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Immer wieder was Neues - auch wenn es ganz alt ist. Der noch nie zuvor so gesehene Spinosaurus lockte 2016 Besucher ins Naturkundemuseum.

© Carola Radke/Museum für Naturkunde in Berlin

Naturkundemuseum Berlin: Aus alt mach neu: Das Museum als Erkenntnisort

Mehr als große Dino-Show: Warum 660 Millionen Euro im Berliner Naturkundemuseum gut investiert sind. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Nowakowski

Schon atemberaubend, wie das bis vor Kurzem noch klamme Berlin gerade das Geld raushaut. Als gäbe es kein Morgen. Eben mal drei Milliarden Euro für neue Züge, um das Monopol der Bahn mit ihrer ausfallträchtigen S-Bahn zu brechen. Oder hunderte Millionen für die Ansiedlung des Siemens-Innovationscampus. Mehrere Milliarden für Schulneubauten kommen auch noch hinzu. Und nun will Berlins Senat noch 330 Millionen Euro für die Rundum-Erneuerung und Erweiterung des Naturkundemuseums bereitstellen. Da kann ein verantwortlich denkender Finanzsenator wie Berlins Kassenwart Matthias Kollatz durchaus Schluckauf bekommen, zumal ja auch noch die öffentlich Bediensteten mehr Geld erhalten sollen. Was passiert, wenn es mal nicht mehr so gut läuft mit den Steuern? Immerhin hat der Sachverständigenrat der Bundesregierung die Wachstumsprognose nach unten korrigiert.

Dennoch spricht alles für die massive Investition in das Museum für Naturkunde, das jetzt schon zu den besucherstärksten Museen Berlins gehört. Mit der Berliner Zusage verbunden ist schließlich, dass von der Bundesregierung weitere 330 Millionen Euro bereitgestellt werden. Überfällig ist die Sanierung seit Langem. 70 Prozent der Sammlungen können der Öffentlichkeit nicht gezeigt werden. Etliche Bereiche des Museums sind seit 1945 unrenoviert, es fehlen zeitgemäße Raumtechnik wie ein modernes Feuerschutzsystem. Wird jetzt nicht investiert, könnten weltweit einmalige Sammlungen verloren gehen, weil sie unter den jetzigen Bedingungen vermodern und zerfallen.

Dabei geht es aber nicht nur darum, den Besuchern Saurierskelette und fremde Spezies spektakulärer als bislang zu präsentieren – auch wenn das als Touristenattraktion von Vorteil ist. Wichtiger ist, den wissenschaftlichen Schatz neu zu entdecken und zu nutzen. Es geht nicht um einen Haufen alter Knochen und staubige Mineralien. Längst wird unterm Dach des Museums modernste Forschung betrieben, und neue Erkenntnisse für die wissenschaftliche Zukunft werden erarbeitet. Das Museum kann mit dem Geld gestärkt zum Wissenschaftscampus mit weltweiter Ausstrahlung werden, eng vernetzt mit der Humboldt-Universität.

Damit hört es nicht auf. Die Erforschung der in über 200 Jahren gesammelten Schätze, zu der auch Alexander von Humboldt beitrug, ist nicht zu trennen von der heutigen Herausforderung, die Artenvielfalt zu erhalten. Das schlägt den Bogen zum Humboldt-Forum auf der Museumsinsel. Was im wiederaufgebauten Schloss gezeigt wird, fragt auch nach der Verantwortung der Menschheit für die Bewahrung des gemeinsamen Erbes. Die 660 Millionen Euro für das Museum für Naturkunde, die innerhalb von zehn Jahren fließen sollen, sind deshalb gut angelegtes Geld. Für die ganze Stadt, vor allem für den konsequenten Weg, den Wissenschaftsstandort Berlin auszubauen. Die Evolution, dass wusste schon Darwin, ist nicht immer nur langsam, sondern macht zuweilen Sprünge. Die Investition für das Naturkundemuseum kann ein solcher Sprung sein.

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