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Risikofaktor. Die Zahl der Patienten mit Bluthochdruck hat sich in den vergangenen 40 Jahren weltweit fast verdoppelt - auf 1,1 Milliarden Menschen im Jahr 2015.

© Maurizio Gambarini, dpa

Mehr als eine Milliarde Patienten: Bluthochdruck ist heute ein Zeichen von Armut

Gesunde Ernährung und Lebensumstände, medizinische Versorgung: Reiche Nationen können den Blutdruck besser senken. Schlusslichter sind Westafrika und Osteuropa.

Jeder vierte Mann und jede fünfte Frau weltweit leidet unter Bluthochdruck, die Zahl der Patienten hat sich seit 1975 von 594 Millionen auf 1,13 Milliarden beinahe verdoppelt. Allerdings sind es nicht mehr die besonders wohlhabenden Industrienationen, in denen anteilig die meisten Patienten leben und in denen die durchschnittlichen Werte am höchsten sind. Vielmehr hat sich der Schwerpunkt in Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen in Afrika, Südasien und Osteuropa verlagert. Das berichtet ein internationales Konsortium auf der Basis von 1479 Studien mit insgesamt 19,1 Millionen Erwachsenen im Fachblatt „Lancet“. Als erhöht definierten die Forscher Werte ab einem diastolischen Blutdruck von 90 mmHG und einem systolischen Blutdruck von 140 mmHG.

Wenn sie das Alter als Faktor herausrechneten, sind besonders viele männliche Bluthochdruck-Patienten in Kroatien, Lettland, Litauen, Ungarn und Slowenien zu finden. Dort sind auch die durchschnittlichen Werte am deutlichsten erhöht. Bei den Frauen ergibt sich ein anderes Bild. Anteilig leben die meisten Patientinnen in Niger, Tschad, Mali, Burkina Faso und Somalia. Südkorea, Singapur, Australien, Großbritannien, USA, Kanada und Peru schnitten am besten ab.

Vor wenigen Jahrzehnten galt Bluthochdruck noch als harmlos

Auch Länder wie Deutschland und Japan hätten erhebliche Fortschritte gemacht, schreiben die Autoren. Deutschland gehörte 1975 zu jenen Nationen, in denen nicht nur anteilig die meisten Patienten lebten, sondern auch die durchschnittlichen Werte am höchsten waren. Der Blutdruck ging nach Angaben des Robert-Koch-Instituts nochmals zwischen 2008 bis 2011 zurück. In dieser Zeit wurde der Grenzwert für die Therapie von 160 mmHG auf 140 mmHG systolischen Blutdruck gesenkt.

Ein Grund für die Verschiebung sei eine veränderte Beurteilung des Bluthochdrucks, kommentiert Kazem Rahimi von der Universität Oxford. Während man ihn noch vor einigen Jahrzehnten als gutartige und natürliche Begleiterscheinung des Alterns betrachtete, sei inzwischen klar, dass er nie harmlos sei. Vielmehr handele es sich um einen ernstzunehmenden Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Leiden, die immer noch Todesursache Nummer eins sind, und Erkrankungen der Niere. Außerdem gebe es kosteneffektive und wirksame Medikamente. Ein robustes Gesundheitssystem und Zugang zu einer Therapie sind daher ein Faktor, der das weltweite Bild prägt.

In den reichen Industrienationen sei der Blutdruck allerdings bereits gesunken, bevor spezielle Medikamente auf dem Markt waren. Das weise auf den geänderten Lebensstil hin, insbesondere gesündere Essensgewohnheiten und Bewegung. Auch die Ernährung in der frühen Kindheit, Luftverschmutzung und Lärm könnten langfristig negative Auswirkungen auf den Blutdruck haben. „Anders als 1975 ist hoher Blutdruck nicht mehr ein Zeichen des Wohlstands“, sagt Majid Ezzati vom Imperial College in London, der an der Studie beteiligt war. „Es ist nun ein bedeutendes Gesundheitsproblem, das mit Armut verbunden ist.“

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