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Ein Porträtfoto von George Turner.

© Mike Wolff

Mangel an Führungskräften aus dem Osten: Wer eine Universität leiten will, muss für sich werben

Woran liegt es, dass kaum Ostdeutsche an der Spitze von Hochschulen stehen? Unser Kolumnist sucht die Gründe unter anderem in der DDR-Sozialisierung.

Beklagt wird, dass die Positionen von Rektoren und Präsidentinnen an Hochschulen in Ostdeutschland überwiegend von Personen besetzt werden, die aus dem Westen stammen. „Ossis“ findet man selten in Leitungspositionen. Wissenschaftler in der früheren DDR wurden abgewickelt.

Auf die frei gewordenen Stellen wurden überwiegend Kollegen aus der alten Bundesrepublik berufen, auch wenn frühere Inhaber sich bewerben konnten. Für manche „Wessis“ war das ein unerwarteter Karrieresprung, konnten sie doch kaum noch mit einem Ruf auf einen Lehrstuhl rechnen.

Die Zusammensetzung der Lehrkörper ist ein Grund dafür, dass Kandidaten oder Kandidatinnen auf Präsidentenposten aus dem Osten rar sind. Hinzu kommt, dass sie sich zunächst in ihren Fächern beweisen mussten. Der Maßstab ist die wissenschaftliche Leistung. Engagement in der Selbstverwaltung wird zwar gelegentlich honoriert.

Zurück aus den USA - und dann?

Einen Ruf aber bekommt man nicht, weil man Rektorin oder Dekan war, sondern nur, wenn die Publikationsliste überzeugt. Ferner mögen „Ossis“ Zurückhaltung üben, soweit es sich um „quasi-politische“ Positionen handelt. Da hatte man erlebt, was mit den Kollegen geschehen war. Inzwischen allerdings ist eine neue Generation herangewachsen. Clevere „Ossis“ gingen nach der Wende in den Westen, im Idealfall sogar in die USA, und begannen dort ihre Laufbahn. Mittlerweile sind einige wieder „zu Hause“.

[Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail senden: george.turner@t-online.de]

Hohe Ämter an Hochschulen gelten als undankbar

Aber Ämter übernehmen? Auch wenn keine Dankbarkeit zu erwarten ist: Meistens fehlt in den Gremien schon das Verständnis, dass Hochschulmanager auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen haben. Die Folge ist dann unbegründete Kritik bis hin zur organisierten Ab- oder Nicht-Wiederwahl. Das muss man sich nicht antun.

Außerdem sind potenzielle Kandidaten oder Kandidatinnen aus dem Osten vielleicht in der Selbstdarstellung nicht so geübt, weil es als unschicklich galt, sich selbst zu loben oder auch nur bisherige Leistungen darzustellen. Bei Bewerbungen ist das aber unvermeidbar.

So stellt sich das Problem der Besetzung von Rektoren- und Präsidentenämtern in Ostdeutschland zunächst weniger dramatisch dar. Vielmehr hängt es damit zusammen, dass die Lehrkörper zu einem guten Teil aus Personen bestehen, die ihre ersten akademischen Schritte im Westen getan haben.

Unverkennbar aber ist, dass es – wie in anderen Bereichen auch – Seilschaften gibt. Da wird dann schon eher die Stimme dem Kollegen aus dem Westen gegeben als dass die Kandidatin aus dem Osten gewählt wird.

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