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Die britische Universität Oxford. Sie verdient ihr Geld auch mit Investitionen, die in Ölfirmen fließen.

© imago/Ulli Winkler

"Paradise Papers": Die Flucht der Unis in Steueroasen

Auch amerikanische und britische Hochschulen nutzen Hedgefonds auf den Cayman Islands. Das geht ebenfalls aus den "Paradise Papers" hervor. Es könnte um mehr als 100 Milliarden Dollar gehen.

Konzerne und Superreiche transferieren riesige Summen in Steueroasen und bringen so ihre Heimatländer um Milliarden: Diese Praxis ist gerade wieder in den „Paradise Papers“ enthüllt worden. Da geht es um Schattenfirmen oder steuerfrei erworbene Privatjets. Bisher kaum bekannt sein dürfte, dass auch amerikanische und britische Universitäten die Steuerparadiese nutzen, um das Geld ihrer Uni-Stiftungen zu mehren. Das geht ebenfalls aus dem jetzt veröffentlichten Datenfundus hervor, wie der „Guardian“ berichtet, der zum „Recherchenetzwerk investigativer Journalisten (ICIJ)" gehört.

Demnach haben mehr als hundert US-Unis und ebenso die beiden bekanntesten britischen Unis, Oxford und Cambridge, Milliarden in Offshorefirmen vor allem auf den Cayman Inseln investiert. Pikant ist daran nicht nur, dass sie damit – wie große Konzerne – Steuerzahlungen umgehen wollen. Diese würden auch für ihre Investitionen anfallen, obwohl Uni-Stiftungen dabei prinzipiell sowieso schon begünstigt sind. Oft haben sie sich auch Hedgefonds bedient, die in Öl- und Gasfirmen finanzieren. Das steht im Widerspruch zu den Leitbildern vieler der betreffenden Unis, in denen sie sich dem Engagement gegen den Klimawandel verschrieben haben.

Das Stiftungsvermögen der Unis wächst und wächst

Dass insbesondere US-Unis bei ihren Stiftungen wie große Finanzinstitute agieren, ist seit Langem klar: Schließlich verloren sie in der Finanzkrise wie die Banken viel Geld. Inzwischen hat sich das Blatt längst wieder gewendet. Das Stiftungsvermögen der Unis wächst und wächst.

Wo sie aber genau investieren, liegt oft im Dunkeln. Aus den „Paradise Papers“ geht hervor, dass auch bei ihnen Offshorefirmen auf den Cayman Inseln, einem britischen Überseeterritorium, eine große Rolle spielen. Princeton, Stanford und die New Yorker Columbia University haben dort Vermögen, ebenso staatliche Unis wie die Rutgers University (New Jersey) oder die Ohio State University. 104 Hochschulen werden in den Papieren genannt. Mehr als 100 Milliarden Dollar (85 Milliarden Euro) könnten sie laut „Guardian“ in Steueroasen geparkt haben.

Die Fonds investierten in die Ölindustrie

Als „typisches Beispiel“, wie dabei die eigenen ökologischen Ansprüche unterlaufen werden, wird die Northeastern University aus Boston beschrieben. Im April eröffnete die Uni ein energieneutrales Naturwissenschaftszentrum, das 200 Millionen Dollar kostete. Dort werden unter anderem Maßnahmen gegen den steigenden Meeresspiegel und Luftverschmutzung erforscht. Gleichzeitig ist die Uni aber eine von zwölf Hochschulen, die in einen Hedgefonds investiert, der seit 1988 mehr als 20 Milliarden Dollar in die Öl- und Gasförderung gesteckt hat.

Wie die US-Unis sollen auch Oxford und Cambridge reichlich Geld nach Übersee geschafft haben – durchaus legal, aber doch zulasten des Staatshaushalts, dem hohe Steuerzahlungen entgehen. So hat Oxford 2014 rund 40 Millionen Pfund (45 Millionen Euro) in einen auf den Cayman Islands beheimateten Fonds fließen lassen. Ein anderer dort von Oxford und Cambridge genutzter Fonds ist eng mit dem Shell-Ölkonzern verbunden. Finanziert wurden dadurch etwa Fördertechnologien für Öl und Gas sowie Anlagen für Tiefseebohrungen. Letztere sind wegen ihrer Auswirkungen auf die betroffenen Meeresgebiete besonders umstritten.

Die beiden Unis stehen schon seit Längerem unter Druck, keine Geschäfte mehr mit fossilen Brennstoffen zu machen. Im Jahr 2016 unterzeichneten hunderte Wissenschaftler aus Oxford und Cambridge einen offenen Brief, der die Unileitungen aufrief, eine „ethische Investmentpolitik zu verfolgen, die sich allein an den Bedürfnissen der Zukunft des Planeten orientiert“. Offenbar vergebens, wie sich jetzt zeigt.

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