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Bundesfamilienministerin Franziska Giffey.

© imago images/Emmanuele Contini

Ministerin verzichtet auf Doktortitel: Die Peinlichkeit ist für Giffey noch nicht vorbei

Die Notbremse könnte Franziska Giffey die Karriere retten. Aber der Plagiatsfall ist damit nicht ausgestanden. Ein Kommentar.

Das war ein Akt der Notwehr: Franziska Giffey verzichtet darauf, ihren Doktortitel zu führen. Im letzten Moment rettet sie so – fürs Erste – ihre politische Karriere. An die Spitze der Berliner SPD und dann in den Wahlkampf zu ziehen, wäre praktisch unmöglich gewesen, wenn der mögliche Titelentzug über ihr geschwebt wäre.

Dann also lieber die Flucht nach vorn. Die erleichterten bis enthusiastischen Reaktionen der Berliner Genossinnen und Genossen zeigen, wie sehr sie Giffey das danken – und wie sehr sie auch von ihr abhängig sind. Ob es tatsächlich ein ehrbarer Schritt ist, die Notbremse zu ziehen, wenn es praktisch unumgänglich ist, ist der SPD offenbar recht egal.

Zurückgeben kann Giffey den Doktoritel nicht

Ausgestanden ist die Peinlichkeit dennoch nicht. Den Doktortitel nicht mehr „führen“: Giffey hat das bewusst so formuliert. Denn das bedeutet wenig mehr, als dass sie ihn selber nicht mehr in den Mund nimmt, auf Briefköpfen darauf verzichtet, nicht mehr damit unterschreibt.

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Förmlich zurückgeben kann sie den Doktorgrad nicht, die FU wird weiter ihre Arbeit prüfen müssen, nachdem sie die Rüge vom vergangenen Jahr zurückgenommen hat. Noch immer kann es also passieren, dass die FU Giffey kurz vor der Abgeordnetenhauswahl endgültig den Doktor wegnimmt. Die Wahl dürfte dann auch Aufschluss darüber geben, wie wichtig den Berlinerinnen und Berlinern die ganze Causa wirklich ist.

Die FU hat sich maximal blamiert

Auch für die Freie Universität ist der Fall Giffey noch lange nicht vorbei. Die Universität hat sich maximal blamiert. Je mehr Details über die Plagiatsprüfung ans Licht kommen, desto mehr steht die Frage im Raum, ob die FU grundsätzlich ein Problem hat, mit wissenschaftlichem Fehlverhalten umzugehen. Alle beteiligten Personen und Gremien, allen voran der Präsident, scheinen hier in einem besonders heiklen Fall versagt zu haben. Erfassten sie überhaupt die Dimension, die diese Plagiatsprüfung wegen der Bekanntheit der Promovierten nun einmal hatte?

Sollte es wirklich wahr sein, dass die Doktormutter Tanja Börzel selber über die Besetzung der Promotionskommission mitentschied und dafür mit ihr verbundende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler berief, wäre das jedenfalls ein mittelschwerer Skandal. Gerade in diesen Pandemiezeiten singt die Wissenschaft immer das hohe Lied der Glaubwürdigkeit und der Transparenz. Die FU ließ bislang beides vermissen.

Die Aufarbeitung des Falls steht an der FU noch ganz am Anfang – das sollte sie ebenso gründlich tun, wie jetzt die Promotion Giffeys nochmal zu prüfen.

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