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Michael Müller sitzt in einem historischen Hörsaal auf einem Klappstuhl.

© Kai-Uwe Heinrich

Update

Offener Brief von Unichefs: Berliner Wissenschaft will Müller im Bundestag

Michael Müller muss um seine Bundestags-Kandidatur kämpfen. Unterstützung erhält er von Köpfen aus der Wissenschaft. Die Berliner CDU-Fraktion kritisiert das.

Führende Köpfe der Berliner Wissenschaft unterstützen die Kandidatur des Regierenden Bürgermeisters und Wissenschaftssenators Michael Müller (SPD) für den Bundestag. Das dokumentieren mit Christian Thomsen (TU), Sabine Kunst (HU) und Norbert Palz (UdK) drei amtierende Unipräsidenten in einem offenen Brief, über den zuerst der Tagesspiegel Checkpoint berichtete.

Außerdem unterschrieben der Mediziner und Ex-Charité-Chef Detlev Ganten, Akademie-Emeritus Martin Grötschel, der Vorstand der Einstein- Stiftung Günter Stock – und der ehemalige UdK-Präsident Martin Rennert als Initiator des offenen Briefs.

Dass Michael Müller die Landespolitik verlassen will und anstrebt, als Direktkandidat für den Wahlkreis Charlottenburg-Wilmersdorf in den Bundestag einzuziehen will, ist seit längerem bekannt. Ihn als Wissenschaftssenator, der sich erfolgreich für die Hochschulen und für die Forschungsinstitute eingesetzt hat, zu verlieren, ist zweifellos schmerzhaft für die „Brain City“.

Zumal in der vergangenen Woche bekannt wurde, dass Müllers Staatssekretär Steffen Krach (SPD) ebenfalls auf dem Absprung ist. Er will Regionspräsident in Hannover werden.

Müller Sachkenntnis soll "im Bundestag wirksam werden"

Doch anders als zu vermuten, fordern die hochrangigen Professoren nicht, dass die erfolgreiche Wissenschaftspolitik Müllers und Krachs in der kommenden Legislaturperiode fortgesetzt werden müsse. Nach einer Aufzählung der Erfolge – von der bundesfinanzierten Berlin University Alliance bis zu wichtigen Bundesinstituten, die in Berlin angesiedelt wurden – konstatieren sie vielmehr, dass Müllers politischer und inhaltlicher Beitrag zu alledem „außerordentlich groß“ sei.

Dann folgt, als letzter Satz des Briefs, dessen Kernaussage: „Es wäre dringend zu wünschen, dass diese Sachkenntnis und dieses Engagement zukünftig im Bundestag wirksam werden können.“

[Lesen Sie den offenen Brief hier im Wortlaut]

Nachgefragt bei Martin Grötschel, bis Ende September Präsident der Berlin- Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Was hat ihn und seine Mitstreiter zu dem offenen Brief bewogen? „Wir halten es für extrem wichtig, dass im Bundestag Politiker vertreten sind, die sich der Wissenschaftspolitik und der Wissenschaftsförderung verschrieben haben“, erklärt der Mathematiker sein Engagement.

Martin Grötschel sitzt in einem Hörsaal vor einem Modell Berlins als Mathematik-Stadt.
Einer der Fürsprecher ist Martin Grötschel, ehemaliger Präsident der Berliner Akademie (hier als Mathematiker an der TU Berlin).

© Ulrich Dahl/TU Berlin

Genau das sei bei Michael Müller in hohem Maße der Fall. „Wissenschaftspolitiker werden von ihren Parteien ganz selten für den Bundestag aufgestellt“, kritisiert Grötschel. Und dann fehlten kompetente Kandidaten bei der Besetzung etwa des Ministeramts.

Aber ist das Plädoyer für Müller womöglich auch eines gegen Sawsan Chebli, seine Konkurrentin um das Direktmandat in Charlottenburg-Wilmersdorf? Die Mitgliederbefragung im SPD-Kreisverband startet am 16. Oktober.

„Nicht gegen Chebli, sondern für Müller“

„Nein, das hat nichts mit der Kampfkandidatur, mit Charlottenburg oder mit der SPD zu tun“, sagt Grötschel. Es gehe ausschließlich um die Unterstützung Müllers als erfolgreichem Wissenschaftspolitiker, der jetzt die Chance habe, bundesweit zu wirken – auch für die Berliner Wissenschaftslandschaft.

Diese Sicht bestätigt Ex-UdK-Chef Martin Rennert. Aber er sagt auch: Die Unterstützer seien „nicht gegen Chebli, sondern für Müller“. Das halte er „nicht für Wahlkampf“, betont Rennert. „Das ist die informierte Meinung eines seit 20 Jahren im Wissenschaftsmanagement tätigen Menschen.“

Im Übrigen gehe es ihm darum, Michael Müllers Verdienste um den Wissenschaftsstandort noch einmal ins Bewusstsein zu heben. Diese dürften nicht angesichts anderer politischer Querelen und des Covid-19-Infektionsgeschehens in Berlin in Vergessenheit geraten.

Kritik aus der Berliner CDU-Fraktion

Am Freitagnachmittag meldeten sich Adrian Grasse und Hans-Christian Hausmann, wissenschafts- und forschungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion Berlin, mit einer kritischen Stellungnahme: „Es mutet seltsam an, wenn die führenden Köpfe der Berliner Exzellenz-Universitäten Partei ergreifen ausgerechnet für ihren Dienstherren und obersten Fachaufseher, Wissenschaftssenator Müller.“

Die CDU-Politiker bezeichnen den offenen Unterstützungsbrief als „unangemessen“. Die Forschungs- und Wissenschaftslandschaft Berlins dürfe „nicht als Bühne für parteipolitische Spielchen missbraucht werden“.

Fest steht: Entscheiden müssen zunächst die SPD-Mitglieder in Charlottenburg-Wilmersdorf. Und zumindest eine Empfehlung schwingt in dem offenen Brief mit – die für das Amt des Wissenschaftsministers im Bund. Tatsächlich hat sich Müller - augenzwinkernd, gegenüber der „Bild am Sonntag“ - bereits als möglicher Bundesbau- oder Wissenschaftsminister empfohlen.*

*Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung hatten wir versehentlich geschrieben, Müller habe sich nur als Bauminister empfohlen.

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