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Die Lehre wird an den Hochschulen oft stiefmütterlich behandelt.

© Fredrik von Erichsen/dpa

Neue Organisation zur Hochschullehre: Macht euch bei der Lehre ehrlich!

Länder und Rektoren sollten ihre Distanz zur neuen Einrichtung für Hochschullehre aufgeben - und sich auf einen Kraftakt für die Lehre einlassen. Ein Kommentar.

Als Erstes muss jetzt mal ein griffiger Name her. „Organisationseinheit zur Innovation in der Hochschullehre“ ist auf Dauer ja kein Zustand.

Die Toepfer-Stiftung, die im Dezember den Zuschlag von Bund und Ländern bekommen hat, die Einrichtung aufzubauen, hatte schon in ihrem Antragskonzept einen Vorschlag gemacht. „Tertium“. Weil da etwas ganz Neues entstehe, etwas Drittes eben.

Nicht einfach eine DFG für die Lehre. Sondern ein strategisches Netzwerk, eine Plattform für den Austausch all jener, die Hochschullehre im 21. Jahrhundert neu denken wollen. Und um nebenbei dem ewigen Stiefkind Hochschullehre neben der Forschung eine neue Geltung zu verschaffen.

Die Länder hätten die 150 Millionen Euro lieber direkt gehabt

Große Ziele. Großer Erwartungsdruck. Doch so unaufdringlich, wie die Toepfer-Leute ihre Namensidee ins Gespräch bringen, so behutsam gehen sie auch sonst in die Gespräche mit der Hochschulszene. Die Stiftung hat Professoren, (Vize-)Rektoren, Studierende und Didaktikexperten aus dem ganzen Land zu mehreren Konferenzen – „Thinktanks“ – eingeladen, um erst mal möglichst viele Antworten auf die Frage zu sammeln, was die neue Organisation ausmachen soll, damit sie ein Erfolg wird.

Tatsächlich ist das auch die einzige Chance, die „Tertium“ (oder welcher Name es am Ende auch wird) hat: Vertrauen schaffen. Die Länder wollten die Einrichtung eigentlich nicht, die meisten Rektoren auch nicht. Sie hätten die 150 Millionen, die pro Jahr fließen sollen, lieber direkt gehabt.

Die neue Organisation als Verfügungsmasse?

Und die Begehrlichkeiten haben sich noch nicht erledigt. Viele Wissenschaftsminister sehen die neue Organisation immer noch als Verfügungsmasse. Ihr Ziel ist nicht, dass sie möglichst eigenständig wird, sondern dass von ihrem Geld möglichst viel in die Weiterfinanzierung bisheriger Projekte aus dem Qualitätspakt Lehre (QPL) fließt.

Genau das aber wäre der Kardinalfehler. So verständlich die Sorgen all der befristet an den Hochschulen Beschäftigten sind, so wenig eignet sich die neue Organisation, sie zu beseitigen. Die 150 Millionen wären im Nu aufgebraucht, und den Projekten wäre auch nicht wirklich geholfen, wenn sie noch ein paar Jahre Projekte blieben.

Ein Porträtbild von Jan-Martin Wiarda.
Unser Kolumnist Jan-Martin Wiarda. Auf seinem Blog www.jmwiarda.de kommentiert er aktuelle Ereignisse in Schulen und Hochschulen.

© Privat

[Der Autor ist Journalist für Bildung und lebt in Berlin. Auf seinem Blog www.jmwiarda.de kommentiert er aktuelle Ereignisse in Schulen und Hochschulen.]

Die einzige ehrliche Lösung lautet jetzt: auslaufen lassen oder, wenn sich die über den QPL finanzierten Neuerungen bewährt haben, in die Grundfinanzierung überführen. Genauso war es am Anfang des QPL gedacht, und unter anderem genau darum ermöglicht es der neue, anfangs 3,76 Milliarden Euro schwere Hochschulpakt ja auch, mit Bundesmitteln Dauerstellen zu schaffen.

Ein Kraftakt für die Wissenschaftsminister

Dieses Ehrlichmachen fordert allerdings von Wissenschaftsministern und Hochschulrektoren einen Kraftakt, weil sie eben auch werden eingestehen müssen, dass nicht alle QPL-Projekte so gezündet haben, dass sie bleiben werden. Und weil sie umgekehrt für jedes QPL-Projekt, das sie mit Zukunftsvertrag-Geld verstetigen, etwas anderes nicht werden umsetzen können.

Was jedenfalls auf keinen Fall passieren darf: dass jetzt seitens der Länder der Druck auf die Toepfer-Stiftung wächst, möglichst schnell irgendeine politisch gerade opportune Geldverteilungsmaschine auf die Beine zu stellen. Der Beteiligungsprozess, der da angelaufen ist, ist beispielhaft. Und er verdient die Zeit, die er braucht. Nur dann wird die Organisation, die Innovationen fördern soll, selbst innovativ.

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