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Proben von Infizierten werden auf Antikörper gegen das Coronavirus getestet.

© Sven Hoppe/dpa

Nach Neuerkrankungs-Fällen in Südkorea: Ist man wirklich immun nach einer Corona-Ansteckung? Die WHO bezweifelt das

Die Weltgesundheitsorganisation ist sich nicht sicher, ob Antikörper tatsächlich eine erneute Coronavirus-Infektion verhindern. Was sagen andere Experten?

Meldungen aus Asien hatten in den vergangenen Tagen Aufsehen erregt: Bereits geheilte Patienten sollen erneut positiv auf das Coronavirus getestet worden sein. In Südkorea war nach Behördenangaben bei 91 von einer Coronavirus-Infektion genesenen Menschen die Krankheit Covid-19 erneut ausgebrochen sein. Der Direktor des Koreanischen Zentrums für Krankheitsbekämpfung KCDC, Joeng Eun-kyeong, hatte erklärte, es sei eher wahrscheinlich, dass das Virus „reaktiviert“ worden sei.

Ist es also möglich, dass diese Menschen doch nicht immun waren? Kann man sich zweimal mit dem Virus anstecken?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) kann nicht mit Sicherheit sagen, ob das Vorhandensein von Antikörpern einen vollständigen Schutz gegen eine zweite Erkrankung verleiht. „Wir wissen es nicht“, sagt WHO-Nothilfedirektor Mike Ryan, der den weltweiten Kampf gegen das Virus steuert. „Wir können unsere Schlüsse nur aus unseren Erkenntnissen über andere Coronaviren ziehen, und selbst bei ihnen sind unsere Daten begrenzt.“

Frühe Untersuchungen deuteten darauf hin, dass nur ein geringer Teil der Bevölkerung solche Antikörper aufweise, sagte Mike Ryan. Dies spreche auch gegen die Ausbildung einer sogenannten Herdenimmunität. Daher werde diese „vielleicht nicht das Problem der Regierungen lösen“. Bei einer Herdenimmunität ist ein so großer Teil der Bevölkerung gegen eine Krankheit immun, dass der entsprechende Erreger sich kaum ausbreiten kann.

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Epidemiologen hoffen aber, dass ein infizierter Patient nach seiner Genesung zumindest für einige Monate immun ist. „Immun zu sein bedeutet, dass der Körper eine Abwehrreaktion gegen ein Virus entwickelt hat. Und weil diese Immunreaktion ein 'Gedächtnis' hat, heißt das, dass sie auch später eine Infizierung mit demselben Virus verhindert“, erläutert der Immunologe Eric Vivier von der Uniklinik in Marseille.

Im Allgemeinen dauert es bei RNA-Viren, zu denen neben den neueren Grippe-Erregern auch das Sars-CoV-2 zählt, rund drei Wochen bis zur Bildung von genügend schützenden Antikörpern, sagt Vivier. Erfahrungsgemäß hält dieser Schutz dann mehrere Monate.

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Als während der Sars-Epidemie vom November 2003 bis Sommer 2003 weltweit fast 800 Menschen starben, waren die Patienten nach ihrer Genesung „im Durchschnitt zwei bis drei Jahre geschützt“, erläutert der Experte François Balloux vom Londoner University College. „Man kann sich also wieder anstecken, die Frage ist jedoch: nach welcher Zeit?“ Er fügt hinzu: „Das werden wir erst hinterher wissen.“

Eine aktuelle chinesische Studie mit Rhesusaffen macht Hoffnung: Demnach zeigten sich die mit dem Virus infizierten Tiere einige Wochen nach ihrer Genesung resistent. Nach den Worten von Frédéric Tangyn vom Pariser Forschungszentrum Institut Pasteur sagt die Studie aber noch nichts über den Zeitraum einer Immunität aus – denn sie habe nur einen Monat gedauert.

Hintergründe zum Coronavirus:

Den Berichten aus Asien, wonach sich Coronavirus-Patienten ein zweites Mal ansteckten, begegnen viele Experten allerdings mit Skepsis. Sie halten es für eher unwahrscheinlich, dass es sich tatsächlich um eine erneute Ansteckung handelt.

Balloux zufolge könnte das Virus bei manchen Menschen chronisch werden wie etwa der Herpes-Erreger. Oder die negativen Testergebnisse seien fehlerhaft gewesen, und in Wirklichkeit seien die Patienten das Virus nie losgeworden: „Das würde darauf hindeuten, dass die Menschen über längere Zeit, mehrere Wochen, ansteckend bleiben“, sagt er. „Das wäre nicht gerade ideal.“

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Eine Anfang April veröffentlichte Studie mit 175 geheilten Patienten aus Shanghai zeigt, dass die meisten von ihnen zwischen zehn und 15 Tagen nach Ausbruch der von dem Virus verursachten Lungenkrankheit Covid-19 Antikörper in unterschiedlicher Konzentration entwickelt hatten. Ob aber allein „das Vorhandensein von Antikörpern mit Immunität gleichgesetzt werden kann, ist eine andere Frage“, warnt die US-Expertin bei der WHO, Maria Van Kerkhove.

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„Wir fragen uns, ob jemand, der Covid-19 hatte, wirklich so sehr geschützt ist“, sagt auch der Virologe Jean-François Delfraissy, der die französische Regierung berät. Schlimmer noch: Dem Pasteur-Forscher Tangy zufolge könnten die Antikörper die Krankheit sogar noch verschärfen. Er verweist darauf, dass die schlimmsten Covid-19-Symptome erst auftreten, wenn ein Patient bereits Antikörper entwickelt hat.

Zudem ist unklar, wer wirksamere Antikörper entwickelt – die am stärksten oder die am wenigsten betroffenen Patienten, die Älteren oder die Jungen? Für den australischen Epidemiologen Archie Clements steht nur eines fest: „Die einzige wirkliche Lösung ist ein Impfstoff.“ (AFP/Reuters)

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