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in Kind benutzt ein Smartphone und geht über das Internet auf die Youtube-Seite.

© imago images / Thomas Eisenhuth

Nachhilfe mit Youtube: Online-Tutorials für Kids, die es wissen wollen

Mit Youtube verstehen, was im Unterricht unklar bleibt? Kein Problem, sagen Pädagogen. Hauptsache, die Qualität stimmt und die Werbung wird kontrolliert.

Youtube ist für Jugendliche bei weitem nicht nur ein Unterhaltungsportal. Fast jeder zweite Nutzer im Alter von 12 bis 19 Jahren (47 Prozent) sagt, die Clips seien wichtig oder sogar sehr wichtig für die Schule. Die meisten nutzen die Plattform für Hausaufgaben, oder um sich Dinge erklären zu lassen, die sie im Unterricht nicht verstanden haben. Dass Erklärvideos eine große Rolle bei der selbstorganisierten Nachhilfe spielen, ist bekannt. Die aktuellen Zahlen dazu liefert jetzt eine Umfrage unter gut 800 Schülerinnen und Schülern im Auftrag des Rats für Kulturelle Bildung. Dem von verschiedenen Stiftungen finanzierten Beratungsgremium gehört neben der Deutschen Bank und Mercator auch Bertelsmann an, ein Medienkonzern, der unter anderem Bildungsmedien produziert und vermarktet.

Der Umfrage zufolge wünscht sich mehr als die Hälfte von der Schule mehr Unterstützung beim Erstellen eigener Clips. Und es zeigt sich, dass Jugendliche durchaus gezielt bei der Suche nach einem Thema vorgehen – das sagen 53 Prozent. Bei der Auswahl von Videos greifen sie zu 91 Prozent auf Empfehlungen von Freunden zurück, zu 65 Prozent auf Influencer, zu 44 Prozent auf Tipps der Familie. Empfehlungen der Lehrkräfte folgen 30 Prozent.

HU-Didaktiker Jurik Stiller warnt vor Werbung

Was sagen Pädagogen zu den Befunden? Aus didaktischer Sicht gebe es „keinen Zielkonflikt“ im Kontext digitaler Bildung Erklärvideos einzusetzen oder Lernende zu deren Nutzung anzuregen, sagt Jurik Stiller, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Didaktik des Sachunterrichts an der Humboldt-Universität (HU). Warum sollten Schülerinnen und Schüler für das, was im Unterricht unklar geblieben ist oder was sie nachbereiten wollen, nicht auf leicht verständliche Kurzfilme zurückgreifen? Die Welt der Kinder und Jugendlichen sei ohnehin „stark digital durchdrungen“. Da seien die Erklärvideos ein naheliegendes Medium – und in aller Regel auch fachlich solide gemacht.

Allerdings würden die Filmsequenzen auf Youtube häufig von Werbeeinblendungen umrahmt, häufig komme es auch zur direkten Produkt-Platzierung in den Filmen – von kommerziellen Anbietern und von scheinbar unabhängigen Influencern. Da seien die Akteurinnen und Akteure der Medienbildung in der Schule und darüber hinaus gefordert, Schülerinnen und Schüler zu sensibilisieren, sagt Stiller.

Auch Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, weist darauf hin, dass in der Schule kritisch thematisiert werden müsse, wie die Geschäftsmodelle der Influencer mit den vielen Abonnenten eigentlich funktionieren. Es handele sich schließlich um „werbefinanzierte Ausspielformen“.

Was fehlt, sind unabhängige Listen mit Empfehlungen

In der Ausbildung von Lehrkräften sind digitale Bildung und Medienkritik bislang aber kein Pflichtstoff, kritisiert Didaktiker Stiller. Wünschenswert wäre es, dass Lehramtsstudierende lernen, digitale Inhalte, darunter auch Erklärvideos, in die Unterrichtsvor- und Nachbereitung aktiv einzubeziehen. Idealerweise sollten Lehrkräfte geeignete Videos empfehlen können. Sie vorher zu sichten – oder womöglich selber zu produzieren – sei aber zeitlich kaum machbar. Stiller vermisst gut gepflegte Empfehlungslisten für didaktische Materialien, zum Beispiel auf den Seiten der Landesinstitute für Schule oder Medien. (Fünf aktuelle Porträts und Tagesspiegel-Empfehlungen erfolgreicher Kanäle finden Sie hier.)

In naturwissenschaftlichen Studienanteilen der Grundschullehrkräfte an der HU sind die Erklärvideos indes schon angekommen. Er setze Filme für die Abiturvorbereitung bei seinen Studierenden ein, um deren Fachwissen für den Sachunterricht aufzufrischen, sagt Stiller.

Stellt es die Kompetenz der Lehrkräfte infrage, wenn sich Schüler den Stoff lieber vom Online-Tutor erklären lassen? Nein, sagt Heinz-Peter Meidinger, Vorsitzender des deutschen Lehrerverbands. Früher hätten sich Schüler von Klassenkameraden oder Eltern Dinge, die sie nicht verstanden haben, erklären lassen. „Und da kommen eben jetzt als neues Element die Erklärvideos dazu.“ Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) rät zu einer gesunden Skepsis bei der Nutzung der Clips. Wer damit arbeite, müsse hinterfragen, ob die Informationen in den Videos zutreffend sind. Nicht umsonst sei mehr Medienbildung für Lehrkräfte ein Ziel des Digitalpakts für die Schule. (mit dpa)

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