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Fast verschwunden. Westliche Monarchfalter bleiben bedroht.

© imago images / Nature Picture Lib.

Monarchfalter in Kalifornien: Sehr viel Nachwuchs im amerikanischen Königshaus

Vor einem Jahr schien die westliche Population dem Untergang geweiht. Jetzt sind die Tiere zurück. Über die Gründe rätseln Fachleute. Spielt Corona eine Rolle?

Pacific Grove ist eine Kleinstadt südlich von San Francisco. Der Hobby-Ökologe und spätere Literatur-Nobelpreisträger John Steinbeck hat hier zeitweise gewohnt und Vorbilder für seine Romanfiguren gefunden. Und der spätere Chemie-Nobelpreisträger Paul Berg organisierte hier 1975 im Asilomar-Konferenzzentrum den wichtigsten Kongress in der Geschichte der Molekularbiologie.

Berühmt ist der Ort aber für ein biologisches Phänomen: den Höhepunkt der epischen Wanderung der Monarchfalter.

In den Bäumen

Zu Millionen überwinterten sie dort einst. Doch im Dezember 2020 waren sie aus „Butterfly Town USA“ praktisch verschwunden. Ein Jahr später aber, berichtet National Public Radio (NPR) der USA über „10 000 Monarchfalter in der Krone einer Monterey-Kiefer“. Eine Zählung an bekannten Überwinterungsplätzen in Kalifornien kam auf etwa 250 000 Individuen, mehr als das Hundertfache der knapp 2000 im Jahr zuvor.

In den Berichten in US-Medien ist das Aufatmen der Fachleute fast hörbar. Sie hatten mit etwas ganz anderem gerechnet: Die Population schien 2020 so zusammengebrochen zu sein, dass ihr Aussterben unvermeidlich sein würde. Tatsächlich sprechen sowohl Erfahrungen von Ökologen als auch Modellrechnungen dafür, dass jenseits einer gewissen Minimalzahl ein Punkt ohne Wiederkehr erreicht ist. Denn die verbleibenden Tiere finden nun schwerer Partner, sind Räubern ohne den Schutz des Schwarms noch hilfloser ausgesetzt oder genetische Verarmung macht sie anfälliger.

Marsch der Generationen

Monarchfalter sind bekannt für ihre weiten Reisen durch weite Teile Nordamerikas. Kein Individuum legt aber die ganze Strecke zurück, sondern der Staffelstab wird gleichsam von Generation zu Generation weitergegeben. Wie die Tiere das tun, welche Art genetischer Programmierung sie auf den Weg schickt und die Ur-Ur-Enkel der östlich der Rocky Mountains wandernden Population zielgenau in bestimmte mexikanische Wälder und die der westlichen wieder in denselben Kiefernhain in Pacific Grove bringt, beschäftigt Neuro- und Verhaltensbiologinnen und -biologen seit Jahrzehnten. Ihre Gehirne haben nicht mehr als Stecknadelkopfgröße und gerade einmal etwa eine Million Nervenzellen, im Vergleich zu etwa 90 Milliarden beim Menschen.

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Anfang 2022 beschäftigt die Monarch-Fachleute aber vor allem die Frage, was hinter der jüngsten Auferstehung steht. Wahrscheinlich war es eine Verkettung von ausnahmsweise einmal günstigen Umständen – günstig zumindest für die Schmetterlinge. Der Entomologe Paul Meredith etwa sagte NPR, große Mengen Wildblumen in Gebieten, die 2019 den großen Waldbränden zum Opfer gefallen seien, könnten den wandernden Tieren optimal Nahrung geliefert haben.

Gutes Futter, gutes Wetter

Louie Yang, Insektenkundlerin an der University of California in Davis, glaubt, dass die Seidenpflanzen (Gattung Asclepias), an denen sich die Raupen entwickeln, im vergangenen Jahr optimale Bedingungen vorfanden. Auch die Wetterbedingungen im Winterquartier der Falter seien vergleichsweise sehr gut gewesen. Und die geringe Populationsdichte könnte auch Vorteile mit sich gebracht haben, etwa, dass die sonst häufigen parasitären Erkrankungen sich unter den weit verteilten Individuen nicht so leicht verbreiteten wie üblich. Dazu könnten, so die Naturschützerin und Biologin Emma Pelton, Zuwanderungen aus der anderen, östlichen Population gekommen sein.

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Zudem ist aus Studien des ebenfalls in Davis tätigen Schmetterlingsforschers Art Shapiro bekannt, dass Monarchfalter in Jahren besser zurechtkamen, in denen aufgrund von Dürre weniger Felder bestellt und deshalb auch weniger Pestizide ausgebracht wurden. Ähnliches könnte auch 2021 der Fall gewesen sein.

Ein Corona-Effekt?

Allerdings wären diesmal vor allem durch die Corona-Epidemie bedingte Ausfälle von Arbeitskräften und Pestizidlieferungen die Ursache, so Elizabeth Crone, Ökologin an der Tufts University in Boston, gegenüber NPR.

All diese Faktoren besagen aber auch eines: Der Trend ist mit dem Glücksjahr 2021 längst nicht umgekehrt. Auch 250 000 Individuen von Danaus plexippus sind im Vergleich zu einst mehr als zehn Millionen noch immer verschwindend wenige.

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