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Zwei Studentinnen sitzen mit Mund-Nasen-Schutz in einem fast leeren Hörsaal.

© Alexandra Wey/KEYSTONE/dpa

Pandemie-Einschränkungen bis zum 31. März: Streit um Corona-Pläne für Berlins Hochschulen

Die Lage an Berlins Hochschulen spitzt sich zu, der weitgehende Digitalbetrieb gilt bis Ende März. An der Humboldt-Uni regt sich Protest gegen späte Beschlüsse.

„Hochschulen haben ihren Publikumsverkehr bis zum 31. März 2021 zu untersagen.“ Dieser Satz aus der Senatsmitteilung über die geänderte Infektionsschutzverordnung dürfte Studierende und Lehrende alarmieren. Doch einen kompletten Lockdown bis zum Frühjahr bedeutet das nicht.

„Neu daran ist nur die Terminierung bis Ende März“, sagt Carsten Busch, Präsident der Hochschule für Wirtschaft und Technik Berlin (HTW) und Sprecher der Fachhochschulen in der Landesrektorenkonferenz. Ansonsten stimmten die Maßnahmen mit denen überein, die Senatskanzlei Wissenschaft und Hochschulen vor einer Woche mit Blick auf die Entwicklung der Pandemie „proaktiv“ beschlossen haben.

Was also gilt an den Unis mit Semesterbeginn am 2. November und an den FHen im laufenden Studienbetrieb? Die Corona-Ampel steht auf Gelb. Das bedeutet, dass Lehrveranstaltungen digital stattfinden. Das Versprechen, Studierenden aller Semester einen gewissen Anteil an Präsenzveranstaltungen anzubieten, gilt damit nicht mehr.

[ Lesen Sie auch unseren Bericht über die Beschlüsse vom 20. Oktober: Auch das Wintersemester wird digital]

Die erste Ausnahme wird aber für Studienanfänger im ersten und teilweise auch im zweiten Semester gemacht: Ihre Einführungsveranstaltungen sollen zumindest im November noch teilweise in Präsenz stattfinden können. Die zweite Ausnahme gilt für Praxisformate in Laboren oder Werkstätten, für den praktischen Unterricht in Medizin, für künstlerischen und sportpraktischen Unterricht.

Als "Publikum" gelten Touristen und andere Externe

Dabei darf die Zahl von 25 Studierenden in einem Raum nicht überschritten werden; nur in großen, ausreichend belüfteten Hörsälen dürfen es bis zu 40 sein. Bei alledem herrscht überall in Hochschulgebäuden die Maskenpflicht.

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Die Wissenschaftsverwaltung erklärt auf Anfrage, dass der einzustellende „Publikumsverkehr“ auf dem Unigelände sich nur auf hochschulfremde Personen wie etwa Touristen und andere externe Besucher beziehe. Studierende, Lehrende, Verwaltungsmitarbeiter*innen und Techniker sowie Nutzer*innen der Bibliotheken und zwingend erforderliche Gäste erhielten selbstverständlich weiterhin Zutritt.

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Das seien im bundesweiten Vergleich die bislang weitgehendsten Bestimmungen für Hochschulen, sagt Matthias Kuder, Sprecher der Senatskanzlei Wissenschaft. Mit der Vereinbarung aus der vergangenen Woche seien die Hochschulen auch im Falle einer Verschärfung der Corona-Maßnahmen im Bund oder im Land Berlin gut vorbereitet – auch vor dem Hintergrund, dass es Zeit brauche, sich auf die nun umfangreichere digitale Lehre im Wintersemester einzustellen. Der aktuelle Senatsbeschluss habe die mit den Hochschulen gemeinsam vereinbarten Maßnahmen nun in Rechtsform gefasst.

HU-Historikerin: Viel Frust über späte Festlegungen

Die Rolle der Senatskanzlei wird zumindest an der Humboldt-Uni anders gesehen. Bisher gab es aus den Hochschulen wenig Kritik am Krisenmanagement von Staatssekretär Steffen Krach. Doch das scheint sich nun zu ändern.

So nimmt Gabriele Metzler, Geschichtsprofessorin an der HU, viel „Frustration“ unter den Angehörigen ihrer Universität über die Verschärfungen so kurz vor Beginn der Lehrveranstaltungen wahr. Ihre Kritik richte sich dabei ausdrücklich nicht an die Unileitung: „Die Senatsverwaltung hat zu langsam gehandelt. Sie hat den Sommer nicht genutzt, um entsprechende Szenarien zu entwickeln und diese dann frühzeitig zu kommunizieren“, sagt Metzler.

Auch wenn ihr einleuchte, dass man „auf Nummer sicher“ gehe, erfordere es viel zusätzliche Arbeit und Energie, Lehrveranstaltungen jetzt so kurzfristig umzustellen.

Es sei unklar, wie die Regeln gemeint sind

HU-Jurist Martin Heger hält es für eine „Zumutung“ von der Senatskanzlei, dass Mitte Oktober auf einmal umentschieden wurde. „Wir akzeptieren das selbstverständlich – wir würden uns aber viel mehr Klarheit und Präzision wünschen. Man hätte den ganzen Sommer Zeit gehabt, sich ein vernünftiges Modell zu überlegen“, sagt Heger.

Er kann nicht nachvollziehen, dass die Senatskanzlei nicht sofort einen rechtlich verbindlichen Rahmen für die neuen Einschränkungen aufgesetzt und kommuniziert habe. Dass etwa schwammig davon die Rede sei, jetzt nur noch „Einführungsveranstaltungen“ für Erstsemester in Präsenz zu erlauben, sorge an seiner Fakultät für viel Unmut – denn es sei nicht klar, was damit gemeint sei: einmal Begrüßen oder ganze Kurse? Er vermisse von der Politik eine „gewisse Wertschätzung“ der Arbeit, die die Lehrenden an den Hochschulen leisten.

"Keine Zeit durch späten Studienbeginn verschenkt"

HTW-Präsident Carsten Busch ist unterdessen froh, dass seine und die meisten anderen Fachhochschulen die Studienanfänger schon seit Anfang Oktober ins Leben und Arbeiten auf dem Campus eingeführt haben. „Wir hatten schon antizipiert, dass sich die Infektionslage im Herbst verschärfen würde – und keine Zeit durch einen verschobenen Semesterbeginn verschenkt.“

Jetzt zeige sich, dass eine „Schönwetterplanung“, die überwiegend auf Präsenz setzt, der rasanten Pandemie-Entwicklung nicht standhält. An der HTW habe man deshalb schon seit Ende April „für ein ganzes Corona-Jahr geplant“ – und könne nun „schnell und unaufgeregt auf fast komplette Digitallehre switchen“.

Auf dem HTW-Campus sitzen zwei Studierende auf einer Skulptur vor einem Gebäude mit spiegelnder Fassade.
Auf dem HTW-Campus in Oberschöneweide - ein Bild aus der Zeit vor Corona.

© Promo/HTW

Wie schnell die Lage auf dem Campus dramatisch werden kann, hat die Hochschule mit Sitz in Oberschöneweide und Karlshorst schon erlebt. In einem praxisorientierten Bachelorstudiengang mit entsprechend häufiger Präsenz und in einem Masterstudiengang sei es zu Häufungen von Covid-19-Fällen gekommen, „drei bis vier am Tag plus Verdachtsfällen“, wie Busch berichtet.

An der TU können Lehrende entscheiden

Daraufhin seien mehrfach ganze Gruppen für 14 Tage komplett online unterrichtet worden. Die Devise an der HTW laute nun: „Wo es möglich ist, machen wir Präsenz mit allen Vorsichtsmaßnahmen – und fahren die Präsenz sofort herunter, wo wir Gefahren sehen.“

Und wenn die Maßgaben eines bundesweiten Lockdowns über den Pandemieplan für die Hochschulen hinausgehen? Sollte sich die Situation weiter verschärfen, schaltet die Corona-Ampel auf Stufe 3/Rot – und damit zurück in den Notbetrieb.

Der Vizepräsident der Technischen Universität, Hans-Ulrich Heiß, hat es Lehrenden am Mittwoch im Akademischen Senat bereits freigestellt, ihre Präsenzveranstaltungen für kleine Gruppen Neuimmatrikulierter bei weiter steigenden Infektionszahlen ab Montag doch digital durchzuführen.

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