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Chirurgen bei der Arbeit am Deutschen Herzzentrums Berlin.

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Neubau für 200 Millionen Euro: Neues Herzzentrum in Berlin

In Berlin-Wedding entsteht ein „Universitäres Herzzentrum“, dafür fusionieren das traditionsreiche DHZB und die riesige Charité. In anderen Kliniken ärgern sich einige Ärzte.

Gesundheitspolitisch ist es der wohl letzte Akt des amtierenden Berliner Senats. An diesem Dienstag wollen die Vertreter von SPD und CDU im Roten Rathaus beschließen, ab 2018 ein neues „Universitäres Herzzentrum“ zu errichten. Der gemeinsame Plan der Senatsverwaltungen für Gesundheit und Wissenschaft sieht vor, entsprechende Stationen der Charité mit dem Deutschen Herzzentrum Berlin (DHZB) zusammenzulegen – ein Vorhaben, das in beiden Einrichtungen nicht nur Befürworter hatte und in anderen Krankenhäuser sogar offen Widerspruch provozierte.

Wie fast immer, wenn Fusionen anstehen, befürchteten einige, Personal werde gestrichen, und andere, ein Monopol werde entstehen. Vor dem Senatstreffen sagte Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU), die „Zusammenführung von stationärer Versorgung mit Forschung und Lehre in einem Zentrum wird den Ruf der leistungsfähigen und beispielgebenden Berliner Herzmedizin“ festigen. Insbesondere Czaja hatte sich für das Herzmonopol eingesetzt – gerade was die Chirurgie betrifft. Davon profitiere auch das bislang autonome DHZB, etwa durch einen hochmodernen Neubau, der mit Landeshilfe errichtet werde.

Das neue Zentrum entsteht auf dem Gelände des alten, also am DHZB in Wedding – direkt am Charité-Virchow-Klinikum in Wedding. Die Arbeiten sollen insgesamt 200 Millionen Euro kosten und 2018 starten. Sie werden alles in allem wohl vier, fünf Jahre dauern. Chef des neuen Zentrums dürfte Volkmar Falk bleiben. Er war 2014 aus Zürich ans DHZB gekommen, das zuvor jahrzehntelang von Roland Hetzer geprägt wurde.

„Diesen Riesenschritt hätte vor ein paar Jahren kaum einer für möglich gehalten“, sagte Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD). „Sowohl für die Forschungsleistungen als auch für die Versorgung der Patienten wird das einen Schub geben. International werden wir noch konkurrenzfähiger.“

Schub für Forschung und Lehre - die Berliner Herzspezialisten sollen auf dem Virchow-Campus konzentriert werden.
Schub für Forschung und Lehre - die Berliner Herzspezialisten sollen auf dem Virchow-Campus konzentriert werden.

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Nicht geklärt ist, welche Rechtsform die Einrichtung bekommt. Die Charité ist eine landeseigene, öffentlich-rechtliche Universitätsklinik, das DHZB eine gemeinnützige Stiftung. Der Senat plant dennoch schon seit ein, zwei Jahren mit dem neuen Zentrum: Im aktuellen Krankenhausplan des Landes ist seit Monaten festgeschrieben, dass die Herzchirurgie in Wedding gebündelt wird. Andere Kliniken sollen keine eigenen Herzchirurgien betreiben. Dies gilt zumindest dann, wenn diese Kliniken vom Landeskrankenhausplan erfasst werden wollen. Diese sogenannten Plankrankenhäuser sind Kliniken, die für die Landesversorgung als notwendig gelten und deshalb öffentliche Gelder erhalten. Der Senatsbeschluss ärgert folglich Manager anderer Krankenhäuser – schon weil Herz-Eingriffe vergleichsweise lukrativ sind. Dazu kommt das fachliche Prestige.

Hintergrund des finanziellen Aspektes sind die Fallpauschalen. Die Krankenkassen zahlen seit 2004 für jede Diagnose eine Pauschale, zunächst unabhängig davon, wie aufwendig die Behandlung bei einem bestimmten Patienten tatsächlich war. Deshalb versuchen Krankenhäuser vor allem Patienten zu behandeln, die teure Therapien brauchen. Verläuft eine Herz-OP für mehrere tausend Euro optimal, kann nach Abzug aller Material- und Personalkosten Geld übrig bleiben. Bei Bagatellen, wie sie in jeder Rettungsstelle behandelt werden, zahlen die Kliniken drauf.

Besonders wütend war man auf Senator Czaja lange in den ebenfalls landeseigenen Vivantes-Kliniken. Der Vivantes-Spitze war durch den Senat untersagt worden, eine eigene Herzchirurgie zu betreiben. Vivantes-intern befürchteten einige Umsatzeinbußen von bis zu 25 Millionen Euro im Jahr. Dabei geht es nicht nur um Herzoperationen, sondern auch um Tavi-Behandlungen durch Kardiologen, die aus Sicherheitsgründen ab diesem Jahr nur noch dort stattfinden dürfen, wo es eine Herzchirurgie gibt. Vorausgegangen war dem ein Beschluss des zuständigen Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) aus Krankenversicherungen, Kliniken und Kassenärzten. Tavis heißen Eingriffe, bei denen altersschwache Herzklappen durch zusammengefaltete Kunstklappen ersetzt werden, die in einem durch die Blutbahnen geführten Katheterschlauch zum Herz geschoben werden – ohne OP. Dafür erhält eine Klinik im Schnitt 30 000 Euro. Immerhin, in der Vorlage für Dienstag heißt es: Der Senat bitte Charité und DHZB zu prüfen, wie bestehende Kooperationen mit Vivantes weiterentwickelt werden könnten.

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