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Noch gibt es keine ursächliche Therapie gegen Ebola. Ärzte können nur den Körper beim Kampf gegen das Virus stärken und das Leiden lindern.

© Ahmed Jallanzo, dpa

Neuer Wirkstoff schützt Affen vor Ebolaviren: Ein neuer Anlauf gegen Ebola

Aus dem Blut eines Überlebenden haben Forscher einen Antikörper isoliert, der besser gegen die Krankheit wirken soll als ZMapp.

Proband Nummer eins wäre beinahe gestorben, so wie 250 andere während der Epidemie in Kikwit, Zaire. Wochenlang lag er schwerkrank in einem Ebola-Behandlungszentrum und kam nur langsam wieder zu Kräften. Später half der Mann dabei, andere Patienten zu pflegen.

Das war im Jahr 1995. Seine Hilfsbereitschaft wirkt jedoch bis heute nach. Als amerikanische Forscher ihm elf Jahre später Blut abnehmen wollten, willigte er ein. Aus dieser Blutprobe haben nun Forscher um Davide Corti von der Università della Svizzera Italiana und der Firma Humabs Biomed in Bellinzona Immunzellen isoliert, die mehr als 40 verschiedene Ebola-Antikörper produzieren. Zwei davon können das Virus effektiver ausschalten als jene, die im Antikörpercocktail ZMapp enthalten sind, berichtet das internationale Team im Fachblatt „Science“. Vor allem der Antikörper mit dem Namen mAb114 könnte die Grundlage für eine neue experimentelle Therapie sein.

Keine Wunderwaffe gegen Ebola in Sicht

Wie dringend diese nötig wäre, zeigte die Ebola-Epidemie in Westafrika. Mindestens 28 639 Menschen steckten sich mit dem Virus an, 11 316 Tote wurden der WHO gemeldet. Die Pfleger in den Behandlungszentren linderten das Leid so gut es eben ging – während die experimentellen Mittel gegen Ebola in Studien enttäuschten. Das Grippemittel Favipiravir konnte die Sterblichkeit ein wenig senken, allerdings nur wenn die Viruslast im Blut der Infizierten gering war. Durch Zufall fanden Ärzte heraus, dass ein Malariamedikament möglicherweise gegen Ebola wirkt. Den Kranken Blutplasma von Überlebenden zu geben, half fast gar nicht, zeigte eine Studie in Guinea. Und selbst der teure Antikörpercocktail ZMapp, der im Tierversuch jeden Affen bis zu fünf Tage nach der Ansteckung retten konnte, erwies sich bei menschlichen Patienten nicht als die erhoffte Wunderwaffe.

Völlig desillusioniert ist Richard Davey von den Nationalen Gesundheitsinstituten der USA zwar nicht. Die Ergebnisse sprächen tendenziell für ZMapp, sagte er auf der Konferenz für Retroviren und opportunistische Infektionen in Boston. „Aber sie sind nicht statistisch signifikant.“ Die Studie in Westafrika und den USA konnte erst im März 2015 beginnen. Bis Januar 2016 kamen nur 71 statt 200 Probanden zusammen. Sie wurden in zwei Gruppen aufgeteilt und erhielten eine unterstützende Behandlung oder zusätzlich drei Infusionen mit ZMapp.

ZMapp-Antikörper weniger effektiv als im Tierversuch

Acht von 36 Teilnehmern (22,2 Prozent), die mit ZMapp therapiert wurden, starben innerhalb von vier Tagen. In der Kontrollgruppe waren es 13 von 35 Teilnehmern (37,1 Prozent) – und zwar noch bis Tag acht. „Mit ZMapp ging außerdem die Anzahl der dokumentierten Symptome schneller zurück“, berichtete Davey. Warum die Kombination aus drei Antikörpern viel weniger effektiv war als im Tierversuch, konnte er nicht erklären. Die erste Infusion sei im Durchschnitt drei bis vier Tage nach dem Ausbruch der Krankheit erfolgt. „Das sollte mit dem Tiermodell vergleichbar sein.“

Nun also ein neuer Anlauf, eine neue Hoffnung. Corti und seine Kollegen wollen ein Präparat entwickeln, dass nur einen oder zwei statt gleich drei Antikörper beinhaltet. Das würde zum einen die Kosten senken. Zum anderen könnte ein solches Mittel im Notfall schneller produziert werden. Im Blut von Proband Nummer eins aus Kikwit fanden sie ihre Kandidaten: mAb100 und mAb114. Beide binden 25 Prozent zuverlässiger am Oberflächeneiweiß von Ebola als ZMapp und können als Duo verwendet werden.

Zwei Antikörper mit Potenzial gegen Ebola

Ob das funktioniert, probierten Forscher in einem Hochsicherheitslabor der US-Armee in Fort Detrick aus. Sie infizierten vier Makaken mit einer tödlichen Ebola-Dosis; drei davon gaben sie einen Tag später zwei Spitzen mit dem Antikörper-Duo. Diese Affen wurden nicht krank, Ebola konnte sich nicht einmal über das Blut in ihrem Körper verteilen. Die Forscher wiederholten das Experiment und verwendeten ausschließlich mAb114. Sie waren fast genauso erfolgreich – sogar als sie bis zu fünf Tage bis zur ersten Spritze warteten. Nur vorübergehend fand sich etwas Ebola im Blut der Affen, doch sie hatten keine Symptome.

Das Geheimnis: mAb114 blockiert einen Mechanismus, den Ebola normalerweise vor dem Immunsystem verbirgt. Das Oberflächeneiweiß des Virus sieht aus wie ein Baum. Wenn sich Ebola mithilfe der Äste an eine menschliche Zelle anheftet, zieht die Zelle an dem Eiweiß und schneidet die Krone ab. Erst dann ist der eigentliche Rezeptor freigelegt, er springt wie eine Feder hervor und entlädt seine Fracht in die Zelle. Klebt mAb114 am Baumstamm, klemmt die Feder. Die Zelle kann nicht zur Virusfabrik umfunktioniert werden. Die Forscher wollen nun testen, ob Menschen diesen Antikörper vertragen. Falls das der Fall ist, kann er vielleicht bei der nächsten Ebola-Epidemie Patienten helfen.

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