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OECD-Studie: Deutschland bildet gut aus - braucht aber mehr Hochqualifizierte

Jugendliche finden in Deutschland besser eine Beschäftigung als anderswo. Wenn das Land sein Niveau halten will, muss es aber die Zahl der Hochschulabsolventen steigern, sagt die OECD in ihrer neuen Studie "Bildung auf einen Blick"

Deutschland ist eines der wenigen Länder, in denen die Arbeitslosigkeit trotz der Finanzkrise gesunken ist – und das bei Gering- wie Hochqualifizierten gleichermaßen. Das geht aus der Studie „Bildung auf einen Blick“ hervor, die die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Dienstag veröffentlichte. „In Deutschland hat sich viel bewegt" sagte Andreas Schleicher, stellvertretender OECD-Bildungsdirektor. Wolle Deutschland sein Niveau halten, müsse es aber weiter die Zahl seiner Hochschulabsolventen steigern.

Die Studie erscheint jährlich und vergleicht die Bildungssysteme der 34 Mitgliedsstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Schwerpunkt ist diesmal die Frage, wie sich die Finanzkrise auf Bildung und Beschäftigung auswirkt. Während in den meisten Ländern die Jugendarbeitslosigkeit ansteigt, ist in Deutschland der gegenläufige Trend zu beobachten. 2011 – zum Zeitpunkt der Erhebung – hatten hierzulande elf Prozent der 15- bis 29-Jährigen weder einen Job, noch waren sie in einer Ausbildung. Der Wert sank damit um ein Prozent im Vergleich zu 2008. Die Quote ging in dem Zeitraum sonst nur in Österreich, der Schweiz und der Türkei zurück – wobei in der Türkei aber mehr als ein Drittel der Jugendlichen job- oder ausbildungslos ist.

Arbeitslosigkeit in Deutschland ist zurückgegangen

Die Arbeitslosigkeit ist in Deutschland in dem Zeitraum auf allen Bildungsniveaus zurückgegangen. Akademiker sind praktisch vollbeschäftigt, die Erwerbslosenquote sank zwischen 2008 und 2011 um einen Prozentpunkt auf 2,4 Prozent (OECD: 4,8 Prozent). Auch die Erwerbslosenquote der Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung liegt in Deutschland mit 5,8 Prozent deutlich unter dem OECD-Schnitt (7,3 Prozent). Selbst unter denjenigen, die keine Berufsausbildung haben, sind inzwischen weniger ohne Job (13,9 Prozent, minus 3 Prozentpunkte).

Die OECD würdigt in diesem Zusammenhang das deutsche System der beruflichen Bildung. Länder, in denen überpropotional viele Jugendliche eine berufliche Ausbildung absolvierten, könnten besser mit dem sich schnell ändernden wirtschaftlichen Umfeld umgehen als Länder wie Spanien oder Griechenland. Dass berufliche Qualifikationen am deutschen Arbeitsmarkt einen ebenso hohen Stellenwert wie andere Bildungsabschlüsse genießen, sei „ein Standortvorteil Deutschlands“, sagte Schleicher.

So gut Deutschland dastehen mag – bei den Hochqualifizierten zeichnet die OECD ein gemischtes Bild. Zwar promovieren in Deutschland 2,7 Prozent einer Alterskohorte, mehr sind es nur in Schweden und in der Schweiz. Die OECD hebt auch hervor, dass sich inzwischen Studienanfänger deutlich häufiger für die von der Wirtschaft umworbenen Mint-Fächer interessierten (Mathematik, Ingenieur- und Naturwissenschaften). Insgesamt nehmen mehr Jugendliche ein Studium auf als früher. Die Studienanfängerquote des Altersjahrgangs betrug 2011 46 Prozent, 2005 waren es noch 36 Prozent.

Deutschland bringt zu wenig Hochqualifizierte hervor

Andere Länder sind dennoch weiter. Im OECD-Schnitt gingen 2011 sogar 60 Prozent eines Jahrgangs an eine Hochschule. Während im OECD-Schnitt 39 Prozent der 25-34-Jährigen einen Tertiärabschluss vorweisen, sind es hierzulande 28 Prozent. Die OECD zieht daher das kritische Fazit, Deutschland bringe immer noch zu wenig Hochqualifizierte hervor.

Die Einkommensschere zwischen Gering- und Hochqualifizierten geht unterdessen immer weiter auseinander. So verdienten Arbeitskräfte mit Hochschulabschluss 2011 fast zwei Drittel mehr als Kollegen, die keinen vorweisen können. Im Jahr 2000 lag der Vorsprung bei vierzig Prozent. Auch die Geschlechterunterschiede in der Bezahlung sind in Deutschland sehr hoch. Frauen erhalten nur 74 Prozent des Gehalts von Männern, im OECD-Schnitt sind es 79 Prozent.

Besorgt zeigt sich die OECD, dass viele Länder wegen der Wirtschaftskrise bei den Gehältern von Lehrerinnen und Lehrern sparten. So sind die Lehrereinkommen im OECD-Schnitt 2009 bis 2011 um rund zwei Prozent gesunken. Lehrer erhalten zwischen 80 und 89 Prozent des Gehaltes, das ein Arbeitnehmer mit Universitätsabschluss im jeweiligen Land für gewöhnlich erhält.

In Deutschland entsprechen Lehrereinkommen exakt dem Durchschnittsverdienst aller akademischen Berufe. Pro Jahr geben deutsche Lehrkäfte mehr Stunden als im OECD-Schnitt. Gerade im Sekundarbereich I (Schulen bis zur zehnten Klasse) sind mehr Stunden vorgesehen als in anderen Ländern, während es in der Grundschule weniger sind. Als größte Herausforderung sieht die OECD die Altersstruktur in den deutschen Lehrerkollegien. Fast die Hälfte der Lehrerschaft – ausgenommen an Grundschulen – ist über 50. Älter sind Lehrer nur in Italien.

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