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Studierende auf dem Weg in ein mit hellem Holz verkleidetes, zweistöckiges Gebäude.

© Stefan Mueller-Naumann

Neubau für Kleine Fächer der Freien Universität Berlin: Fertig ist die Holzlaube!

Hell und übersichtlich: Die neue „Holzlaube“ der Freien Universität ist ein architektonischer Glücksfall. Darin führt die FU auf dem Campus Dahlem ihre Kleinen Fächer zusammen. Ein Rundgang.

Manche sagen „Orchideenfächer“ und meinen es mal leicht spöttisch, mal die Tatsache würdigend, dass sich Universitäten mit den seltenen, oft traditionsreichen Lehrstühlen durchaus auch schmücken. Hochschulpolitisch korrekt werden sie „Kleine Fächer“ genannt, im Fall der FU Berlin zum Beispiel Lehr- und Forschungsfelder wie Turkologie oder Judaistik, Korea-Studien, Altorientalistik oder Islamwissenschaft. Sie waren im Dahlemer Universitätsquartier meist in älteren Villen untergebracht, ein Umstand, der aus verschiedenen Gründen nicht mehr als zeitgemäß erachtet wird. Kommunikation, Synergien, interdisziplinares Zusammenwirken sind Schlüsselbegriffe heutiger Hochschulpolitik.

So wurde die räumliche Zusammenführung von 14 Kleinen Fächern des Fachbereichs Geschichts- und Kulturwissenschaften beschlossen. Nur die Japanologie blieb in der Hittorfstraße. 2004 wurde ein Architektenwettbewerb für einen Neubau ausgeschrieben. Als Grundstück stand die „Obstwiese“ zur Verfügung, die unmittelbar nördlich an die als „Rostlaube“ und „Silberlaube“ bekannten FU-Gebäude an der Habelschwerdter Allee grenzt. Es war der Münchner Architekt Florian Nagler, der 2005 den Wettbewerb für sich entschied. Als einziger unter 25 Teilnehmern der zweiten Wettbewerbsstufe nahm er die städtebauliche und bautypologische Grundidee des Wettbewerbs für das gesamte Areal von 1962 auf und setzt die vorhandene zwei- bis dreigeschossige Bauweise mit innen liegenden Höfen fort.

Holzlaube - nach Bronze und Silber kam Gold nicht infrage

Damals war es das berühmte Pariser Büro Candilis Josic Woods, das mit dem 1967-72 realisierten Gebäudeteppich einen neuen Bautypus kreierte. Ein Gangsystem von „Längs- und Querstraßen“ erschließt matrixartig die ein- und zweigeschossigen Institutsgebäude, Seminare, Hörsäle und Innenhöfe. Die Orientierung fiel nicht leicht, doch wer mehrere Semester aus- und eingeht, wird sich bald zurechtfinden, so die Überlegung.

Der Name „Rostlaube“ hatte sich eingebürgert, weil die Fassaden aus rostendem Cortenstahl dem Bau ein unverwechselbares Gepräge gaben. Der Name blieb, wenngleich inzwischen nichts mehr rostet, denn die bautechnisch problematischen Fassaden wurden bei der Sanierung 2004 durch Bronzepaneele mit ähnlicher Optik ersetzt. Auch der zweite Bauabschnitt mit der Bibliothek der Erziehungswissenschaften, 1967-81vom Berliner Candilis-Partner Manfred Schiedhelm angefügt, rostet nicht. Die Aluminiumfassade brachte ihm den Namen „Silberlaube“ ein.

Und nun also die „Holzlaube“. Florian Nagler orientierte sich bei der Gliederung der Fassade am Bestand. Er übernahm die horizontale Schichtung und die vertikale Gliederung, wodurch sich bruchlose Anschlüsse an den Bestandbau wie von selbst ergeben. Für die Außenansicht suchte er neben Bronze und Aluminium nach einem dritten Material. Nach Bronze und Silber kam Gold dann doch nicht infrage, und so wählte er eine Holzverkleidung, die dem Zeitgeist und dem „nachhaltigen Bauen“ entspricht. Es handelt sich um kanadische Zeder, grau lasiert, um den ungleichmäßigen natürlichen Vergrauungsprozess auszugleichen.

Das Haus der Kleinen Fächer ist hell und übersichtlich

Was die innere Struktur des Gebäudes betrifft, „strickte“ er den Candilis-Teppich einfach weiter. Etwas stringenter zwar, nicht ganz so labyrinthisch und deshalb übersichtlicher, und vor allem dichter. Die neuen Innenhöfe sind eingetieft, sodass die Gebäude in der Regel drei Geschosse aufweisen. Die straffere Erschließung spart Kosten und lässt den östlichen Teil des Grundstücks frei – für einen weiteren Bauabschnitt, der sicherlich mittelfristig kommen wird.

Großzügiger und heller sind die Räume als die älteren Bauteile, und weniger bunt, denn außer dem hellen Estrich, blau- und grüngrauen Teppichböden und weißen Wänden gibt es lediglich hellgrüne Türen als Farbeffekte. Den „Straßen“ hat er „Plätze“ zugeordnet, Verweilbereiche, an denen man sich treffen kann. Zusätzlich gibt es Dachterrassen und vom Berliner Landschaftsarchitekturbüro Häfner Jimenez gestaltete begrünte Innenhöfe.

Bestandteil des Neubauprojekts ist auch eine neue Bibliothek, die bei der Neuordnung der Institute eine bedeutende Rolle spielt. Sie hat ihren Standort unmittelbar neben der existierenden Bibliothek der Erziehungswissenschaften, die parallel zu den Neubaumaßnahmen geräumt, umfassend saniert und nun gemeinsam mit dem Neubau wieder eröffnet wurde.

Die gemeinsame Bibliothek bedeutet auch einen Verlust an Autonomie

Entstanden ist eine völlig neu organisierte Campusbibliothek, in der eine Vielzahl von ehemals dezentralen Institutsbibliotheken zusammengefasst ist. Mit der neuen Aufstellung kam die in vielen Jahren der Vorbereitung an den Teilbibliotheken erarbeitete gemeinsame Systematik nach der „Regensburger Verbundklassifikation“ zur Anwendung. Damit endete auch die Autonomie der Erziehungswissenschaftlichen Bibliothek sowie der 24 ehemals separaten Instituts-, Bereichs- und Fachbereichsbibliotheken zugunsten einer neuen, integrierten Aufstellung der etwa eine Million Medien (davon zwei Drittel in Freihandaufstellung).

Der Verlust an Autonomie hat bei den Instituten naturgemäß nicht ungeteilte Zustimmung gefunden. Die Entwicklung des modernen Wissenschaftsbetriebs lässt sich diesbezüglich freilich nicht aufhalten. Auf der Habenseite stehen für die Bibliotheksbenutzer die Synergieeffekte und angenehme Arbeitsbedingungen. Es gibt 688 Einzelarbeitsplätze und neben der optimalen WLAN-Versorgung nach wie vor ein leitungsgestütztes LAN für leistungsfähige und störungsfreie elektronische Kommunikation. Hinzu kommen die notwendigen Gruppenarbeitsräume, Leseplätze für Überformate sowie ein Mutter-Kind-Raum.

Auch der nächste Bauabschnitt im Geist der FU-Lauben?

Die neue Bibliothek mit der dreigeschossigen Oberlichthalle bietet sicher kein besonderes Raumerlebnis wie der kathedralhafte Bau von Manfred Schiedhelm oder der spektakuläre, blasenförmige, 2004/05 von Sir Norman Forster in einen Innenhof der „Rostlaube“ gesetzte Bau der Philologischen Bibliothek. Dennoch hat sich die Auswahl eines Architektenentwurfs, der die Struktur des charakteristischen und weithin bekannten FU-Gebäudes fortführt und weiterentwickelt, insgesamt als Glücksfall erwiesen. Man wünschte sich, dass der nächste Bauabschnitt, der das Candilis-Projekt dereinst vollenden wird, im selben Geist realisiert werden könnte. Doch das ist noch Zukunftsmusik.

Unterdessen hat der Wissenschaftsrat ein weiteres Bauvorhaben der FU zur Förderung empfohlen – einen mit 37,6 Millionen Euro veranschlagten Laborbau im Bereich der Biologie, Chemie, Pharmazie und Physik.

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