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Ein Regenschauer ist noch kein Extremwetter, aber heute geborene Kinder müssen in Zukunft auch häufiger mit Überschwemmungen rechnen.

© Friso Gentsch/dpa

Nachlässiger Klimaschutz: Das Klimaerbe heutiger Großeltern für ihre Enkel

Extreme Klimaereignisse wie Dürren, Hitzewellen und ihre Folgen nehmen zu. Ein Modellvergleich zeigt, was heute geborene Kinder zu erwarten haben.

„Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut“, lautet ein Vorwurf an ältere Generationen, den junge Menschen auf Demonstrationen für Klimaschutz skandieren. Ein Vergleich von Projektionen von Klimamodellen, die die künftige klimatische Entwicklung abbilden, zeigt, dass der Vorwurf berechtigt ist.

Zumindest eine Zukunft ohne häufigere klimatische Extremereignisse wird derzeit verbaut. Bleibt es bei den bislang international gemachten Zusagen zum Klimaschutz, werden heute geborene Kinder zwei- bis siebenmal mehr Klimaextremen ausgesetzt sein als ihre Großeltern.

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Klimatische Extremereignisse werden häufiger und stärker

„Unsere Ergebnisse weisen auf eine ernsthafte Bedrohung für die Sicherheit junger Generationen hin“, schreibt das internationale Autorenteam in einem Beitrag in der Fachzeitschrift „Science“. Um ihre Zukunft zu sichern, seien drastische Emissionsreduzierungen erforderlich.

Ein Kind, das im Jahr 2021 geboren wird, wird im Laufe seines Lebens durchschnittlich doppelt so viele Waldbrände, zwei- bis dreimal so viele Dürren, fast dreimal so viele Flussüberschwemmungen und Ernteausfälle sowie siebenmal mehr Hitzewellen erleben als eine Person, die heute 60 Jahre alt ist.

Dies gilt für ein Szenario, das von den derzeitigen Zusagen der Regierungen weltweit zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen ausgeht. Die angekündigten Reduzierungen reichen nicht aus, um den Anstieg der globalen Mitteltemperatur entscheidend zu bremsen. Klimatische Extremereignisse werden bei der fortschreitenden Erwärmung häufiger auftreten, stärker ausfallen, länger anhalten und größere Gebiete betreffen.

„Wir haben leider gute Gründe für die Annahme, dass unsere Berechnungen den tatsächlichen Anstieg, dem junge Menschen ausgesetzt sein werden, sogar noch unterschätzen“, sagt der Hauptautor Wim Thiery von der Vrije Universiteit in Brüssel. In Bezug auf Dürren, Hitzewellen, Flussüberschwemmungen und Ernteausfälle werden Menschen, die heute unter 40 Jahre alt sind, ein Leben führen, das die Forscher als „beispiellos“ bezeichnen.

Das Risiko kann reduziert werden

„Wir können unseren Kindern einen Großteil der Klimalast von den Schultern nehmen, wenn wir die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzen“, wird Mitautorin Katja Frieler vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) in einer Mitteilung des Instituts zitiert. Dazu müsse die Gesellschaft aus der Nutzung fossiler Brennstoffe aussteigen.

Frieler koordiniert das vom PIK initiierte Projekt ISIMIP, das die Projektionen liefert. Das internationale Modellierungsvorhaben schätzt ab, welche Folgen unterschiedliche klimatische Entwicklungen global und sektorenübergreifend haben werden. Der Vergleich der Ergebnisse unterschiedlicher Modellierungsteams erlaubt besonders robuste Aussagen.

Würden die Minderungsziele darauf ausgerichtet, den Temperaturanstieg unter 1,5 Grad Celsius zu halten, würde auch das Risiko von Extremereignissen reduziert. „Dann werden wir die potenzielle Gefährdung der jungen Menschen durch Extremereignisse im Laufe ihres Lebens weltweit um durchschnittlich 24 Prozent verringern“, berichtet Frieler. Für Nordamerika sind es minus 26 Prozent, für Europa und Zentralasien minus 28 Prozent, und im Nahen Osten und Nordafrika sogar minus 39 Prozent. „Das ist eine riesige Chance“, sagt Frieler.

Dennoch: selbst dann wären junge Generationen einem noch nie dagewesenen Risiko von Extremereignissen ausgesetzt, schließen die Autoren. Die Analyse zur Klimaungerechtigkeit zwischen Generationen ist die erste ihrer Art. Um die altersabhängige Gefährdung durch Extremereignisse zu bewerten, kombinierten die Forschenden die Klimaprojektionen mit länderspezifischen Daten zur Lebenserwartung und Bevölkerungsdaten.

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