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 Immer mehr musikalische Könner kommen aus Fernost. Der Grund ist wahrscheinlich die frühe und vergleichsweise strikte Ausbildung vieler Talente. Alljährliches "Suzuki Method Grand Concert" in Japan 2001 (Arichivbild).

© AFP

Musikalisches Talent und Können: Früh übt sich, wer dazu veranlagt ist

Soll man Kindern früh intensiv Musik vermitteln, weil dann ihr Gehirn besonders empfänglich ist? Eine Studie findet andere Gründe für das Werden von Virtuosen.

Wer mit 20 anfängt, kann noch ganz passabel Lagerfeuer-Gitarre lernen. Aber ein herausragender Könner an einem Musikinstrument wird sie oder er in den allermeisten Fällen nicht mehr werden.

Das lehrt allein die Erfahrung. Woran dies liegt allerdings, darüber streiten sich Psychologen, Hirnforscher und Musikwissenschaftler seit Langem.

Eine der beliebten Hypothesen ist, dass in einer bestimmten Periode der Kindheit das Gehirn besonders empfänglich für musikalische Prägung und das Entwickeln eines grundlegenden Könnens sei. Ein Team des Karolinska-Instituts in Stockholm meint nun, diese These widerlegen zu können.

Zwillingsmusik

Die Forschenden mit der niederländischen Psychologin Laura Wesseldijk an der Spitze befragten 310 Berufsmusiker etwa von Orchestern und aus Musikschulen. Sie analysierten auch Daten aus einem Forschungsprojekt über eineiige Zwillinge, die helfen soll, den Einfluss von Genen und Umwelt auf die Individualentwicklung besser zu verstehen.

Die Teilnehmer beider Studien wurden auf ihre musikalische Leistung getestet. Sie beantworteten auch Fragen, die Daten lieferten, wie oft sie übten und in welchem Alter die musikalische Ausbildung begonnen hatte. Dazu kamen genetische Informationen aus der Zwillingsstudie. „Wir haben festgestellt, dass die Erklärung, warum ein früher Start wichtig ist, komplizierter und interessanter sein könnte als bisher angenommen“, wird Wesseldijk in einer Meldung der Fachzeitschrift „Psychological Science“ zitiert. Dort ist die Studie jetzt erschienen.

Nicht alle, die früh anfangen, haben die gleichen Chancen

Die Ergebnisse bestätigen, dass ein früher Beginn tatsächlich entscheidend ist. Allerdings fanden sich keine Hinweise darauf, dass dann bei allen Kindern das Gehirn besonders empfänglich wäre. Vielmehr zeigte sich, dass genetische Faktoren, die möglicherweise im Zusammenhang mit musikalischem Interesse und Talent stehen, einen wesentlichen Einfluss auf das Alter zu haben scheinen, in dem jemand mit dem Üben beginnt.

Auch ihr zukünftiges Können scheint mit solchen biologischen Voraussetzung in Verbindung zu stehen. In einem besonders musikalischen Haushalt aufzuwachsen oder früh zum Klavierunterricht geschickt zu werden, hat an sich, wenn man den Daten aus Stockholm glaubt, weniger Einfluss als bislang vermutet.

Musikalisches Talent ist eine komplexe Partitur

Vielmehr geschieht genau das offenbar schlicht vermehrt in Familien, deren Mitglieder ihr musikalisches Talent, ihre Neigung und ihr Können zumindest zu wichtigen Anteilen ihrer Veranlagung zu verdanken haben.

Genau zu sagen, wie groß der genetische Einfluss gegenüber dem einer fördernden oder hemmenden Umwelt ist, bleibt aber unmöglich. Das liegt nicht nur daran, dass man „Musikalitäts-Gene“ bislang kaum kennt. Auch genetische Ausstattung und die Umweltbedingungen in der frühen Kindheit sind individuell sehr unterschiedlich und können unterschiedlich wechselwirken.

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