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Lernsoftware in der Schule: Zaghaft ins digitale Neuland

Der digitale Wandel in den Schulen geht nur langsam voran. Ein Berliner Anbieter von Mathe-Lernsoftware hofft, dass sich das bald ändert.

Physik-Apps, mit denen Schüler Versuche am Tablet durchführen, die im Klassenraum zu gefährlich wären. Matheprogramme, die Schwächen von Schülern analysieren. Und Lehrer, die mithilfe von Lernsoftware Klausuren automatisch korrigieren: Digitale Lehr- und Lernmittel könnten den Schulalltag grundlegend verändern. Doch während Schüler in ihrer Freizeit chatten, surfen und spielen, ist Lernsoftware im Unterricht noch selten. Nur ein gutes Drittel der Schüler nutzt in den Naturwissenschaften einen Computer, wie jüngst die ICILS-Studie ergab. 70 bis 80 Prozent der Neuntklässler haben laut Pisa-Studie 2012 sogar noch nie ein Mathematikprogramm benutzt.

Eigentlich möchte die Bundesregierung laut der „digitalen Agenda“ den Wandel auch in Bildung, Forschung und Wissenschaft gemeinsam mit den Ländern vorantreiben. Doch eine Strategie lässt noch auf sich warten. Derweil bringen nur wenige Schulen auf eigene Initiative Lernsoftware in den Unterricht ein.

"Skepsis gegenüber digitalen Lernmitteln"

Aus Gründersicht kann das frustrierend sein: „Es gibt viel Skepsis gegenüber digitalen Lernmitteln“, sagt Arndt Kwiatkowski, Geschäftsführer der Mathe-Lernsoftware „Bettermarks“. In den Neunzigern gründete er die Plattform „Immobilien-Scout24“, seit 2008 betreibt er zusammen mit zwei Partnern „Bettermarks“, beschäftigt über 60 Mitarbeiter in seinem Büro in Berlin-Kreuzberg.

Jugendliche arbeiten in einem Klassenzimmer an Laptops.
Digitale Lernmittel gehören in Deutschland noch nicht zum Schulalltag, andere Länder sind weiter.

© dpa

Mit der Software können Lehrer Aufgaben auf einen Blick kontrollieren und sehen, wer was wie gut verstanden hat. Bei Schülern analysiert das Programm anhand der Antworten individuelle Wissenslücken und zeigt Tipps und Nachholübungen. Bettermarks funktioniert mit Internetanschluss und Browser, pro Schüler kostet die Nutzung zehn Euro im Jahr. Drei Studien zufolge – darunter eine von Bettermarks an der Universität Ulm in Auftrag gegebene – verbessert das Programm die Matheleistungen und -noten von Schülern. Selbst Hirnforscher Manfred Spitzer spricht sich für das Programm aus, obwohl er sonst die These vertritt, Computer schadeten Lernprozessen oft.

Deutschlandweit nutzen 100 Schulen das Mathe-Programm

Doch das Konzept wird in Deutschland nur zaghaft angenommen. Deutschlandweit nutzen bislang etwa hundert Schulklassen das Programm, an 25 Berliner Schulen wird es getestet – zu wenig, als dass sich die für die Entwicklung investierten 20 Millionen Euro lohnen würden. „Viele Schulen fühlen sich für die Nutzung des Programms im Unterricht technisch nicht gut genug ausgestattet – obgleich die Schüler es auch nur zu Hause nutzen könnten“, sagt Kwiatkowski.

Problematisch seien auch die je nach Bundesland unterschiedlichen Bedingungen für Lernmittel. Zwar muss Bettermarks nicht offiziell zugelassen werden, da es als „ergänzendes Lernmittel“ gilt. „In Bayern jedoch haben selbst Schulbuchverlage Schwierigkeiten, den Schulen digitale Lernmittel anzubieten“, erklärt Kwiatkowski. Das Bildungsministerium gibt dort zu bedenken, Schüler ohne Internetzugang dürften keine Nachteile haben.

Auch die Verlage selber beharrten auf traditionellen Printmodellen. In anderen Ländern seien sie offener: In Mexiko und Spanien kooperiert Bettermarks je mit einem Verlag, in Chile und den Niederlanden mit anderen Trägern aus dem Bildungsbereich, die das Programm nun an die Schulen bringen. Und in Uruguay entschied sich die Regierung 2013, Bettermarks an allen öffentlichen Schulen des Landes einzuführen.

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