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Gut vorbereitet. Viele Hochschulen beugen Studienabbrüchen vor – etwa mit Orientierungssemestern.

© Jan Woitas/pa/ZB

Neue Studie: Ingenieure brechen seltener Studium ab

Laut einer neuen Studie brechen angehende Ingenieure seltener das Studium ab als bisher angenommen: Die Quote liegt demnach bei 23 Prozent. Aber weitere 18 Prozent wechseln das Fach oder die Uni.

Bisher galten die Ingenieurwissenschaften als Nachwuchs-Killer: Die Abbrecherquote an den Universitäten lag bei fast 50 Prozent. Entsprechend groß war die Kritik – denn der Wirtschaft gehen so dringend benötigte Fachkräfte verloren, Studierende verlieren wertvolle Zeit, der Staat verschleudert Geld für die Lehre.

Nun zeigt sich: In den ersten sechs Semestern brechen nur 21 Prozent wirklich ab, weitere 16 Prozent wechseln lediglich das Fach oder die Hochschule. Nach neun Semestern sind es dann insgesamt 23 Prozent Abbrecher und 18 Prozent Wechsler. Das ergibt zumindest eine Untersuchung der Akademie für Technikwissenschaften (Acatech), die dem „Handelsblatt“ vorliegt. Sie untersuchte vier Jahrgänge in fünf Ingenieurfächern an zwölf Technischen Universitäten mit insgesamt 60 000 Studierenden. Unterschiede zwischen Männern und Frauen gab es kaum. Etwas höher war mit 26 Prozent die Abbrecherquote von Studierenden aus dem Ausland.

Der Präsident der HRK ist zufrieden

Das steht in krassem Gegensatz zur Studie des Deutschen Zentrums für Hochschulforschung (DZHW) aus dem Jahr 2012, wonach die Abbrecherquote der Ingenieure an den Unis 48 Prozent betrug. Die Methodik des DZHW ist jedoch eine andere, vor allem weil sie Fachwechsler nicht herausrechnen konnte. Zudem ist auch nach der DZHW-Schätzung die Schwundquote auf zuletzt 32 Prozent gesunken – was noch immer fast anderthalb mal so hoch wäre wie die Abbrecherquote in der der Acatech-Studie.

Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Horst Hippler, zeigte sich jedenfalls angesichts der neuen Zahlen hochzufrieden: „Eine Abbrecherquote von 20 Prozent ist nicht nur tolerabel, sondern im normalen Bereich“, sagte er: „Nun muss auch die oft zu hörende Kritik relativiert werden.“ Die Studie zeige: „Die Hochschulen kommen ihrer Verpflichtung, Nachwuchs ordentlich auszubilden, nach.“ Die neuen Zahlen seien „auch ein Ergebnis der vielfältigen Aktionen, Studenten besser zu beraten, vorzubereiten und ihnen bei Problemen zu helfen“.

Für die Acatech-Autoren bleibt es indes dabei: „Jeder Studienabbruch ist einer zu viel“, sagt Projektleiter Eberhard Umbach. Seiner Meinung nach würden die Abbrecherzahlen weiter zurückgehen, wenn man den Universitäten erlauben würde, ihre Studierenden zielgerichteter auszuwählen. Nicht nur zeige diese Studie wieder einmal, dass die Wahrscheinlichkeit eines Abbruchs tendenziell umso niedriger ist, je besser das Abitur war. Daneben geht es um diverse Maßnahmen, die manche Hochschulen mittlerweile einsetzen, um den Studienerfolg zu steigern. Das reicht von Eignungsfeststellungsverfahren über verpflichtende Self-Assessments, Orientierungssemester, Orientierungsprüfungen bis zu Studienhöchstdauern, Anrechnung von Fehlversuchen und verpflichtender Studienberatung.

Maßnahmen gegen den Studienabbruch

Diese werden sehr unterschiedlich angewandt – auch weil sie sehr aufwendig sind. Die Bundesländer bieten ihren Hochschulen zudem rechtlich nicht immer die Möglichkeiten, solche Mittel einzusetzen. Große Freiheiten gewähren nach der Acatech-Studie hier vor allem Baden-Württemberg, Bayern und Hessen, während Niedersachsen extrem restriktiv ist.

Angesichts dieser Unterschiede „darf die Verantwortung für geringe Abschlussquoten, lange Studiendauern und eine hohe Zahl von Spätabbrechern nicht allein den Universitäten angelastet werden“, sagt Wolfram Ressel, Rektor der Uni Stuttgart und Projektleiter der Studie. Ressel wehrt sich daher dagegen, die Finanzierung der Lehre überwiegend von Erfolgszahlen abhängig zu machen, „auf die die Universitäten nur beschränkt Einfluss haben“. In der jüngsten Vergangenheit koppeln die Länder zunehmend zumindest einen Teil der Grundfinanzierung an den Studienerfolg.

Barbara Gillmann

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