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Masken und Abstand zeigen Wirkung - wie hier in Köln.

© dpa/Frederico Gambarini

Maßnahmen in Deutschland zeigen Wirkung: Diese fünf Zahlen machen Hoffnung in der Coronakrise

Reproduktionsrate, Verdopplungszeit, freie Intensivbetten: Diese Zahlen zeigen, dass Deutschland auf einem guten Weg ist, die Epidemie einzudämmen.

Menschen auf der ganzen Welt leben derzeit mit erheblichen Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie. In Deutschland sind unter anderem die sozialen Kontakte begrenzt, Restaurants geschlossen und Reisen verboten. Spätestens seit dieser Woche ist klar: all diese Einschränkungen zeigen Wirkung.

Es sei gelungen, von einem dynamischen Anstieg der Infektionszahlen zu einem linearen zu kommen, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Freitag in Berlin. „Der Ausbruch ist Stand heute beherrschbar und beherrschbarer geworden.“ Deutschland stehe im internationalen Vergleich gut da.

Ein Blick auf fünf verschiedene Zahlen aus dieser Woche macht Hoffnung, dass Deutschland auf einem guten Weg ist, die Epidemie einzudämmen:

0,7 - Die effektive Reproduktionszahl

Am Abend des 16. Aprils meldete das Robert Koch-Institut, dass die Ansteckungsrate in Deutschland sinkt. Das RKI berechnet, dass die effektive Reproduktionszahl R in Deutschland bei etwa 0,7 liegt und damit unter 1 gesunken ist - ein wichtiger Schritt im Kampf gegen das Coronavirus. Was steckt dahinter?

Die Basisreproduktionszahl R0 gibt an, wie viele andere ein Infizierter ohne Gegenmaßnahmen durchschnittlich ansteckt, wenn niemand immun ist. Die Angaben für das neuartige Coronavirus gehen von 2 bis etwas über 3 bei einer ungebremsten Ausbreitung aus. Die effektive Reproduktionzahl R gibt an, wie viele andere ein Infizierter ansteckt, nachdem Maßnahmen zur Eindämmung des Virus ergriffen wurden oder ein Teil der Population bereits immun ist.

Liegt R nun bei 0,7, stecken zehn Infizierte im Schnitt weitere sieben Menschen an, die Zahl der täglichen Neuansteckungen geht also zurück. In die Schätzung des RKI seien alle ermittelten Fälle seit dem 12. April einbezogen worden, die Schwankungsbreite wird mit 0,5 bis 0,8 angegeben.

RKI-Leiter Lothar Wieler sprach am Freitag in Berlin von „wirklich guten Zwischenergebnissen“. Er betonte aber auch, dass es durchaus regionale Unterschiede gebe. In einigen Regionen Deutschlands liege die Zahl noch über eins. Es handele sich außerdem um eine Momentaufnahme, Deutschland stünde immer noch am Anfang der Epidemie.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Mittwoch bei einer Pressekonferenz das Ziel vorgegeben, die Reproduktionszahl bei eins oder niedriger zu halten. Sie rechnete vor, dass schon ein geringer Anstieg um 0,1 oder 0,2 zu einer Überlastung des Gesundheitssystems führen kann.

17,6 Tage - Die Verdopplungzeit der Fallzahlen

Eine weitere Zahl, die wichtig ist, um die Ausbreitung einer Epidemie einzuschätzen, ist die Verdopplungszeit. Die Verdopplungszeit benennt die Anzahl der Tage, in denen sich die Zahl der Infizierten mit dem Coronavirus verdoppelt. Grundsätzlich gilt: Je länger die Verdopplungszeit ist, desto besser für die Krankenhäuser.

Ohne Maßnahmen, bei einem unbegrenzten, exponentiell steigendem Wachstum der Fallzahlen würde das Gesundheitssystem kollabieren, auch wenn nur wenige der mit Covid-19-Infizierten eine Behandlung auf der Intensivstation benötigen. Zu Beginn der Corona-Epidemie lag die Verdopplungszeit bei zwei Tagen. Inzwischen ergeben Berechnungen des Tagesspiegels, dass die Verdopplungszeit in den Bundesländern zwischen 15 und 20 Tagen beträgt.

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Im Schnitt der Länder beträgt die Zahl derzeit 17,6 Tage, hierbei ist aber nicht berücksichtigt, wie viele Einwohner die Länder haben. Die Johns Hopkins Universität in den USA geht inzwischen von einer Verdopplungszeit von über 20 Tagen in Deutschland aus.

Merkel hatte Ende März noch von einem Ziel von zehn Tagen gesprochen, die Zahl wurde inzwischen nach oben korrigiert. Um eine Epidemie dauerhaft einzudämmen, sollte die Zahl bei über 20 liegen. Wächst die Zahl der Neuinfektionen nicht mehr exponentiell, verliert auch die Verdopplungszeit zunehmend ihre Bedeutung. Das Augenmerk liegt nun vor allem auf der Reproduktionszahl.

11.549 - so viele freie Intensivbetten stehen zur Verfügung

Ob das Gesundheitssystem überlastet wird oder nicht, hängt neben der Ansteckungsrate vor allem mit den Kapazitäten an Intensivbetten zusammen. In Deutschland begannen Kliniken schon früh, nicht notwendige Operationen zu verschieben und so freie Betten auf den Intensivstationen zu generieren. Lange Zeit war aber nicht klar, wie viele freie Intensivbetten es eigentlich gibt.

Das extra geschaffene DIVI-Melderegister erfasste zunächst nicht alle Betten. Seit dem 16. April sind die Krankenhäuser nun aber verpflichtet, ihre aktuellen Bettenkapazitäten an das DIVI-Intensivregister weiterzugeben. Das hatte Gesundheitsminister Jens Spahn veranlasst.

Nach dem Stand des 17. April um 15 Uhr sind demnach 11.549 Intensivbetten in Deutschland frei. Insgesamt gibt es 27.783 Intensivbetten, 16.234 davon sind derzeit belegt. 2.683 Covid-19-Fälle sind derzeit in Behandlung, 1.980 von ihnen müssen beatmet werden. Das entspricht einer Rate von 73,8 Prozent aller beatmeter Patienten.

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Die Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie hat mehrere Modellrechnungen zum Coronavirus aufgestellt. Sie schätzt, dass zwei bis sechs Prozent der Corona-Patienten ein Intensivbett brauchen, auf dem sie zwischen zehn und 20 Tage liegen. Bleibt die Reproduktionszahl in Deutschland bei eins oder kleiner, kommt es demnach nicht zu einer Überlastung des deutschen Gesundheitssystems. Hierbei sind allerdings regionale Unterschiede nicht erfasst.

Im internationalen Vergleich ist Deutschland gut aufgestellt. Das Statistische Bundesamt hat Anfang April gemeldet, dass in Deutschland 33,9 Intensivbetten auf 100.000 Einwohner kommen. In den besonders von der Corona-Epidemie betroffenen Ländern Spanien und Italien liegt die Rate viel niedriger. In Spanien sind es 9,7 Betten und in Italien nur, 8,6 Intensivbetten pro 100.000 Einwohner.

8,1 Prozent - Die Rate der positiven Corona-Teste

Mindestens 1.728.357 Tests auf Covid-19 wurden in Deutschland bis zum vergangenen Sonntag, den 12. April durchgeführt. Das Robert Koch-Institut hat diese Zahlen bei den Laboren abgefragt und in ihrem Lagebericht veröffentlicht. Der Tagesspiegel hat anhand dieser Zahlen ausgerechnet, wie viel Prozent aller Tests positiv ausfallen.

Es gilt dabei: Wenn sich das Virus schnell verbreitet, ist ein steigender Prozentsatz zu erwarten. Tatsächlich ist der prozentuale Anteil positiver Ergebnisse in Deutschland in den ersten Wochen der Epidemie schnell angestiegen, seit Ende März nur noch langsam. Zuletzt fiel er sogar von 9,1 auf 8,1 Prozent.

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Markus Scholz, Professor für Epidemiologie an der Uni Leipzig, deutet diese Zahlen so, dass die Epidemie in Deutschland stagniert. Weil noch immer nach den gleichen Kriterien entschieden werde, wer getestet wird, zeigt sich ein relativ stabiler Anteil der positiven Ergebnisse. Dazu trage auch bei, dass es in Deutschland genug Testkapazitäten gebe, sagte er dem Tagesspiegel.

Ändert sich, wer überhaupt getestet wird, beeinflusst das den Anteil der positiv getesteten Personen. Scholz erwartet einen noch niedrigeren Anteil der positiven Ergebnisse, „wenn zum Beispiel im Zuge der Lockerungen mehr getestet wird, um zum Beispiel Personen mit vielen Kontakten regelmäßig zu überprüfen.“

Ein Blick in die USA zeigt ein anderes Bild. Hier ist die Zahl der positiven Tests mit 21,2 Prozent deutlich höher als in Deutschland und sie ist in den vergangenen zwei Wochen angestiegen.

77.000 - so viele Covid-19-Patienten sind wieder genesen

Derzeit sind in Deutschland nach Zahlen des Tagesspiegels mehr als 138.000 Covid-19-Fälle registriert, über 4000 Menschen sind bereits an der Krankheit gestorben. Viele Menschen, die an Covid-19 erkrankt sind, sind aber auch wieder genesen. Die Zahl wird in Deutschland auf 77.000 Menschen geschätzt.

Diese Menschen sind nun höchstwahrscheinlich zumindest für einige Zeit immun gegen das neuartige Coronavirus. Zwar wurden aus Südkorea Fälle gemeldet, in denen es zu erneuten Infektionen kam, der Charité-Chefvirologe Christian Drosten bezweifelt aber, dass es zu einer Wiederinfektion kommen kann. Er geht viel mehr von falschnegativen Testergebnissen am Ende des Krankheitsverlaufs aus.

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Im Blut der Genesenen haben sich Antikörper gebildet, die für die Wissenschaft von großem Wert sind. So wird derzeit an Therapiemöglichkeiten für schwer erkrankte Covid-19-Patienten mit dem Blutplasma bereits Genesener geforscht. Eine solche Therapie war bereits bei anderen Epidemien wie der Spanischen Grippe erfolgreich.

Außerdem arbeitet die Wissenschaft an Antikörper-Schnelltests. Mit diesen Tests soll schnell, einfach und sicher bestimmt werden, ob eine Person in der Vergangenheit bereits an Covid-19 erkrankt war. Christian Drosten sagte im NDR-Podcast, er rechne in zwei bis drei Monaten mit flächendeckenden Tests.

Je mehr Menschen genesen, desto mehr sind immun und können der Wissenschaft helfen, während sie an Therapiemöglichkeiten, Tests und Impfstoffen forscht. Wer allerdings auf die viel diskutierte Herdenimmunität hofft, muss wohl lange warten. Forscher der Helmholtz-Gesellschaft haben berechnet, dass diese erst in 25 Jahren erreicht wäre.

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