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Die Freie Universität.

© imago images/Jürgen Ritter

Nach geheimem Wahlmanöver: Missbilligung und Misstrauensvotum gegen FU-Kanzlerin

Der Akademische Senat missbilligt das geheime Wahlmanöver der Kanzlerin der Freien Universität. Eine knappe Mehrheit entzieht ihr das Vertrauen.

Der Akademische Senat (AS) der Freien Universität „missbilligt“ das Wahlmanöver von Kanzlerin Andrea Bör, hinter dem Rücken der Unigremien Headhunter zu beauftragen, um Gegenkandidaten zum Präsidenten Günter M. Ziegler zu suchen. Und eine knappe Mehrheit der AS-Mitglieder hat Bör sogar ihr Misstrauen ausgesprochen. Das ist das Ergebnis der Sitzung des AS vom Mittwochnachmittag.

Beides machte der Asta der FU auf Twitter öffentlich. Teile des Vertragsinhalts mit dem Personaldienstleister würden die Beteiligungsrechte des Akademischen Senates „missachten“, das Gremium „missbilligt das Vorgehen“, heißt es in dem Beschluss, der mit 24 Ja-Stimmen angenommen wurde, also einer großen Mehrheit der Mitglieder.

Größte Professorengruppe trägt Misstrauen nicht mit

Zusätzlich gaben laut der Tweets des FU-Asta die Gruppen der wissenschaftlichen Mitarbeitenden, der sonstigen Mitarbeitenden, der Studierenden sowie die eher linke Professorenliste „Dienstagskreis“ eine Protokollnotiz ab, in der sie Bör das Misstrauen aussprachen. Die Protokollnotizen sollen dem Vernehmen nach dabei unterschiedlich formuliert gewesen sein. Von den 25 gewählten AS-Mitgliedern umfasst diese Koalition 15 Mitglieder, also eine knappe Mehrheit.

Interessant: Die größte Professorengruppe „Vereinte Mitte“, die auch den Präsidenten stellt, schloss sich dem Misstrauensvotum demnach nicht an.

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Offiziell kommunizierte die FU die Missbilligung noch nicht. Die Debatte über den geheimen Auftrag an die Personalagentur, der die FU seit Wochen beschäftigt und in eine tiefe Krise gestürzt hat, fand in großen Teilen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Vor der Aussprache hatte die Pharmazie-Professorin Maria Kristina Parr einen kurzen Bericht einer Arbeitsgruppe des AS zur Auftragsvergabe an die Headhunter öffentlich vorgestellt. Auch in Parrs Ausführungen fanden sich teils scharfe Formulierungen. Das „Vertrauen auf respektvolle Zusammenarbeit“ sei „durch das Verhalten einzelner Hochschulmitglieder nachhaltig erschüttert“, sagte Parr, ohne Bör dabei namentlich zu erwähnen: „Eine friedvolle Zusammenarbeit scheint derzeit schwierig bis unmöglich.“

Das Verhältnis zwischen Kanzlerin und Präsident ist zerrüttet

Die Krise an der FU entzündet sich an dem zerrütteten Verhältnis zwischen Kanzlerin Bör, die für Haushalt und Verwaltung zuständig ist, und Präsident Ziegler. Bör hatte wie berichtet heimlich einen Personaldienstleiter beauftragt, um für die anstehende Präsidentenwahl Gegenkandidaten zu Präsident Ziegler zu finden – ohne dass die Unigremien das zuvor durch einen Beschluss legitimiert hatten.

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Der Bericht Parrs machte deutlich, dass Bör sogar ausdrücklich gewarnt wurde, ohne Zustimmung der Gremien die Headhunter zu beauftragen. Bör habe nämlich im August zwar im Präsidium den Vorschlag gemacht, Personaldienstleister einzubeziehen. Zwei Vizepräsidenten hätten daraufhin erklärt, für eine Änderung des Wahlverfahrens müssten sowohl das Kuratorium – also das Aufsichtsgremium der Uni – als auch der Akademische Senat einbezogen werden.

FU-Kanzlerin Andrea Bör.
FU-Kanzlerin Andrea Bör.

© Bernd Wannenmacher/promo

Das geschah nicht. Dennoch nahmen die Dinge ihren Lauf. Am 22. September wurde das Angebot des externen Personaldienstleisters abgegeben, in dem sich auf eine mündliche Besprechung mit der Kanzlerin kurz zuvor berufen wird. Am 24. September wurde der Auftrag erteilt, der dann Mitte Oktober wieder aufgelöst wurde.

Ein mittleres fünfstelliges Honorar war für die Personalagentur vorgesehen

„Die Einbindung des Akademischen Senats war in dem Angebot nicht vorgesehen“, stellte Parr ausdrücklich klar. Im Gegenteil verweise die Dokumentation „auf die Erfordernis der Geheimhaltung“. Als offene Frage bleibe, warum die Kanzlerin – die für das Wahlverfahren an der FU gar keine Zuständigkeit habe – Ansprechpartner für das Projekt gewesen sei. Warum habe die Kanzlerin das Angebot dann überhaupt angenommen, welche Dienstleitungen habe die Agentur bereits erbracht, aus welchem Haushaltstitel wurde die Rechnung beglichen?

Wie berichtet, war ein mittleres fünfstelliges Honorar für die Personalagentur vorgesehen, wovon tausende Euro bereits bezahlt sind. Über die Höhe des Honorars sprach Parr allerdings nicht. Sie forderte abschließend eine „Überarbeitung“ der Governancestrukturen der FU. Das Ende ihres Vortrages wurde von mehreren Gremienmitgliedern mit ausdrücklichem Applaus unterstrichen.

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