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Schule im Lockdown.

© Annette Riedl/dpa

Update

OECD-Studie zur Bildung in der Pandemie: Deutschland schloss Schulen etwas kürzer als andere Länder

In Deutschland waren Schulen in der Pandemie lange geschlossen - aber nicht so lange wie anderswo. Das ergibt die OECD-Studie "Bildung auf einen Blick".

Während der Coronapandemie waren in Deutschland Grundschulen im Schnitt 64 Tage vollständig geschlossen. Im Sekundarbereich waren es 20 Tage mehr. International gesehen ist Deutschland dennoch eines der Länder, das die Schulen noch vergleichsweise lange offenhielt.

Das geht aus der Erhebung "Bildung auf einen Blick" hervor, deren jährliche Ausgabe die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Donnerstag veröffentlichte. In der Studie werden in 37 OECD-Staaten und zusätzlichen weiteren Ländern, darunter Argentinien, Brasilien, China und Russland, die Bildungssysteme verglichen. Die Schwerpunkte der diesjährigen Ausgabe sind Corona und die Chancengleichheit beim Bildungszugang.

Schulen in Deutschland sechs Monate geschlossen

Im OECD-Schnitt konnten Grundschulkinder demnach 78 Tage nicht zur Schule gehen, im Sekundarbereich II waren es sogar 101 Tage. Gezählt wurden die Schließzeiten vom 1. Januar 2020 bis zum 20. Mai 2021. Interessant: Beim vorschulischen Bereich - also in den Kindergärten - lag Deutschland anders als bei den Schulen leicht über dem Schnitt. Kitas in Deutschland waren während der Pandemie im Schnitt 61 Tage geschlossen, im OECD-Schnitt waren es 55 Tage.

Interessant in diesem Zusammenhang: Während sich bei vielen Ländern die Schließungen auf das Jahr 2020 konzentrierten, gehörte Deutschland zu den Staaten, wo auch 2021 noch zu diesem Instrument gegriffen wurde. "Nur Lettland hatte 2021 größere Ausfälle als Deutschland", kritisierte OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher am Donnerstag in der Pressekonferenz zu Bildung auf einen Blick.

Andere Länder, darunter Frankreich, Spanien und Belgien, hätten trotz hoher Infektionsraten "die politische Entscheidung getroffen, die Schulen offenzuhalten". Die nachteiligen Effekte für den Gesundheitsschutz der Schüler:innen seien dort durch zusätzliche Hygienemaßnahmen gemildert worden.

Der Bericht untersucht auch, wie lange Schulen nur mit begrenzter Kapazität öffnen konnten, also etwa im Wechselunterricht. Hier zeigt sich: In Deutschland war das viel länger der Fall als OECD-weit. Im allgemeinbildenden Sekundarbereich II waren die Schulen in Deutschland zwischen Januar 2020 und Mai 2021 beispielsweise 103 Tage teilweise geöffnet, während Schulen OECD-weit nur 57 Tage eingeschränkt waren.

Viele Länder wollen technische Ausstattung in Schulen verbessern

Addiere man für die weiterführenden Bereich volle und teilweise Schulschließungen, "war der Unterricht zwischen Januar 2020 und Mai 2021 in Deutschland 186 Tage gestört", heißt es in dem Bericht. Das sind also sechs Monate. Nicht einbezogen in den Bericht wurde der Fernunterricht.

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"Die kurz- und langfristigen Auswirkungen von Covid-19 auf das Lernen sind zwar noch ungewiss, jedoch besteht die Gefahr, dass sich bestehende Lernunterschiede durch die Pandemie verschärfen", heißt es in der Studie weiter. Man wisse, dass Schülerinnen und Schüler aus benachteiligten Verhältnissen vor größeren Herausforderungen stehen.

Schulschließungen würden in Ländern mit schlechteren Lernergebnissen tendenziell auch länger dauern. Zudem hätten benachteiligte Kinder seltener Zugang zu geeigneten Tools für den Fernunterricht, sie würden auch seltener Unterstützung von ihren Eltern erhalten.

Laut OECD hätten 30 der 36 untersuchten Länder Maßnahmen ergriffen, um Kinder zu unterstützen, die während der Pandemie besonders gefährdet sein könnten. 22 dieser Länder hätten zum Beispiel die technische Ausstattung subventioniert, um den betroffenen Gruppen den Bildungszugang zu erleichtern. Zu beiden Gruppen gehört auch Deutschland.

KMK-Vertreter: Lebens- und Lernumfeld wiederherstellen

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) wies in der Pressekonferenz auf den Digitalpakt Schule mit 6,5 Milliarden Euro Investitionen und auf das mit zwei Milliarden Euro ausgestattete Bund-Länder-Programm "Aufholen nach Corona" hin.

Für die Kultusministerkonferenz (KMK) erklärte Hessens Bildungsminister Alexander Lorz (CDU), es sei für alle Minister:innen "eine der härtesten Entscheidungen gewesen, Schulen zu schließen". Allen war klar, "dass das negative Spuren bei den Schülerinnen und Schülern hinterlassen wird". Deshalb müsse man jetzt alles tun, um dies für Herbst und Winter zu vermeiden.

Baerbock fordert "Bildungsoffensive"

Es gelte, für Kinder und Jugendliche "das Lebens- und Lernumfeld wieder herzustellen und Lücken zu schließen, die durch Corona entstanden sind".

Auch Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock äußerte sich zum OECD-Bericht. Dieser zeige "wieder einmal, dass unser Bildungssystem es nicht schafft, allen Kindern gute Bildung und gleiche Chancen zukommen zu lassen", schrieb Baerbock auf Twitter. Nach dem Corona-Jahr würden die Jugendämter davon ausgehen, dass sich die Schulabbrecherquote dieses Jahr mehr als verdoppelten. Es brauche eine Bildungsoffensive zwischen Bund, Ländern und Kommunen für Bildungsgerechtigkeit, Schulgebäudesanierung, Digitalisierung und Fachkräftesicherung.

Verteilung von Bildungschancen

Insgesamt hat die OECD besonders die Verteilung von Bildungschancen analysiert. Einige zentrale Erkenntnisse:

Nachteile für Frauen: Diese nehmen in Deutschland seltener an Erwachsenenbildung teil als Männer, was in den meisten OECD-Ländern so nicht der Fall ist. 53 Prozent der Frauen belegen einen Weiterbildungskurs, bei Männern sind es 59 Prozent /Stand: 2018). In allen OECD-Ländern und unabhängig vom Bildungsstand arbeiten Frauen seltener als Männer und verdienen weniger, auch wenn sie einen vergleichbaren Abschluss haben. Auch qualifizierte Migrant:innen verdienen oft weniger.

Viele Kinder in der Kita: In Deutschland nehmen sowohl bei den Unter-Dreijährigen als auch bei den Drei- bis Fünfjährigen mehr Kinder an frühkindlicher Bildung teil als im OECD-Schnitt. 2019 lag die Teilnahmequote in der Altersgruppe unter drei Jahren bei 39 Prozent, in der Altersgruppe von drei bis fünf Jahren bei 94 Prozent. Im OECD-Durchschnitt betrug die Teilnahmequote 25 beziehungsweise 83 Prozent.

Unterschiede bei Hochschulabschlüssen: Zwischen den Bundesländern gibt es große Differenzen, wie viele Menschen einen Tertiärabschluss erreichen. Die Bandbreite reicht von 23 Prozent in Sachsen-Anhalt bis 43 Prozent in Berlin. In anderen Staaten gibt es allerdings ähnlich große Unterschiede zwischen den Regionen.

Lehrkräfte mit mehr Gehalt: Sowohl im Primar- als auch im Sekundarbereich waren die Gehälter der Lehrkräfte in Deutschland 2020 mehr als 1,7-mal so hoch wie im OECD-Durchschnitt. Die Erkenntnis ist allerdings nicht neu: Ein ähnliches Gefälle stellt die OECD regelmäßig fest. Trotz hoher Gehälter gelte Unterrichten aber gerade bei Männern in Deutschland als unattraktiv, heißt es nun ergänzend. Ausnahme: der Hochschulbereich.

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