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Krankenpflegepersonal steht um eine Kollegin herum, die anhand eines Tropfes Erläuterungen abgibt.

© Getty Images

Neuer Studiengang an der Charité: Ein Bachelor für Pflegende

Pflege ist anspruchsvoll – die Berliner Universitätsmedizin Charité bietet daher ab dem Herbst einen neuen Studiengang für das Fach an.

Pflege zum Beruf machen? Diese Vorstellung löst bei jungen Menschen offensichtlich widersprüchliche Gefühle aus. Einerseits findet die weit überwiegende Mehrheit der 14- bis 20-Jährigen, dass das Gehalt von Pflegekräften und ihre Aufstiegschancen viel zu gering sind.

Doch es gibt ein Andererseits, wie eine repräsentative Befragung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zeigt, deren Ergebnisse Ministerin Franziska Giffey unlängst vorstellte: Ein Viertel der Befragten kann sich zumindest vage vorstellen, später einmal selbst in der Pflege zu arbeiten. Und die Jugendlichen geben zu Protokoll, dass sie eine Tätigkeit in der Pflege für abwechslungsreich und anspruchsvoll halten.

Dazu passt, dass man ab dem Wintersemester an der Charité-Universitätsmedizin auf akademischem Weg in den Beruf einsteigen und den Abschluss als Bachelor of Science in Pflege erwerben kann. „Es ist ein anspruchsvolles Studium mit nicht unerheblichem Arbeitsaufwand“, sagt die Psychologin Asja Maaz, die den Studiengang im Prodekanat für Studium und Lehre der Charité koordiniert.

Voraussetzung ist das Abitur

Für die ersten 60 Studienplätze des Wintersemester musste man sich bis zum 20. August bewerben. Voraussetzung für das Pflege-Studium ist das Abitur, falls der Andrang groß wird, sind weitere Kriterien für die Auswahl der Bewerber Vorerfahrungen in gesundheitsnahen Berufen und ehrenamtliche Tätigkeiten in einem studienrelevanten sozialen Bereich.

Eine Ausbildungsvergütung, wie sie Pflege-Azubis bekommen, ist laut Gesetzgeber für Studierende nicht vorgesehen. Die Bachelor-Studierenden können jedoch einkommensunabhängig einen Förderungszuschuss von monatlich 450 Euro beantragen, zusätzlich zum einkommensabhängigen Bafög. Binden sie sich im Anschluss an das Studium für mindestens zwei Jahre an die Charité, dann müssen sie dieses Geld nicht zurückzahlen.

Das Curriculum des neuen Studiengangs wurde von einer Kommission erarbeitet, in der Lehrende und Wissenschaftler aus der Pflege, Mediziner aus verschiedenen Fachgebieten, die Pflegedirektion und Pflegekräfte vertreten sind, die in den Charité-Zentren derzeit für die Praxisanleitung von Pflege-Azubis verantwortlich sind. Dazu kommen Pflegende, die bereits über einen Bachelorabschluss verfügen.

Letztere haben ihren Pflege-Bachelor an der Evangelischen Hochschule Berlin (EHB) gemacht, wo man schon seit einigen Jahren den „Bachelor of Nursing“ erwerben kann. Die Hochschule kooperiert dafür mit Krankenhäusern und anderen Einrichtungen.

Von Beginn an lernen, mit Ärzten zusammenzuarbeiten

Die Charité hat es in organisatorischer Hinsicht mit ihrem neuen Studiengang leichter. Denn die Einsatzorte für den praktischen Teil des Studiums stellt sie selbst an den verschiedenen Standorten. In Mitte befindet sich das Lernzentrum der Charité, dort sollen Studierende aus Pflege und Medizin einige Lehrveranstaltungen gemeinsam besuchen – etwa zur Kommunikation mit ihren zukünftigen Patienten.

„Das gemeinsame Lernen gibt dem Studiengang ein besonderes Profil“, sagt Koordinatorin Maaz. Diese Interprofessionalität möchte man weiter ausbauen. „Unser Ziel ist es, dass die Studierenden von Beginn an lernen, mit anderen Berufsgruppen wie beispielsweise den Ärztinnen und Ärzten zu interagieren und zusammenzuarbeiten“, betont auch Adelheid Kuhlmey, die Wissenschaftliche Leiterin des Charité-Centrums für Human- und Gesundheitswissenschaften.

[Lesen Sie auch, warum der Wissenschaftsrat schon 2012 die Gründung von Pflege-Studiengängen empfahl: Krankenschwestern an die Unis]

Die „klassische“ Pflegeausbildung wird damit nicht abgeschafft. Im Rahmen des „Berliner Pakts für Pflege“ wurde für sie vor Kurzem der gemeinsame „Ausbildungscampus“ von Charité und Vivantes aus der Taufe gehoben. Auf den Stationen der Charité-Kliniken sollen in Zukunft Studierende und Auszubildende teilweise gemeinsam praktisch angeleitet werden.

Der Wissenschaftsrat hat schon im Jahr 2012 die Empfehlung ausgesprochen, dass zehn bis zwanzig Prozent der Pflegekräfte ihre Qualifikation in einem Studium erwerben sollten. „Da sind wir längst noch nicht“, sagt Maaz. Vorbilder sind Länder wie die Niederlande, die Schweiz, Großbritannien, Dänemark oder Schweden.

Neuer Studiengang auch an der ASH

Dritte im Bunde der Berliner Hochschulen, die ein Studium als Berufsgrundlage für Pflegende anbieten, ist neben EHB und Charité die Alice-Salomon-Hochschule (ASH).

Die Studierenden sollen alle praktischen pflegerischen Tätigkeiten erlernen, die auch den Azubis vermittelt werden. Darüber hinaus werden sie auch mit Methoden des wissenschaftlichen Arbeitens vertraut gemacht. „Die Idee, dass die Absolventen und Absolventinnen am Krankenbett evidenzbasiert arbeiten, war uns bei der Konzeption des Studiengangs sehr wichtig“, betont Maaz.

Wer den Bachelor in Pflege gemacht hat, kann später einen Masterstudiengang anschließen und an der Charité auch promovieren. Das „Image“ der Pflegeberufe – deren gesellschaftliche Relevanz in der Coronakrise immer wieder hervorgehoben wurde – dürfte sich durch diese Möglichkeiten auch in Deutschland merklich verändern.

Die praktischen Erfahrungen bei der Entwicklung und Implementierung des Studiengangs werden im Lauf der Jahre möglicherweise zu weiteren Änderungen führen. „Wir werden das im Sinne von Bildungsforschung begleiten“, sagt Maaz, die schon an der Entwicklung des Modellstudiengangs der Charité für Medizinstudierende beteiligt war.

Dort hätten sich die ersten Jahrgänge stark eingebracht, um den Studiengang zu verbessern, berichtet sie. „Die erste Kohorte ist etwas Besonderes, das sind Pioniere, die sich mit besonderem Mut in eine neue Art des Studiums hineinbegeben.“

Dass inzwischen zwei Wege zum Ziel führen, Pflegefachfrau oder Pflegefachmann zu werden, findet Maaz richtig. „In der Pflege wird ein solcher Qualifikationsmix immer mehr angestrebt.“ Und auch wer nicht per Bachelorstudium, sondern nach einer dreijährigen Ausbildung zur examinierten Pflegefachkraft wird, kann später einen Aufbaustudiengang machen, in Pflegemanagement oder Pflegepädagogik.

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