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Kinderleicht. Ein Gurgel-Test ist angenehmer als der Tupfer-Abstrich.

© Getty Images/iStockphoto

Neues Verfahren für Corona-Test: Alternative zum Wattestäbchen

In Köln wird geprüft, ob einfaches Gurgeln Proben für Corona-Tests liefern kann. Das Robert-Koch-Institut hat Vorbehalte.

Ein Test auf das neue Coronavirus kann unangenehm sein, wenn das verwendete Wattestäbchen für einen Abstrich tief in Rachen oder Nase eingeführt wird. Doch es gibt auch andere Möglichkeiten. Ein Verfahren ist das Gurgeln mit einer Salzwasserlösung. 

Die anschließend ausgespuckte Lösung kann mit dem PCR-Test untersucht werden. Das Prozedere ist wesentlich unkomplizierter als der bisweilen auch schmerzhafte Abstrich.

In Köln wird diese Testvariante aktuell vom Gesundheitsamt geprüft. Sollte die Validierungsuntersuchung zeigen, dass das neue Verfahren zur Probenentnahme ein ebenso zuverlässiges Ergebnis liefert, wie ein Nasen-Rachenabstrich, will man den Gurgeltest in Köln schon bald umfangreich einsetzen. Er könnte dann weitgehend den „vergleichsweise unangenehmeren Rachenabstrich“ ersetzen, erklärte die Kölner Stadtverwaltung. 

Verfahren mit Gurgelwasser wird auch in Berlin getestet

Auch an der Berliner Charité gibt es ein Pilotprojekt. Ziel ist hier ein massentaugliches Kit für Selbstabstriche zu Hause. Damit sollen die im Herbst und Winter vor allem auch bei Kindern auftretenden Erkältungen zügig von Coronavirus-Infektionen unterschieden werden. 

Auch hier wird unter anderem ein Testverfahren mit Gurgelwasser untersucht. Sollten die Selbstabstriche vom Charité-Vorstand und dem Senat für geeignet befunden werden, will die Universitätsklinik mindestens 10 000 solcher Kits vorhalten. Zunächst muss aber klar sein, wie valide die konzipierten Verfahren sind. Bei der Berliner Feuerwehr, die auch Corona-Tests vornimmt, ist zu dem neuen Gurgel-Verfahren bislang hingegen noch nichts geplant.

Der Mikrobiologe Michael Wagner, Leiter des Zentrums für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft der Uni Wien, hat zusammen mit Alwin Köhler von der Uni Wien ein Verfahren für den Gurgel-Abstrich untersucht. Entwickelt wurde der Ansatz von einem Team rund um Johannes Zuber vom Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien. 

Man haben das Gurgelverfahren zur leichteren Entnahme der Probe ersonnen, weil der Abstrich durch die Nase schmerzhaft und mühsam ist. Durch Gurgeln mit einer ungiftigen Salzlösung lasse sich Probenmaterial gewinnen, mit dem Sars-CoV-2 mit vergleichbarer Sensitivität zum Abstrich nachzuweisen sei. 

Das sei gerade auch für Tests bei Kindern besonders attraktiv, für die die Entnahme von Nasen-Rachen-Abstrichen besonders unangenehm sein kann. „Jeder, der gurgeln kann, kann diese Beprobung machen“, sagt Wagner. Der Ansatz sei zwar „keine Raketenwissenschaft“, aber es sei eine wichtige Ergänzung – vor allem auch für regelmäßige Tests und Gruppen, bei denen man sonst auf Ressentiments oder andere Hindernisse trifft.

Eine Minute Gurgeln soll reichen

Eine gute Minute gurgeln mit der Lösung reiche aus, um eine Probe für den PCR-Test zu gewinnen. Seine Kollegen vom „Vienna COVID-19 Diagnostics Initiative“ – einem Zusammenschluss von 21 Wiener Forschungsinstituten – haben in mehrere Untersuchungen bisher „keinen Nachteil“ gegenüber dem Nasen-Rachen-Abstrich feststellen können, erklärt Wagner.

Die Gurgelmethode eröffne vor allem auch neue Möglichkeiten zur Proben-Entnahme. So können, wie in Berlin geplant, Proben leicht zu Hause selbst gewonnen werden. Zu testenden Personen könnten ein Päckchen mit allen für das Gurgeln notwendigen Utensilien erhalten – die Probe wird verpackt, an einer Sammelstelle eingeworfen und dem Labor zur Untersuchung weitergeleitet. 

Eine Einschränkung machen die Wiener Forscher allerdings: Beim Gurgeln können Aerosole, also kleine Tröpfchen, entstehen, durch die das Virus übertragen werden kann. Daher sollte man zuhause eher alleine oder im Freien gurgeln, erklärt Wagner.

Gut für Personen, die sich oft testen lassen

Der Mediziner Gerhard Wiesmüller, der die Abteilung Infektions- und Umwelthygiene des Gesundheitsamtes der Stadt Köln leitet, hält das Gurgel-Verfahren für vielversprechend. „In unseren Augen ist es genauso sinnvoll wie alle anderen Methoden“, sagte er dem Tagesspiegel. 

Die Weltgesundheitsorganisation WHO habe die Möglichkeit des Rachenspülwassers neben den anderen Methoden aufgeführt. Das Verfahren würde die Stadt Köln gerne einsetzen, weil es vor allem für Menschen die sich beständig testen lassen müssen, etwa Klinikpersonal oder Personen aus den Pflegeberufen, eine angenehmere Variante als der Abstrich ist. Da das Robert-Koch-Institut (RKI) das Verfahren nicht in seinen Empfehlungen erwähnt, würden sich die Geldgeber, also die betreffenden Ministerien, auf die üblichen Abstrichverfahren beziehen. 

In Köln werden aktuell die Methoden verglichen 

Deswegen hat das Kölner Gesundheitsamt nun die Validierungsuntersuchung zusammen mit dem Labor Wisplinghoff initiiert. Sie soll zeigen, ob die Verfahren gleichwertig sind. Dabei werden bei Personen, die aktuell in Köln einen Corona-Test machen, beide Methoden angewandt, um so ein vergleichbares Ergebnis zu erhalten.

Beim RKI hat man allerdings Vorbehalte gegenüber dem Gurgeln. 

Diese Art der Probenentnahme sei nicht die Methode der Wahl, sagte eine Sprecherin dem Tagesspiegel. Das Verfahren sei zwar grundsätzlich möglich, und könne in bestimmten Populationen oder bei Mangel an Abstrichtupfern zur Anwendung kommen. „Die Sensitivität wird in der Regel als geringer eingeschätzt als bei einem guten Abstrich“, sagte die Sprecherin. 

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