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Anpfiff. In türkischen Bergregionen dienen Pfiffe zur Kommunikation.

© Onur Güntürkün

Kommunikation mit Pfiff: Pfeifsprache beschäftigt das ganze Gehirn

Seit Jahrhunderten verschicken pfiffige Menschen auch ohne Handy Botschaften wie „Komme später“.

Menschen sprechen mit links – mit der sprachverarbeitenden linken Gehirnhälfte. Doch das gilt offenbar nicht für jede Form der Kommunikation. Forscher der Universität Bochum haben entdeckt, dass für „gepfiffene Sprache“ auch andere Hirnregionen nötig sind.

Ob es die „El Sildo“-Sprache auf der Kanarischen Insel La Gomera ist, die Pfeifsprache der chinesischen Bai in der Provinz Yünnan oder die Pfiffe der Mazateken in Mexiko – Pfeifsprachen haben sich zur Kommunikation über größere Distanzen in dünn besiedelten und unwegsamen Regionen entwickelt. Auch in Bergdörfern der Türkei wie Kusköy werden mit Hilfe von Pfiffen Informationen über Distanzen von bis zu 90 Metern ausgetauscht.

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„Man kann nicht so laut schreien wie man pfeifen kann“, sagt Onur Güntürkün, Biopsychologe an der Universität Bochum. „Gepfiffene Sprache trägt über tiefe Schluchten und hohe Berge und ist noch Kilometer entfernt zu hören.“ So wie Schriftsprache eine andere Form gesprochener Sprache ist, so ist auch gepfiffenes Türkisch keine eigene Sprache, sondern in Pfiffe übertragenes Türkisch. Und so wie das Schreiben muss auch das Pfeifen erst gelernt werden. „Ich habe zunächst kein Wort verstanden“, sagt Güntürkün. Erst nach einer Woche Üben habe er ein paar Worte erkannt.

Pfeifsprache erfordert auch die rechte Gehirnhälfte

Um herauszubekommen, ob auch gepfiffenes Türkisch von der linken Gehirnhälfte verarbeitet wird, unterzog Güntürkün 31 türkische Probanden, die die Pfeifsprache beherrschen, einem Hörtest. Über einen Kopfhörer bekamen sie zunächst Wortsilben vorgespielt, allerdings unterschiedliche auf dem linken wie auf dem rechten Kopfhörer. Wie zu erwarten war, registrierten die Testpersonen bevorzugt die rechts eingespielten Silben – denn die werden von der linken Gehirnhälfte verarbeitet. Wenn Güntürkün aber die Pfiffe einspielte, fand sich keine Bevorzugung der linken Gehirnhälfte, schreibt Güntürkün im Fachblatt „Current Biology“. Pfeifsprache erfordere die Wahrnehmung akustischer Feinheiten wie Frequenz, Tonhöhe und Melodie, wofür vor allem Hirnregionen der rechten Hemisphäre zuständig sind.

„Die linke Hirnhälfte ist involviert, weil gepfiffenes Türkisch eine Sprache ist“, sagt Güntürkün. „Aber die rechte Hemisphäre ist gleichwertig beansprucht, weil es für diese merkwürdige Sprachform alle ihre auditorischen Spezialisierungen braucht.“ Die physikalische Struktur einer Sprache bestimme also mit, wie das Gehirn sie verarbeitet.

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