem Video-Interview mit der „Welt“.

Nach ersten Meldungen über Thrombosen mit Todesfolge auch in Deutschland habe seine Behörde, die für die Zulassung von Arzneimitteln zuständig ist, weitere Analysen vorgenommen, sagte Cichutek einem Transkript zufolge. Und „dabei hat sich ergeben, dass doch eine Auffälligkeit da ist, nämlich sechs Fälle von Sinusvenenthrombosen bei Frauen im Alter von etwa 20 bis 50 Jahren. Zwei davon tragischerweise mit tödlichem Verlauf. Es gibt einen weiteren Fall einer zerebralen Blutung mit Thrombose bei einem Mann.“

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Die Zahl dieser Fälle liege bei der Menge von rund 1,5 Millionen vorgenommenen Impfungen mit dem Astrazeneca-Wirkstoff über dem Schwellenwert, bei dem dies in der Bevölkerung auch ohne Impfung vorkomme. „Das hat uns bewogen, hier zu empfehlen, die Impfung auszusetzen, bis wir dieses Risikosignal, wie wir das nennen, genauer untersucht haben“, sagte Cichutek. Es seien jetzt weitere Untersuchung nötig. „Das Urteil ist noch nicht gefällt.“

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Wie einige andere europäische Länder hatte auch Deutschland Impfungen mit Astrazeneca am Montag als „reine Vorsichtsmaßnahme“ ausgesetzt, wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mitteilte.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Regierungskreise berichtet, habe die Bundesregierung aus juristischen Gründen keine Alternative zum Aussetzen der Impfungen gehabt. Denn nach der PEI-Empfehlung hätten ansonsten Körperverletzungs-Klagen gedroht, da es sich um eine staatliche Impfkampagne handele.

Nach dem Beschluss vom Montag wird eine für diesen Mittwochabend vorgesehene Telefonkonferenz der Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten verschoben, bis eine Entscheidung der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) zum weiteren Umgang mit Astrazeneca vorliegt, wie ein Sprecher der Bundesregierung am Dienstag mitteilte. Die EMA hatte am Montag ihre Bewertung des Astrazeneca-Impfstoffs bekräftigt, setzte aber für Donnerstag eine Sondersitzung zu dem Vakzin an.

Impfstart bei den Hausärzten ungewiss

Bei den Bund-Länder-Beratungen sollte es bisher vor allem darum gehen, wann auch Hausärzte auf breiter Front mitimpfen sollen. Dabei geht es um eine schrittweise Einbeziehung neben den bestehenden Impfzentren, die die Länder behalten und weiterhin auch zuerst mit Impfstoff beliefern wollen.

Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern hatten einen breiten Impfstart in den Praxen bisher spätestens für die Woche vom 19. April angepeilt – dies ist nun aber ungewiss. Der Impfstoff von Astrazeneca kann auch gut in Praxen eingesetzt werden, weil er nicht so stark gekühlt werden muss wie etwa das Präparat von Biontech.

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PEI-Chef Cichutek sagte in dem Interview weiter, sein Institut sei dafür verantwortlich, dass die Impfstoffe unbedenklich seien und eine sehr gute Wirksamkeit hätten. „Denn gerade bei Impfstoffen ist es wichtig, dass der Nutzen dieser Impfstoffe weit gegenüber den Risiken überwiegt. Und selbstverständlich müssen sich die Impfwilligen darauf verlassen können, dass der Impfstoff keinen Schaden zufügt.“

Die Menschen müssen merken: „Wir passen sehr genau auf. Wir untersuchen selbst die kleinsten Risikosignale.“

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Cichutek bestätigte aber auch: „Es handelt sich um sehr, sehr seltene Fälle, um das nochmal in Perspektive zu setzen. Es sind sechs plus eins, also sieben Fälle bei etwa anderthalb Millionen Impfungen zu verzeichnen. Diese Fälle kommen auch in dieser Häufigkeit nicht überall in den europäischen Mitgliedstaaten vor. Soweit unsere bisherigen Erkenntnisse das sagen.“

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Wenn sich aber herausstelle, dass das Astrazeneca-Präparat möglichweise tatsächlich mit an der Entstehung der Thrombosen beteiligt ist, „dann müssen entweder Risiko-Maßnahmen ergriffen werden oder auch nochmal darüber nachgedacht werden, wie Nutzen/Risiko von den Impfstoffen aussieht“.

Die Corona-Impfstoffe seien sehr schnell entwickelt worden, aber „mit aller Sorgfalt“. Cichutek bekräftigte: „Deswegen sind sie so sicher und unbedenklich wie andere Impfstoffe auch, die länger entwickelt wurden.“

Cichutek warnte zugleich vor Panik: „Ich kann allen, die bereits geimpft wurden, Entwarnung geben.“ Er betonte, dass Impfreaktionen üblich seien. Lediglich die Personen, bei denen im zeitlichen Abstand von vier bis etwa 14 Tagen nach der Vakzination weiterhin Unwohlsein und Kopfschmerzen litten oder punktförmige Hautblutungen bei sich feststellten, sollten sich an einen Arzt wenden.

„Auch die Personen, die jetzt die zweite Impfung innerhalb dieser Woche erhalten sollten, können ganz beruhigt darauf sehen, dass dann vielleicht in der nächsten Woche geimpft werden kann. Das wird Wirksamkeit und Sicherheit ihrer Impfung nicht beeinträchtigen.“

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