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Ein Junge und ein Mädchen liegen lachend auf einer schwarzen Tafel, die mit mathematischen Formeln und Formen vollgeschrieben ist.

© Getty Images/iStockphoto

Mehr und bessere Lehrkräfte für Mangelfächer: Für die Mathematik brennen – und sie verstehen

Mit neuen Programmen wollen die Bildungsminister:innen Mangelfächer für Lehrkräfte und Schüler attraktiver machen. QuaMath erinnert dabei an das Sinus-Programm.

Mathematik ist und bleibt in den allermeisten deutschen Schulen und für sehr viele Schüler:innen das Horror- und Mangelfach schlechthin – gleich gefolgt von Physik, Chemie und Informatik. Von der Vision des hessischen Bildungsministers Alexander Lorz (CDU), der in der Kultusministerkonferenz für die unionsgeführten Länder spricht, könnte der Schulalltag nicht weiter entfernt sein: „Lehrerinnen und Lehrer, die für ihre Fächer brennen, die ihre Schülerinnen und Schüler begeistern, die dann selber Lehrkräfte in den MINT-Fächern werden wollen.“

Mit zwei neuen Programmen wollen die Kultusminister aber genau das erreichen, wie Lorz am Freitag nach einer KMK-Sitzung erklärte. Den Lehrkräftemangel in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) wolle man in vier zentralen Handlungsfeldern angehen.

In der Schule solle eine „frühe Affinität“ von Kindern und Jugendlichen etwa durch Schülerlabore und Sommerunis gefördert werden. In den höheren Klassen sollten Studierende dann als Botschafter für ihre Fächer werben, das könne auch bei Bildungsmessen und durch eine Social Media-Kampagne passieren.

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Im Studium sollten die „Anfangshürden“ durch Orientierungsstudiengänge und mehr Mentoring überwunden werden. Die MINT-Lehrkräfte an den Schulen schließlich will man unter anderem mit einem Praxis-Austausch mit Unternehmen unterstützen.
Sehr viel konkreter und mit einem Finanzierungsplan unterlegt ist das Programm QuaMath, mit dem Mathematik-Lehrkräfte bundesweit besser qualifiziert werden sollen.

Beteiligt werden sollen 10.000 Schulen in zehn Jahren

Weil ein Sechstel der Viertklässler und ein Viertel der Neuntklässler nicht die Mindeststandards der KMK in Mathematik erreichen, müsse sich die Unterrichtsqualität massiv verbessern, sagte Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD), KMK-Sprecher für die SPD-geführten Länder.

Entwickelt vom Deutschen Zentrum für Lehrerbildung Mathematik (DZLM) am Kieler Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) soll QuaMath bei einer Laufzeit von zehn Jahren 10 000 Schulen und damit ein Drittel aller allgemeinbildenden Schulen bundesweit erreichen.

Von der Vorschule bis zum Gymnasium sollen alle beteiligten Einrichtungen eine Mathematik-Lehrkraft als Multiplikator:in teilweise freistellen. An 12 beteiligten Netzwerk-Hochschulen wird dann gutes Unterrichten trainiert. Doch dazu sei noch Forschung nötig, sagte Susanne Prediger vom IPN in Kiel.

Eine Dozentin schreibt mathematische Formeln an die Tafel.
Für Studierende in den MINT-Fächern sollen die Unis Hürden in der Anfangszeit abbauen - u.a. mit mehr Mentoring.

© imago/Agentur 54 Grad

Wie Schüler:innen mathematische Kompetenzen entwickeln, sei bekannt: durch kognitive Aktivierung und inhaltliches Verständnis, die weit über das oberflächliche Lernen und Anwenden von Formel hinausgehen sowie durch das Erkennen mathematischer Inhalte und Prozesse, die immer wiederkehren und systematisch verknüpft werden.

Was Lehrkräfte mitbringen und was sie brauchen, wird noch erforscht

Was Lehrkräfte dazu beitragen können, sei ebenfalls bekannt: Sie müssen die individuellen Lernstände ihrer Schüler:innen kennen und sie gezielt fördern – auch im direkten Gespräch mit den Lernenden. Was die Lehrkräfte dafür schon mitbringen und was sie noch brauchen, müsse allerdings die Begleitforschung erweisen, sagte Prediger.

Sind die Multiplikator:innen einmal fortgebildet, sollen sie in ihren Schulen Teams zur Unterrichtsentwicklung gründen, unterstützt von Materialien aus dem Uni-Netzwerk. In der ersten fünfjährigen Phase wollten die Länder QuaMath mit 60 Millionen Euro finanzieren, für das Zehnjahresprogramm sei mit insgesamt rund 150 Millionen Euro zu rechnen, sagte Ties Rabe.

Neu ist ein solches Programm nicht, vielmehr erinnert es an Sinus, den 1996 von Bund und Ländern gestarteten Modellversuch zur „Steigerung der Effizienz des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts“. Als Reaktion auf verheerende Ergebnisse bei internationalen Vergleichsstudien von Schülerleistungen in Mathe und Naturwissenschaften ging es damals um die Entwicklung von Aufgabenformaten, die Schülern neue Zugänge zu den oft ungeliebten Fächern ermöglichen. Sinus galt als Erfolgsprogramm, wurde mehrfach verlängert und von Sekundar I- auf Grundschulen ausgeweitet.

QuaMath sei ähnlich konzipiert, sagt IPN-Chef Olaf Köller auf Anfrage des Tagesspiegels. Beschränkt auf das Fach Mathematik gehe das neue Programm aber „erheblich über Sinus hinaus“ – mit einer Reichweite von der Kita bis in die Sekundarstufe II sowie von Lehrkräften über Schulleitungen bis zum Personal in der Lehrkräfteweiterbildung.

2013, als Sinus aus der Bund-Länder-Förderung herausfiel, habe in der KMK kein Klima mehr vorgeherrscht, um länderübergreifende Programme auf den Weg zu bringen, sagt Köller. „Das hat sich in den letzten Jahren zum Glück wieder geändert.“

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