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Der Ätna auf Sizilien, Europas aktivster Vulkan.

© REUTERS/Antonia Parrinello

Monte-Carlo-Methode: Forscher wollen den Weg von Lava voraussagen

Wohin fließt die Lava, wenn ein Vulkan ausbricht? Mit der Monte-Carlo-Methode sollen gefährdete Gebiete besser gewarnt werden können.

Den Ausbruch eines Vulkans vorherzusagen, dafür stehen Geologen mittlerweile einige Methoden zur Verfügung. Es blieb aber schwierig abzusehen, an welchem Ort sich die Lava ergießen wird. Jetzt stellen Elonora Rivalta vom Deutschen Geoforschungszentrum GFZ in Potsdam und ihre Kollegen von der Universität Rom und dem Vesuv-Observatorium in Neapel im Fachblatt „Science Advances“ eine Methode vor, mit der Behörden und Stadtplaner vor besonders gefährdeten Gebieten gewarnt werden können.

„Wir müssen das Spannungsfeld im Untergrund kennen, um Magmaströme vorherzusagen, die oft erst nach einigen Kilometern die Oberfläche erreichen“, sagt Rivalta. Bislang ließ sich dieses Spannungsfeld aber kaum exakt genug ermitteln. Denn es setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, die in Vulkangebieten sehr unterschiedlich zusammenwirken können.

So schießen Lava, Vulkanasche und feste Gesteinstrümmer oft an einer Stelle aus der Erde. Solche Eruptionen können mit der Zeit zu großen Bergen wachsen, deren Gewicht auf den Untergrund drückt und dort Spannungen erzeugt. Das glutflüssige Magma wiederum steht unter starkem Druck, geht den Weg des geringsten Widerstands und reißt entlang der Spannungs- und Schwächelinien das Gestein auf. „Dort passiert das Gleiche wie beim Fracking, bei dem eine Flüssigkeit unter Druck im Untergrund Spalten öffnet und dadurch die Durchlässigkeit des Untergrunds vergrößert“, sagt Rivalta. „Nur besteht diese Flüssigkeit in diesem Fall aus Magma.“

Wo bilden sich in Zukunft neue Krater?

Diese Klüfte sind oft nur einen Meter breit, können sich aber viele Kilometer hinziehen. Erreicht das Magma die Mitte des Vulkans, zwingen es die Spannungen, in die Höhe zu steigen. Das ist die Grundlage für eine neue Eruption aus Kratern an der Spitze des Vulkans oder an seinen Flanken. Bei anderen Ausbrüchen wiederum entstehen riesige Krater mit einem Durchmesser von vielen Kilometern. Eine solche „Caldera“ ähnelt einer überdimensionalen Delle.

Wo sich in Zukunft neue Krater bilden werden, versuchten Vulkanforscher bisher aus alten Ausbrüchen zu ermitteln. Allerdings führt diese Methode oft nur zu sehr groben Ergebnissen. Das zeigt zum Beispiel die Caldera der Phlegräischen Felder, die am Stadtrand von Neapel beginnt, mehr als zehn Kilometer Durchmesser hat und zu einem großen Teil im Mittelmeer liegt. Der letzte Ausbruch dieses rund 40.000 Jahre alten Supervulkans warf im September 1538 den 133 Meter hohen Hügel Monte Nuovo deutlich abseits der vorherigen Eruptionen auf und hätte daher mit einer solchen rein statistischen Methode kaum vorhergesagt werden können.

Spannungen lassen sich nur schwer direkt messen

An ihre Grenzen stößt diese Methode auch, weil sich die Landschaft und damit auch die Spannungen im Untergrund im Laufe der Zeit verändern. „Das passiert zum Beispiel, wenn Ausbrüche das Gewicht erhöhen, mit dem ein Vulkan auf den Untergrund drückt oder wenn bei einem Ausbruch große Teile des Berges abrutschen, wie es 1983 am Mount St. Helens in den USA geschah“, sagt Rivalta. Obendrein entstehen Vulkane sehr häufig in Regionen, in denen sich verschiedene Erdplatten begegnen oder sich voneinander entfernen und so weitere Spannungen im Untergrund erzeugen.

„Diese unterschiedlichen Spannungen muss man gewichten, um ein reelles Bild von den Verhältnissen in der Tiefe und damit von den möglichen Magmamengen zu erhalten“, so Rivalta. Da sich die Spannungen nur sehr schwer direkt messen lassen, kombinieren die Forscher die Methoden der modernen Statistik mit einfacheren Beobachtungen: Aus der Größe und Lage der heute vorhandenen Magmakammer, die sie aus Satellitendaten berechnen, schätzen sie die Gewichtung der einzelnen Spannungen und ermitteln in Computermodellen, wo Ausbrüche früher stattgefunden haben könnten. Stimmt das Ergebnis nicht mit der historischen Realität überein, verändern sie ihre Gewichtung so lange, bis das Modell das gleiche Eruptionsmuster liefert, das die Forscher aus der Vergangenheit kennen.

„Diese Gewichtung sollte die Spannungsverhältnisse richtig wiedergeben“ und die Orte zukünftiger Eruptionen gut vorhersagen, meint Rivalta. Tatsächlich lassen sich mit dieser „Monte Carlo“ genannten Methode aus historischen Ausbruchsdaten und der aktuellen Tiefe der Magmakammer andere historische Eruptionen richtig ermitteln. Was bei den Phlegräischen Feldern klappt, will Rivalta nun in anderen Vulkangebieten testen.

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