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Die Forderung nach einem Digitalpakt Hochschule ist schon über zwei Jahre alt. 

© Rolf Vennenbernd / picture alliance / dpa

Kolumne: Wiarda will’s wissen: Unis, verdient euch den Digitalpakt!

Die Hochschulen müssen sich um ausreichend Fachleute für IT und Mediendidaktik kümmern. Und die Lehrenden brauchen mehr Unterstützung, inhaltlich wie finanziell.

Dezember 2018: Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) fordert einen Digitalpakt Hochschule. Reaktion der Bundesbildungsministerin: nicht überliefert.

Februar 2019: Die Wissenschaftsweisen der EFI mahnen eine Digitalisierungspauschale an: pro Studierenden und Jahr 92 Euro. Bei der Übergabe des Gutachtens sagt Anja Karliczek, die Voraussetzung für die Entwicklung digitaler Kompetenz seien „zeitgemäße Bildungseinrichtungen“. Was das in Bezug auf die Hochschulen bedeutet und was das mit dem Bund zu tun hat, sagt sie nicht.

Mai 2020: Die Wissenschaftsminister aller 16 Länder treten mit einer Initiative an Karliczek heran: Die Bundesregierung solle zweimal 250 Millionen Euro von ihrem riesigen Corona-Konjunkturpaket in ein Programm „Digitalisierung in der Lehre“ stecken. Als Pauschale pro Studierenden. Karliczek zieht es vor, öffentlich nicht Stellung zu nehmen. Ihr Ministerium nennt den Vorstoß „nun wirklich überraschend“ und verweist auf Bund- Länder-Pakte wie den Zukunftsvertrag.

Ein Porträtbild von Jan-Martin Wiarda.
Unser Kolumnist Jan-Martin Wiarda. Auf seinem Blog www.jmwiarda.de kommentiert er aktuelle Ereignisse in Schulen und Hochschulen.

© Privat

Juni 2021: Der HRK-Senat verabschiedet „Forderungen an Bund und Länder zur Weiterentwicklung der digitalen Lehrinfrastrukturen“. Kernforderung: eine Digitalisierungspauschale von 92 Euro pro Studierenden. Ergibt 270 Millionen Euro jährlich. Eine Antwort Karliczeks steht noch aus. Aber irgendwie habe ich ein Gefühl, wie sie ausfallen könnte.

Es fehlen Studios, Labore, Makerspaces und mehr

Dabei glaubt die HRK, jetzt endgültig sehr gute Argumente für ihre Jahre alte Forderung zu haben. Weil die Pandemie „die bereits vorher bestehenden Defizite bei den Bedingungen für die digitale Lehre deutlich zu Tage (hat) treten lassen“. Es fehlten Studios, Labore und Makerspaces mit aktueller Hard- und Software, ausreichende und rechtlich abgesicherte Kommunikationskanäle für Videokonferenzen, flächendeckendes, breitbandstarkes WLAN und jederzeit verfügbare Server- und Speicherinfrastruktur.

[Jan-Martin Wiarda ist Journalist für Bildung und lebt in Berlin. Auf seinem Blog www.jmwiarda.de kommentiert er aktuelle Ereignisse in Schulen und Hochschulen.]

Am Ende geht es aber vor allem darum, wie die HRK zu Recht betont, genügend Fachleute in die Hochschulen zu holen – für IT, vor allem aber für Mediendidaktik. Und auch die Lehrenden, die schon da sind und die neuen Lehrformate in den Hochschulalltag einbauen wollen, brauchen mehr Unterstützung, inhaltlich wie finanziell. Denn digitale Lehre ist eben nicht Powerpoint per Livestream und Seminare per Zoom, und ansonsten bleibt alles, wie es war.

An dieser Erkenntnis hat sich durch Corona nicht viel geändert. Im Gegenteil, die Hochschulen tun gut daran, immer wieder klarzumachen: Der notgedrungen digitale Corona-Hochschulalltag hat wenig bis nichts zu tun mit einem modernen Präsenzstudium, das immer dann um digitale Medien und Formate angereichert wird, wenn es den Erkenntnissen der Didaktik und der heutigen Lebenswirklichkeit junger Menschen entspricht.

Bund und Länder schieben sich die Verantwortung zu

Die HRK-Einkaufsliste ist in jedem Punkt berechtigt. Nur war das eben auch vor zwei oder drei Jahren schon so. Und auch damals galt: Bund und Länder schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu. 

Der Bund sagt: Die Länder sind zuständig für die Hochschulen, und außerdem bekommen sie jedes Jahr schon Bundesmilliarden für die Lehre, egal in welchem Format. Die Länder sagen: Das reicht nicht, wir sind finanziell überfordert.

Wacker, wie die HRK nicht aufgibt. Wie sie ihren x-ten Vorstoß anpreist, weil er diesmal „konkretisiert und detailliert“ daherkomme. Trotz der immer neuen Abfuhren aus dem BMBF und absehbarer Corona-Sparhaushalte in Bund und Ländern. Vielleicht hilft das ja tatsächlich, damit die Pauschale, worauf die Hochschulen natürlich abzielen, es in den Koalitionsvertrag der nächsten Regierung schafft.

Spätestens im Wintersemester so viel Präsenz wie möglich

Dafür müssen die Hochschulen aber bis Herbst erst einmal zeigen, dass sie selbst beweglich sind. Indem sie alles daransetzen, spätestens im Wintersemester wieder so viel Präsenz wie möglich einzusetzen. Die aktuellen Forderungen der HRK an die Politik nach den nötigen rechtlichen Rahmenbedingungen und Impfungen reichen da nicht. 

Die Hochschulen müssen parallel ihre Kreativität selbst unter Beweis stellen. Denn auch wenn es paradox klingt: Am meisten Nachdruck verleihen die Hochschulen ihrer Forderung nach einem didaktisch motivierten Digitalprogramm, indem sie ihre Campi wieder mit Leben füllen.

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