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Der Impfstoff von Curevac fällt mit enttäuschenden Zahlen auf.

© Jeroen JUMELET / ANP / AFP

Nur zu 47 Prozent wirksam: Curevac-Impfstoff enttäuscht vorerst – doch wie geht es weiter?

Der Impfstoffkandidat von Curevac ist deutlich weniger wirksam gegen eine Corona-Erkrankung als erhofft. Es ist fraglich, ob er jemals auf den Markt kommt.

Im März 2020 hatte Dietmar Hopp, Miteigentümer des Impfstoff-Herstellers Curevac, eine gewagte Ankündigung gemacht: Schon im Herbst könne man einen Impfstoff gegen das Coronavirus liefern. Schon damals hielt das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), das für die Zulassung in Deutschland verantwortlich ist, das für ausgeschlossen.

Im Sommer 2021 gibt es in der Europäischen Union vier zugelassene Impfstoffe. Nicht dabei: Curevac. Ob der Impfstoffkandidat aus Tübingen überhaupt noch auf den Markt kommt, scheint fraglich. Dietmar Hopp lag nicht nur mit seiner Einschätzung falsch, vielleicht ist auch das Projekt Impfstoff für sein Unternehmen gänzlich gescheitert.

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Denn: Am späten Mittwochabend gab es in einer Pflichtbörsenmitteilung bekannt, dass der CVnCoV, wie der Impfstoffkandidat offiziell heißt, in einer Zwischenanalyse nur eine vorläufige Wirksamkeit von 47 Prozent gegen eine Corona-Erkrankung „jeglichen Schweregrades“ erzielt habe. Damit habe er die vorgegebenen statistischen Erfolgskriterien nicht erfüllt.

Der Curevac-Impfstoffkandidat befindet sich schon seit Dezember - also seit rund einem halben Jahr - in der finalen und damit zulassungsrelevanten 2b/3-Studienphase.

Vor welchem Hintergrund wurde die Wirksamkeit geprüft?

Der Impfstoffkandidat der Tübinger basiert - ebenso wie die Impfstoffe von Biontech und Moderna - auf sogenannter „messenger RNA“ (Boten-RNA) und unterscheidet sich damit von herkömmlichen Vektorimpfstoffen wie etwa jenem von Astrazeneca.

Die Firma teilte mit, dass die Wirksamkeit des Impfstoffkandidaten von der untersuchten Altersgruppe und den Virusstämmen abhänge. In die Analyse sei die Wirksamkeit gegen mindestens 13 Covid-Varianten eingegangen.

Der SPD-Gesundheitsexperte und Epidemiologie Lauterbach folgerte aus den von Curevac bekanntgegebenen Daten: „Verschiedene Varianten waren betroffen. Damit dürfte die Wirkung gegen die Delta-Variante alleine noch niedriger sein.“ Nach Ansicht vieler Virologen ist diese zuerst in Indien bekanntgewordene Virus-Variante deutlich ansteckender und verursacht schwerere Krankheitsverläufe.

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Anzumerken ist hier, dass als sich die Impfstoffe von Biontech, Moderna und Astrazeneca in der zulassungsrelevanten Studienphase befanden, diese Varianten noch nicht existierten. Würden diese aktuell also auch eine deutlich schlechtere Wirksamkeit erzielen? Nicht wirklich, wie eine Studie der britischen Regierungsbehörde Public Health England (PHE) jüngst herausgefunden hat.

[Lesen Sie auch: Werden wir zu leichtsinnig? Diese Gefahr geht von der Delta-Variante aus (T+)]

Die Corona-Impfstoffe von Biontech und Astrazeneca schützen nach zweifacher Impfung beinahe so effektiv gegen eine von der Delta-Variabte von ihr ausgelöste Corona-Erkrankung wie gegen eine durch die britische Variante B.1.1.7 hervorgerufene. Der Impfstoff von Biontech schützt demnach zwei Wochen nach der zweiten Dosis mit 88-prozentiger Effektivität gegen eine Erkrankung durch B.1.617.2., verglichen mit 93 Prozent bei der britischen Variante

Bei Astrazeneca liegt die Wirksamkeit gegen eine Erkrankung durch B.1.617.2 bei 60 Prozent, verglichen mit 66 Prozent bei B.1.1.7. Beide Impfstoffe wiesen den Angaben zufolge drei Wochen nach der Erstimpfung eine 33-prozentige Effektivität bei B.1.617.2 auf, während sie bei der britischen Variante zu dem Zeitpunkt jeweils bei rund 50 Prozent lag. Die Studie erfolgte zwischen dem 4. April und dem 16. Mai und deckte alle Altersgruppen ab.

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Wie geht es für Curevac jetzt weiter?

Angesichts der massiven Zeitverzögerung hatte die Firma zuletzt nicht nur ihre Aktionäre immer wieder vertröstet. Bis Anfang Juni hatte es geheißen, das Unternehmen erwarte - abhängig von den klinischen Studiendaten - die Zulassung seines Impfstoffkandidaten in der EU zumindest noch im zweiten Quartal.

Doch kurz darauf wurde bekannt, dass sich das Verfahren weiter verzögern werde. Zuletzt war darüber spekuliert worden, der Curevac-Impfstoff könne möglicherweise im August in der EU zugelassen werden. Auch diese Aussichten könnten sich nach Bekanntwerden der neuen Daten erledigt haben. Die Anleger reagierten zeitweise panisch: Der Curevac-Börsenkurs sackte im nachbörslichen US-Handel am Mittwoch um mehr als die Hälfte ab.

Zur Frage, wie es mit dem bisherigen Impfstoffkandidaten nun weitergehen soll, äußerte sich Curevac in der Mitteilung nicht im Detail. Allerdings lud das Unternehmen „interessierte Parteien“ für Donnerstag (14 Uhr) zu einer Telefonkonferenz ein.

Curevac-Vorstandschef Franz-Werner Haas teilte mit, man habe auf stärkere Ergebnisse in der Zwischenanalyse gehofft. Man wolle die laufende Studie aber dennoch bis zur finalen Analyse fortsetzen. „Die endgültige Wirksamkeit könnte sich noch verändern.“ SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach schrieb auf Twitter: „Schade, das Team aus Tübingen hätte Erfolg verdient gehabt.“

Welche Folgen hat die Mitteilung von Curevac für die Impfkampagne?

Die Bundesregierung hatte den Curevac-Impfstoff Berichten zufolge lange für die zweite Jahreshälfte eingeplant, auf der jüngst vom Bundesgesundheitsministerium veröffentlichten Liste der Impfstoff-Lieferplanungen fehlte das Unternehmen aber bereits. Ernsthaft damit gerechnet haben dürfte die Bundesregierung mindestens für die Sommermonate mit Curevac also nicht. Wie aber steht es um die Liefermengen der anderen Impfstoffhersteller?

Am Mittwoch hatte es Verwirrung um Lieferungen von Biontech im Juli gegeben. Es war berichtet worden, dass von dem Vakzin im Juli deutlich weniger geliefert werden soll. Auf seiner Internetseite weist das Gesundheitsministerium nämlich für Biontech geringere Zahlen für Juli als für Juni aus.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn trat diesen Berichten entgegen. Es sei immer klar gewesen, dass Biontech im Juli weniger liefern werde als im Juni. Der Hersteller habe im Juni Lieferungen vorgezogen. Die Gesamtliefermenge werde dann im dritten Quartal auf 40,2 Millionen Dosen sinken. Im noch bis Ende Juni laufenden zweiten Quartal würden rund 50 Millionen Dosen erwartet.

Biontech erklärte, man habe für das zweite Quartal den Vertrag übererfüllt. „Wir werden im Juni mehr Dosen liefern als ursprünglich vereinbart war, um die Impfkampagnen in Europa und damit auch in Deutschland zu unterstützen und zu beschleunigen“, sagte eine Unternehmenssprecherin der Deutschen Presse-Agentur. Im dritten Quartal und damit auch im Juli werde die Zahl der Dosen wie vertraglich vereinbart geliefert.

In der laufenden Woche werden laut einer Übersicht des Ministeriums 4,6 Millionen Dosen von Biontech geliefert. In den Wochen vom 21. und vom 28. Juni sollen je 5,7 Millionen Dosen kommen. Für den Juli gibt es nur eine klare Lieferzusage für die erste Woche, und zwar 3,235 Millionen Dosen. Für die zweite bis vierte Juli-Woche wird jeweils eine Liefermenge von drei Millionen Dosen in Klammern angegeben.

Im Wochenschnitt für das dritte Quartal rechne man aber mit rund 3,3 Millionen Dosen - das sei den Bundesländern auch mitgeteilt worden, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. Der Lieferübersicht zufolge gibt es für Juli auch konkrete Zahlen für das Präparat von Moderna. Erwartet werden wöchentlich 733.200 Dosen und damit etwas mehr als im Wochenschnitt im Juni.

Der Hersteller Johnson & Johnson kann nach Angaben der EU-Kommission sein Lieferziel bis Ende Juni nicht einhalten. Die den EU-Staaten zugesagte Menge von 55 Millionen Dosen im zweiten Quartal werde nicht erreicht, sagte ein Kommissionssprecher in Brüssel.

Wie viel geliefert werde, könne er noch nicht sagen. Der Sprecher bekräftigte aber das Ziel, bis Ende Juli insgesamt genug Corona-Impfstoff verschiedener Hersteller zu haben, damit 70 Prozent der Erwachsenen in der EU geimpft werden können.

Auch Jens Spahn bleibt optimistisch: Noch in dieser Woche werde die Schwelle von 50 Prozent der Bevölkerung überschritten, die eine Erstimpfung erhalten habe, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch. Wichtig sei aber auch die wachsende Zahl an Zweitimpfungen, weil nur sie einen vollen Schutz gegen Virus-Varianten böten. Wenn die Hersteller ihre Lieferzusagen einhielten, könne bis Ende Juli/Anfang August allen Impfwilligen auch ein Impfangebot gemacht werden, betonte Spahn. (mit dpa/AFP/Reuters)

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