zum Hauptinhalt
Oktopusse haben ähnlich wie Menschen eine Schlafphase, in der sie tief schlafen.

© AFP/Fred Tanneau

Können sie auch träumen?: Oktopusse haben ähnliche Schlafphasen wie Menschen

Oktopusse können ihre Hautfarbe und -musterung zur Tarnung blitzschnell der Umgebung anpassen. Auch im Schlaf verändern sie ihre Färbung.

Ähnlich wie etwa bei Menschen und anderen Säugetieren wechseln sich bei Oktopussen zwei unterschiedliche Schlafphasen ab: Eine ruhige Schlafphase wird unterbrochen von einer aktiven, in der die Tiere ihre Hautfarbe plötzlich ändern, die Augen bewegen oder ihre Saugnäpfe zusammenziehen. Das berichten brasilianische Wissenschaftler im Fachmagazin „iScience“.

Die aktive Schlafphase ähnele dem sogenannten REM-Schlaf des Menschen, während dem die meisten Träume auftreten. Die Wissenschaftler spekulieren, dass auch Oktopusse womöglich traumähnliche Erlebnisse im Schlaf haben, die aber „eher kurzen Videoclips oder Gifs“ ähneln dürften als ausführlichen Traumgeschichten, wie Hauptautorin Sylvia Medeiros von der University do Rio Grande do Norte in einer Mitteilung erläutert.

Die Forscher hatten vier Oktopusse der Art Octopus insularis in einem Aquarium beim Schlafen gefilmt. Dass die Tiere überhaupt schlafen und dabei gelegentlich ihre Hautfarbe ändern, war bereits bekannt. Zum Schlafen suchen die Oktopusse einen bevorzugten Ruheplatz auf, lassen den Kopf sinken und schlingen ihre acht Arme um den Körper.

Die Auswertung der Aufnahmen zeigte, dass die Tiere während der ruhigen Schlafphasen weitgehend bewegungslos liegen, die Haut blass ist und ihre Pupillen zu einem Schlitz verengt sind. Solche Phasen dauerten im Schnitt mehr als sechs Minuten.

Darauf folgte eine kurze, nur etwa 40 Sekunden dauernde aktive Phase. In einem Video der Forscher ist zu sehen, wie sich die Hautfarbe der Tiere blitzschnell verändert, etwa von einem hellen Orange in ein tiefes Rot umschlägt.

Oktopusse haben einen festen Schlaf

Die Augen und verschiedene Muskeln des Körpers bewegen sich und die Saugnäpfe kontrahieren. Auch in dieser aktiven Phase waren die Tiere nur schwer mit visuellen oder mit Vibrationsreizen zu erreichen – sie schliefen also tatsächlich fest.

Ein Oktopus schwimmt in einem Aquarium im westfranzösischen Le Croisic.
Ein Oktopus schwimmt in einem Aquarium im westfranzösischen Le Croisic.

© AFP/Loic Venance

Bei Säugetieren wie dem Menschen, bei Vögeln oder einigen Reptilien wechseln sich während des Schlafes REM- und Non-REM-Schlafphasen ab. REM steht für Rapid Eye Movement, weil sich während dieser Phase die Augen heftig hinter den geschlossenen Lidern bewegen. Während des Non-REM-Schlafes sinken Blutdruck und Körpertemperatur ab, die Schlafenden träumen kaum.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

„Der Wechsel der Schlafzustände, der bei Octopus insularis beobachtet wird, scheint unserem ziemlich ähnlich zu sein, obwohl sich die Abstammungslinien vor etwa 500 Millionen Jahren trennten und somit eine enorme evolutionäre Distanz zwischen Kopffüßern und Wirbeltieren liegt“, erläutert Medeiros.

Bestimmtes Nervensystem macht womöglich Schlaf notwendig

Wenn dieses Schlafmuster tatsächlich bei Wirbeltieren und Wirbellosen unabhängig voneinander entstanden sei, stelle sich die Frage, welche evolutionären Kräfte dafür verantwortlich seien. Möglicherweise bilde sich die Eigenschaft heraus, wenn ein zentralisiertes Nervensystem eine gewisse Komplexität erreicht habe.

Ob die Oktopusse tatsächlich während der aktiven Schlafphase träumen, lasse sich nicht beantworten. „Wenn Oktopusse tatsächlich träumen, ist es unwahrscheinlich, dass sie wie wir komplexe symbolische Handlungen erleben“, sagt Medeiros.

[Mehr aus der Hauptstadt. Mehr aus der Region. Mehr zu Politik und Gesellschaft. Und mehr Nützliches für Sie. Das gibt's nun mit Tagesspiegel Plus: Jetzt 30 Tage kostenlos testen.]

„Aktiver Schlaf“ beim Oktopus hat eine sehr kurze Dauer - normalerweise von einigen Sekunden bis zu einer Minute. Wenn in diesem Zustand geträumt wird, dann dürften die Träume eher kurzen Videoclips oder Gifs ähneln. Es sei verlockend zu spekulieren, dass auch bei Oktopussen Träume beim Lernen und bei der Anpassung an die Umwelt helfen, sagt Studienleiter Sidarta Ribeiro.

Forscher wollen Hirnaktivität der Oktopusse messen

Haben Oktopusse Albträume? Spiegeln sich ihre Träume auf den dynamisch wechselnden Hautmustern wider? Könnten wir lernen, ihre Träume zu lesen, wenn wir diese Veränderungen messen? Um sich der Beantwortung dieser und zahlreicher anderer Fragen zu nähern, wollen die Wissenschaftler in weiteren Untersuchungen unter anderem die Hirnaktivität der Tiere während des Schlafes messen – eine Herausforderung bei den unter Wasser lebenden Weichtieren.

Oktopusse sind eine Gattung innerhalb der Familie der Echten Kraken, die als sehr intelligente Tiere gelten. Sie können Schraubverschlüsse von Gläsern lösen oder abschätzen, ob ihr Körper durch eine Öffnung passt oder nicht. Zudem sind sie in der Lage, ihre Körperfarbe- und musterung blitzschnell an die jeweilige Umgebung anzupassen. (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false