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Neuer und verrotteter Kondensator

© Gian Vaitl/Empa

Kompostierbare Elektrotechnik: Neuartiger Kondensator ist biologisch abbaubar

Mini-Sensoren werden weltweit breit eingesetzt. Biologisch abbaubare Energiespeicher könnten ihre Umweltbilanz verbessern.

Sie sind einfach praktisch und nach Schätzungen derzeit weltweit bereits 27-milliardenfach im Einsatz. Mit winzigen Sensoren werden zum Beispiel die Blutzuckerspiegel von Diabetes-Patienten gemessen, oder es werden Versandwege von Paketen kontrolliert und Bauern fortlaufend die Nährstoffgehalte ihrer Äcker gemeldet.

Entwicklungsbedarf besteht jedoch bei der Energieversorgung der Sensoren. Für das Internet der Dinge, in dem alle möglichen Alltagsgegenstände kabellos mit Computern vernetzt sind, und viele andere Anwendungen werden große Mengen solcher Stromspeicher benötigt. Meist kommt der Strom für Mikrogeräte aus noch kleineren Batterien, deren Herstellung, Recycling und Entsorgung aber die Umwelt belasten.

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Lange Versuchsreihen für die richtige Tinte

Gustav Nyström und Xavier Aeby von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) im schweizerischen Dübendorf wollen dieses Problem mit einem Super-Kondensator lösen, den sie in der Fachzeitschrift „Advanced Materials“ vorstellten: Sie stellen mit einem 3D-Drucker im Labor aus einfachen Materialien einen winzigen Stromspeicher her, der nach Gebrauch kompostiert werden kann.

„Das funktioniert natürlich nicht mit den in Batterien verwendeten Metallen“, erklärt Nyström, der die Empa-Abteilung für Zellulose und Holzmaterialien leitet. Stattdessen nimmt sein Doktorand Aeby aus Pflanzen gewonnene Nanofasern und Nano-Kristallstrukturen aus Zellulose, sowie Ruß, Graphit und Aktivkohle. Mit Glycerin, das zum Beispiel bei der Herstellung von Biodiesel als Nebenprodukt entsteht, Wasser und Alkoholen werden diese festen Substanzen in flüssige Tinten verwandelt, die ein 3D-Drucker zu einem Super-Kondensator mit vier Lagen der Materialien spritzen kann. Darin zieht eine Elektrode elektrisch positiv geladene Natrium-Ionen aus einer gelösten Prise Kochsalz an. Negativ geladene Chlorid-Ionen fließen zur anderen Elektrode.

In der Theorie klingt das einfach. In der Praxis musste Aeby die richtigen Mischungen für die Tinten in langen Versuchsreihen finden. Grundlage ist eine flexible Folie aus einem Papier-ähnlichen Material oder ein anderer herkömmlicher Träger, auf den der 3D-Drucker eine dünne Schicht aufträgt, die Strom leitet. Darauf kommt die Elektrode aus Graphit und Aktivkohle und darauf ein Elektrolyt aus Graphit und Ruß, in dem ein elektromagnetisches Feld die positiven und negativen Ionen gezielt bewegen und so den Kondensator aufladen kann. Einen Stromanschluss benötigt der Stromspeicher nicht, er funktioniert berührungslos.

„Beim Scannen eines mit einem Schaltkreis versehenen maschinell lesbaren Etiketts auf einem Paket könnte in Zukunft das elektromagnetische Feld gleichzeitig den Super-Kondensator aufladen“, erklärt Nyström. Ganz ähnlich könnten auch die Energiespeicher für Sensoren kontaktlos mit Energie versorgt werden. „Allerdings eignen sich diese Super-Kondensatoren nicht für Energie-Großverbraucher wie Handys oder Elektro-Autos, sondern für Low-Power-Anwendungen“, sagt Nyström.

Sehr gute Laborwerte

Im Labor speichern diese Geräte den Strom bereits sehr gut, nach einer Woche waren noch 30 Prozent der ursprünglichen Kapazität vorhanden. Ein Gramm des aktiven Kohlenstoffs in einem solchen Super-Kondensator speichert 25,6 Farad und hat damit bei einer Spannung von 1,2 Volt mehr als die zehnfache Kapazität vergleichbarer Speicher.

Der größte Vorteil ist aber die Nachhaltigkeit des Materials. Der Super-Kondensator kann mit 3D-Druckern in einem sehr einfachen Prozess hergestellt werden und die verwendeten Materialien sind biologisch abbaubar. Wenn ein solcher Kondensator nach einigen Tausend Zyklen von Laden und Entladen seinen Dienst getan hat, kann er auf den Kompost geworfen werden und verrottet. Als die beiden Empa-Forscher ihren Super-Kondensator in Erde vergruben, blieben nach zwei Monaten nur noch ein paar völlig harmlose Kohlenstoff-Partikel übrig. Allerdings gilt das nur für einen Teil eines solchen Mikrogeräts, während sich weitere Bestandteile herkömmlicher Sensoren in der Natur nicht zersetzen.

„Wir arbeiten daher bereits an Sensoren, die wir mit ähnlichen Prozessen und Materialien herstellen und die zusammen mit dem Super-Kondensator ebenfalls kompostiert werden können“, erläutert Nyström den nächsten Schritt zu einem nachhaltigeren Internet der Dinge. „Bis die ersten Mikrogeräte auf den Markt kommen, dürften jedoch noch einige Jahre vergehen“, schätzt der Forscher.

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