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Die 126 Rückkehrer aus China wurden in der Kaserne „Südpfalz“ untergebracht. Zwei davon wurden positiv auf das Coronavirus getestet und waren infektiös, obwohl sie nie erkennbar erkrankten.

© dpa

Neue Studie Frankfurter Forscher zu Covid-19: Coronaviren werden wohl auch von Gesunden übertragen

Zwei der Sars-CoV-2-Infizierten, die in Frankfurt unter Quarantäne standen, erkrankten nicht, waren aber ansteckend. Das reduziert die Eindämmungschancen.

Zwar werden aus China derzeit langsamer steigende Zahlen von Neuerkrankungen an Covid-19 gemeldet. Doch Mediziner und Virologen sehen keinen Anlass, jetzt auf ein baldiges Ende der Viruskrise zu hoffen. Ein Grund für eher sogar deutlichere Warnungen sind – ironischerweise – zwei Deutsche, bei denen die Krankheit nie ausgebrochen ist.

Ein Team um die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek und den dortigen Gesundheitsamtschef René Gottschalk dokumentiert in einem gerade im „New England Journal of Medicine“ erschienenen Fachartikel die Erfahrungen mit den 126 vor knapp drei Wochen aus Wuhan ausgeflogenen Deutschen und deren Angehörigen.

Als entscheidend und möglicherweise folgenreich werten die Forscher zwei Aspekte: Wichtig sei einerseits der Befund, dass die beiden Personen, bei denen das Virus nachgewiesen wurde, nicht erkrankt waren und, wie Ciesek dem Tagesspiegel sagte, auch danach nicht erkrankten.

Zudem sei aktives, infektiöses Virenmaterial aus dem Rachenraum dieser Personen isoliert worden. Beides zusammen ist laut Ciesek der bisher deutlichste auf wissenschaftlichen Methoden basierende Hinweis darauf, dass auch symptomfreie, sich gesund fühlende Personen andere anstecken könnten.

Zwei äußerlich vollkommen gesunde Personen infiziert

Von den 126 Menschen hatten sechs typische Coronavirus-Symptome. Weitere zwei hatten nachweislich Kontakt mit einer erkrankten Person gehabt. Doch niemand von diesen wurde positiv auf das Virus getestet. Vielmehr ergaben die sicherheitshalber auch bei allen anderen vorgenommenen Rachenabstriche, dass zwei äußerlich und subjektiv vollkommen gesunde Personen infiziert waren.

Dazu kommt die Tatsache, dass ein solcher Rachenabstrich für den Nachweis reichte und nicht, wie bisher teilweise angenommen, Schleim aus den Tiefen der Bronchien nötig war. Auch dies spreche dafür, dass diese Personen, die dann in der Frankfurter Uniklinik isoliert wurden, auch andere hätten anstecken können.

Hintergrund über das Coronavirus:

„Mich hat es sehr überrascht, dass gerade die, die vorher als gesund identifiziert worden waren, sich als Träger herausstellten“, sagt Ciesek.

Die Befunde stützen Befürchtungen, dass die bislang implementierten Maßnahmen und Kriterien nicht ausreichen werden, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Denn möglicherweise sind infizierte – und infektiöse – Personen längst an alle möglichen Orte der Welt gereist und haben das Virus weitergegeben.

Dafür sprechen auch andere Beobachtungen, auch wenn diese nicht den Status expertengeprüfter und kontrollierter wissenschaftlicher Studien erfüllen.

„Weltweite Verbreitung des Virus vielleicht nicht aufzuhalten“

Der Frankfurter Gesundheitsamtsleiter René Gottschalk, Mitautor der aktuellen Studie und beim Robert-Koch-Institut führender Experte für hochpathogene Erreger, teilt die Annahme, dass unter anderem aus diesen Gründen die vielleicht weltweite Verbreitung des Virus nicht aufzuhalten ist. „Wir sind aus der bloßen Containment-Phase tatsächlich schon heraus, weil auch völlig symptomfreie Personen das Virus offenbar übertragen können.“

Als positives Zeichen sieht er die, seiner Meinung nach verlässlichen, sinkenden Raten von Neuinfektionen in China, die sicher auf die drakonischen Maßnahmen der Behörden zurückzuführen seien.

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Und man könne „von Glück sagen, dass die Erkrankung in der Regel milde verläuft“, so Gottschalk gegenüber dem Tagesspiegel. Eine andere aktuelle Studie zeigt, dass das Virus am ehesten alte und gesundheitlich angeschlagene Menschen schwer erkranken und auch versterben lässt.

„Ich bin nach wie vor zuversichtlich, dass wir das in den Griff bekommen, mit Maßnahmen des öffentlichen Gesundheitswesens“, sagt Gottschalk. Es sei aber absehbar, dass das Verhalten von Einzelpersonen von nun an eine zunehmende Rolle spielen müsse. Es gehe um soziale Verantwortung.

Das bedeute, dass Leute, bei denen es möglich sei, dass sie infiziert seien, von sich aus versuchten, Übertragungen auf andere zu vermeiden. „Und nicht umsonst predigen wir: Wascht euch die Hände. Regelmäßig.“ Umhüllte Viren wie Sars-CoV-2, die Erreger der Covid-19-Erkrankung, würden damit sehr effektiv inaktiviert.

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