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Zu wenig Nachwuchs. Mehrere Bundesländer helfen dem Mangel an Lehrkräften mit Quereinsteigern ab, darunter ist auch Berlin. Das Foto zeigt Lehramtsstudierende in Leipzig.

© Waltraud Grubitzsch/dpa-Zentralbild/dpa

Lehrermangel in Berlin: Zu wenige wollen Lehrer werden

Berlins Universitäten sollen ihre Absolventenzahlen deutlich steigern. Das gelingt erst zum Teil.

Berlins Universitäten steigern die Zahl der Lehramtsstudierenden mit dem neuen Semester deutlich. „Aber wir wachsen nicht so, wie wir es uns vorstellen“, sagte Klaus Hoffmann-Holland, Vizepräsident der FU, unlängst im Akademischen Senat der Uni. Bislang verlangte das Land im Hochschulvertrag von den Universitäten, jährlich 1000 Lehramtsabsolventen zu entlassen – was den Unis schon nicht gelang. Im Jahr 2015 verließen nur 751 Absolventen Berliner Unis, als Effekt der Umstellung auf den zweijährigen Master im Jahr 2016 nur 689.

Angesichts des dramatischen Lehrermangels erwartet der Senat inzwischen aber von den Unis, dass sie die Zahl ihrer Absolventen „kontinuierlich“ auf 2000 verdoppeln. So steht es zum Kummer der Unipräsidenten in den neuen Hochschulverträgen, die vom Jahr 2018 an gelten und bis zum Jahresende vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden sollen. Die Universitäten bekommen zusätzliches Geld, um ihre Kapazitäten auszubauen. Doch bislang ist das Interesse der Studierenden am Lehramtsstudium mäßig.

Und längst nicht alle, die im Bachelor das Lehramtsstudium aufnehmen, absolvieren später auch den Master of Education. Die Schwundquote liegt in Berlin bei etwa 50 Prozent, heißt es aus der Senatsverwaltung für Wissenschaft. Um die vom Berliner Senat mittelfristig angestrebte Absolventenquote von 2000 zu erreichen, müssten die Berliner Universitäten in den kommenden Jahren insgesamt also 4000 Studienanfänger jährlich für das Lehramtsstudium gewinnen, sollte es bei der hohen Schwundquote bleiben. In diesem Semester starten nach Schätzungen von Fachleuten an allen vier Berliner Unis aber erst etwa 2400 Studierende ins Lehramtsstudium. Amtliche Zahlen gibt es Ende des Monats.

Die Unis müssen drastisch überbuchen, um ihre Plätze schließlich zu füllen

Die FU hat in diesem Semester 981 Plätze im lehramtsbezogenen Bachelor-Studium und 985 Studienanfänger. Dabei sind die Plätze im Grundschulbachelor überbucht: Auf 270 Plätze kommen 312 Studierende. Noch im Wintersemester 2014/2015 lag die Zahl der Anfänger im Grundschullehramt erst bei 210, wie die FU mitteilt.

Hingegen ist der Bachelor für das Lehramt an Oberschulen an der FU nicht ganz ausgelastet : Auf 711 Plätze kommen 673 Studierende. Wie schwer es für die Unis ist, die Studienplätze zu füllen, zeigt das Annahmeverhalten der Studierenden: An der FU wurden 2097 für das Lehramt an Oberschulen zugelassen. Den Platz angenommen hat weniger als ein Drittel. Selbst im Grundschullehramt, das bei Studienbewerbern populär ist, nahm schließlich nur ein gutes Drittel den angebotenen Platz an.

Deutlich unterausgelastet ist an der FU das Masterstudium, das aber die Voraussetzung für das Referendariat darstellt. Auf 572 Plätze kommen in diesem Semester 484 Studienanfänger. Die Humboldt-Universität hat im Lehrermaster 525 Studienanfänger, im Bachelor mit Lehramtsbezug 1177. Am skeptischsten hat sich über die vom Senat erwarteten hohen Absolventenzahlen Martin Rennert, der Präsident der UdK, geäußert, die die Kunst- und Musiklehrer ausbildet. Wie viele Studienanfänger an der UdK in diesem Semester ein Lehramtsstudium aufnehmen, konnte die Uni aber bis zum Redaktionsschluss nicht ermitteln. Die mittelfristige Sollzahl des Senats für die UdK liegt bei 280 Absolventen jährlich.

Der Berliner Senat erwartet, dass die Unis die Schwundquote minimieren

Steffen Krach, Staatssekretär für Wissenschaft, sagt: „Mir ist klar, dass 2000 Absolventen pro Jahr unglaublich ambitioniert sind. Aber es ist absolut notwendig.“ Krach gesteht ein, dass das Land die Thematik des Lehrermangels jahrelang unterschätzt habe. Diese Zeit sei vorbei: „Das ist eine gemeinsame Pflichtaufgabe, da sehen wir jetzt sehr genau hin.“ Darum habe das Land in den neuen Hochschulverträgen detaillierte Vereinbarungen für die erwarteten Absolventenzahlen nach Schularten und -fächern getroffen. Das Land erwarte von den Unis Konzepte, um die Schwundquote zu minimieren. Auch will Krach die Unis dazu bewegen, Lehramtsstudierende auch zum Sommersemester zuzulassen. Außerdem soll das Masterstudium für Quereinsteiger ausgebaut werden. Im Master für Quereinsteiger, den es bereits an der FU und der TU gibt („Q-Master“) können Absolventen, die ohne Lehramtsbezug studiert haben, die Bildungswissenschaften nachholen.

Unterdessen behilft Berlin sich wie viele Bundesländer mit Quereinsteigern, die ins Referendariat gehen, ohne Bildungswissenschaften studiert zu haben. Bei den Neueinstellungen für die Grundschule in diesem Jahr machten diese in Berlin 53 Prozent aus. Kritik kommt jetzt wie berichtet von der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Das Grundschullehramt verlange ein entsprechendes Studium. „In Schnellkursen können keine wissenschaftlichen und universitären Standards des Grundschullehrberufs erreicht werden“, hieß es.

Die Quereinsteiger sind neben ihrer hohen Unterrichtsbelastung im Referendariat oft auch noch mit dem Studium des zweiten Faches belastet, das für das Lehramt nötig ist. Die Kultusministerkonferenz soll jetzt überprüfen, ob auch Ein-Fach-Lehrer zugelassen werden können.

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