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Ein Mann in New York lässt sich in einer ambulanten Klinik in Montreal gegen Affenpocken impfen.

© Graham Hughes/The Canadian Press via AP/dpa

Update

Nach Ausrufung des Notstands: EU-Kommission genehmigt Impfstoff gegen Affenpocken

Ein bereits vorhandener Impfstoff gegen Menschenpocken soll nun auch gegen Affenpocken eingesetzt werden. Nach der EMA stimme nun die EU-Kommission zu.

Die EU-Kommission hat den Impfstoff Imvanex gegen Affenpocken zugelassen. Wie ein Sprecher der EU-Kommission bestätigte, folgte die Behörde am Montag einer Empfehlung der Europäischen Arzneimittelbehörde und genehmigte das Präparat des Unternehmens Bavarian Nordic zum Schutz von Erwachsenen gegen die Affenpocken. Zuvor hatte Bavarian Nordic die Entscheidung öffentlich gemacht.

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Bislang war der Impfstoff auf EU-Ebene nur zum Schutz von Erwachsenen gegen Menschenpocken zugelassen. Deutschland und einige andere Länder hatten jedoch bereits nationale Ausnahmeregelungen für den Einsatz gegen Affenpocken gewährt.

Die aktuelle Entscheidung gilt nun für alle 27 EU-Staaten sowie für Island, Liechtenstein und Norwegen. Bereits am Freitag hatte sich die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) in Den Haag dafür ausgesprochen, die Zulassung auf Affenpocken auszuweiten. In der Regel folgt die EU-Kommission diesen Entscheidungen.

Hautsymptome eines Affenpocken-Patienten.
Hautsymptome eines Affenpocken-Patienten.

© dpa

Die EU hatte zuletzt bereits zwei Verträge über insgesamt 163 620 Dosen des Impfstoffs von Bavarian Nordic abgeschlossen. In den USA ist das Präparat unter dem Namen Jynneos zugelassen.

Eine Impfung gegen Affenpocken empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) in Deutschland für bestimmte Risikogruppen und Menschen, die engen Kontakt zu Infizierten hatten. Ein erhöhtes Infektionsrisiko sieht sie bei Männern, die gleichgeschlechtliche sexuelle Kontakte mit wechselnden Partnern haben.

WHO: „Notlage von internationaler Tragweite“

Das Robert Koch-Institut (RKI) schreibt: „Es scheint weiterhin möglich, den aktuellen Ausbruch in Deutschland zu begrenzen, wenn Infektionen rechtzeitig erkannt und Vorsichtsmaßnahmen umgesetzt werden.“ Nach RKI Angaben vom Montag sind in Deutschland 2352 Affenpockenfälle registriert.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat den Affenpocken-Ausbruch zu einer „Notlage von internationaler Tragweite“ erklärt. WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus rief damit am Samstag in Genf die höchste Alarmstufe aus, die die Organisation bei einer Gesundheitsbedrohung verhängen kann.

Aufnahme von Affenpocken-Viren.
Aufnahme von Affenpocken-Viren.

© Andrea Männel/Andrea Schnartendorff/RKI/dpa

Ein Ausschuss von unabhängigen Fachleuten hatte sich zuvor nicht auf einen Rat an die WHO einigen können, ob eine Notlage auszurufen sei. Mit Blick auf die inzwischen mehr als 16.000 bestätigten Fälle in 75 Ländern und Territorien mit bisher fünf Toten rief Tedros dennoch die Alarmstufe aus. „Das ist ein Aufruf, tätig zu werden“, sagte WHO-Experte Mike Ryan an die Adresse der Regierungen.

Die Einstufung soll die Regierungen der Mitgliedsländer dazu bewegen, Maßnahmen zu ergreifen, um den Ausbruch einzudämmen. Sie sollen Ärzte und Kliniken sensibilisieren, bei Verdachtsfällen Schutzmaßnahmen treffen und die Bevölkerung aufklären, wie sie sich vor einer Ansteckung schützen kann.

Besonders hohes Ansteckungsrisiko in Europa

Die internationale Verbreitung der Krankheit ist äußerst ungewöhnlich. Bisher war sie im Wesentlichen auf sechs afrikanische Länder beschränkt. In Deutschland meldete das Robert Koch-Institut am Freitag knapp 2300 Fälle. Europa gilt laut WHO als die Weltregion mit einem besonders hohen Ansteckungsrisiko. Auch drei Monate nach dem Ausbruch seien 98 Prozent der Betroffenen Männer, so WHO-Expertin Rosamund Lewis.

Aktuell konzentriere sich der Ausbruch auf Männer, die Sex mit Männern hätten - vor allem wenn sie viele Partner hätten. „Das bedeutet, dass dieser Ausbruch gestoppt werden kann - mit den richtigen Strategien in der richtigen Gruppe“, sagte Tedros. Zugleich warnte die WHO vor einer Stigmatisierung dieser Gruppen.

Mit der Verbreitung der Affenpocken wächst international das Interesse an Impfstoffen. Mindestens drei Impfstoffe scheinen sich laut WHO für eine schützende Injektion zu eignen. Rund die Hälfte der aktuell betroffenen Länder habe bereits Zugang zu diesen Stoffen.

Es stünden viele Millionen Dosen zur Verfügung, hieß es. „Wir haben die Werkzeuge“, sagte Tedros. Allerdings sei das Ausmaß von deren Wirksamkeit noch nicht abschließend klar, hieß es.

Verbreitung von Corona und Affenpocken unterscheidet sich

Auch den Ausbruch des Coronavirus Sars-CoV-2 hatte die WHO am 30. Januar 2020 als solche Notlage deklariert. Das bedeutet aber nicht, dass die Menschen sich nun bei Affenpocken auf dieselben Maßnahmen wie bei der Corona-Pandemie einrichten müssen.

Während sich das Coronavirus durch Aerosole mit Virenpartikeln verbreitet, die Infizierte beim Atmen, Sprechen oder Husten ausstoßen, erfolgen Infektionen mit Affenpocken nach derzeitigem Wissensstand gewöhnlich durch engen Körperkontakt.

[Lesen Sie auch: „Affenpocken“ sind nicht immer harmlos: „Die Menschen winden sich vor Schmerzen im Bett“ (T+)]

Die WHO richtet je nach Krankheit bei Bedarf Notfallausschüsse ein, die mit jeweils anderen Fachleuten besetzt werden. Zur Zeit gilt neben der Notlage internationaler Tragweite wegen Corona seit 2020 auch eine Notlage wegen Polio-Ausbrüchen (seit 2014).

Abgeschlossene Notlagen waren der Ausbruch der Schweinegrippe H1N1 (2010), des Zika-Virus (2016) und von Ebola (2014-2016 und 2019). Die WHO hatte seinerzeit auch Notfallausschüsse wegen Mers-CoV (2013-2015) und wegen Gelbfieber (2016) einberufen. Die dazu konsultierten Fachleute kamen aber nicht zu dem Schluss, dass eine Notlage internationaler Tragweite erklärt werden sollte. (dpa)

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