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Panther-Chamäleon

© IMAGO

Kommunikation unter Reptilien: Das Farbenspiel der Rivalen

Die Anpassungsfähigkeit von Chamäleons ist sprichwörtlich. Doch manchmal wollen sie unbedingt gesehen werden - zum Beispiel von Weibchen oder einem Nebenbuhler.

Chamäleons sind dafür berühmt, dass sie ihre Hautfarbe nach Belieben und innerhalb von Sekundenbruchteilen verändern können. Bisher hat man angenommen, dass diese jähen Farbwechsel in erster Linie eine Schutzfunktion hätten: Immer wenn ein Chamäleon einen Feind erblickt, tarnt es sich angeblich, indem es die Farbe seiner unmittelbaren Umgebung annimmt. Doch der australischen Biologin Devi Stuart-Fox von der Universität Melbourne und ihrem Kollegen Adnan Moussalli ist aufgefallen, dass an dieser Theorie etwas nicht stimmen kann: Wenn es nämlich allein um Tarnung geht, wie ist es dann zu erklären, dass die Chamäleons derart schnell und häufig ihre Farbe wechseln? Und warum haben sie noch dazu eine Vorliebe für die gesamte Palette greller Farbtöne?

Die Wissenschaftler untersuchten das Farbenspiel von 21 Chamäleon-Arten – wie sich die Farben änderten, wenn die Tiere schliefen oder krank waren, wenn sie angriffslustig waren oder balzten und wenn sie sich tarnen wollten. „Die Farbwechsel haben wir mit einem Spektrometer untersucht“, sagt Stuart-Fox. „Schließlich geht es oft nur um Nuancen. Und Chamäleons können im Gegensatz zu uns auch im UV-Bereich Farben sehen.“ Die Forscher rechneten die Farbveränderungen in einem System um, um die Auffälligkeit für das Chamäleonauge zu ermitteln, und berichten darüber im Fachblatt „Plos One“.

Dabei stellte sich zum einen heraus, dass Chamäleons, die sich tarnen wollen, bloß die Helligkeit ihrer Hautfärbung variieren. Außerdem können sie die Form ihres Körpers so manipulieren, dass sie von ihrer Umgebung kaum zu unterscheiden sind. Zum anderen fanden Stuart-Fox und Moussalli heraus, dass es immer dann zu stärkeren Farbveränderungen kommt, wenn ein Chamäleon einem Artgenossen begegnet. Die Chamäleons verwenden nämlich Farben als Kommunikationssignale und wechseln sie, um ihre Stimmungen, Gefühle und Absichten zum Ausdruck zu bringen.

Ausgesprochen verschwenderisch und protzig sind dabei Männchen, die Rivalen einschüchtern oder Weibchen anlocken wollen. „Wenn sie plötzlich leuchtende Farben zeigen, geschieht das aus einem einzigen Grund: Sie wollen um jeden Preis gesehen werden – je auffälliger, desto besser“, sagt Stuart-Fox. „Sobald ein Männchen einen Artgenossen erblickt, ändert es sofort seine Farbe und zeigt sich.“ In allen Regenbogenfarben leuchten diejenigen Männchen, die gerade einen Gegenspieler besiegt haben. Die im Kampf Unterlegenen hingegen sind an ihrer blassen Haut zu erkennen.

Das Imponiergehabe ist riskant. Nicht nur Weibchen, sondern auch Raubtiere könnten es beobachten. Deshalb dauert das farbenfrohe Protzen der Männchen höchstens einige Sekunden. Dass es trotzdem gefährlich werden kann, ist gewollt. Die Weibchen wetten nämlich darauf, dass nur die körperlich und genetisch fittesten Männchen sich einen derart extravaganten Farbenzauber leisten können.

Damit ist das Repertoire noch nicht erschöpft. Die Biologen Russell Ligon und Kevin McGraw haben kürzlich entdeckt, dass diejenigen Chamäleons sich gegen ihre Rivalen durchsetzen, die ihre Farben am schnellsten wechseln und die ihre Köpfe in den hellsten Farben erstrahlen lassen können. Die beiden Wissenschaftler von der Staatlichen Universität von Arizona in Tempe berichten darüber in der Fachzeitschrift „Biology Letters“.

Ligon und McGraw ließen zehn ausgewachsene Jemen-Chamäleons Zweikämpfe austragen. Diese Auseinandersetzungen zeichneten sie mit speziellen Videokameras auf. Außerdem ermittelten sie an 28 verschiedenen Körperregionen, zu welchen Farbveränderungen es dort zu welchem Zeitpunkt kam und in welcher Geschwindigkeit sie erfolgten.

Was Ligon und McGraw so entdecken, ist aufschlussreich: In der Anfangsphase, wenn die Chamäleons einander mit Drohgebärden einschüchtern wollen, spielten die Querstreifen auf dem Rücken der Tiere eine entscheidende Rolle. Je kontrastreicher sie bei einem Männchen ausfielen, desto geringer war die Wahrscheinlichkeit, dass es sich von seinem Gegenspieler in die Flucht treiben ließ. In der Intensität dieser Färbung kommt demnach die jeweilige Aggressivität und Kampfbereitschaft der Duellanten zum Ausdruck. Ließen sich hingegen beide Männchen auf einen riskanten Zweikampf ein, war am aussagekräftigsten, wie hell die Farben am Kopf leuchteten und wie schnell sie wechselten. „Je schneller sich die Kopffarben bei einem Männchen veränderten, desto wahrscheinlicher war es, dass es später den Kampf gewann“, schreiben Ligon und McGraw. Dieses Farbenspiel gibt offensichtlich Auskunft über die jeweilige Kampfkraft der Rivalen.

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