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Mit Extremwetter - hier die Folgen der Flut von Braunsbach 2016 - müssen wir laut DWD künftig immer öfter rechnen.

© imago/7aktuell

Klimaextreme: Wetterdienst warnt vor globaler Überhitzung

Der Deutsche Wetterdienst sieht das Klimaziel von Paris in Gefahr. 2020 weltweit zweitwärmstes Jahr.

Trotz weltweit zurückgefahrener Wirtschaft in der Pandemie ist die Konzentration des Treibhausgases Kohlendioxid in der Atmosphäre auch 2020 erneut angestiegen. So sei die Einhaltung des Paris-Ziels, die globale Erwärmung deutlich unter zwei Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten, nicht zu erreichen, sagte der Präsident des Deutschen Wetterdienstes (DWD) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), Gerhard Adrian, zur Klima-Pressekonferenz 2021 des DWD am Dienstag.

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„Leider sieht es im Moment sogar nach einem Plus von drei bis vier Grad aus“, so Adrian. Bei einer so starken Erwärmung erwarten Klimaforscher, dass entscheidende Bereiche des Weltklimasystems langfristig in einen unkontrollierbaren Zustand kippen könnten.

Höchste Werte seit 140 Jahren 

In Deutschland ist der Erwärmungstrend laut DWD sogar stärker ausgeprägt als im globalen Durchschnitt. Seit Ende des 19. Jahrhunderts hat es sich demnach bei uns um 1,6 Grad erwärmt, während es weltweit 1,1 Grad wärmer geworden ist. 2020 war global das zweitwärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen – auch in Deutschland. 

Hier lag laut DWD die Mitteltemperatur von 10,4 Grad nur knapp unter dem Rekordjahr 2018, das mit 10,5 Grad den höchsten Wert in der 140-jährigen DWD-Temperaturreihe aufweist. „Damit fielen neun der zehn wärmsten Jahre in Deutschland ins 21. Jahrhundert“, erklärte DWD-Klimaexperte Thomas Deutschländer. 

Wie bereits 2019 waren elf der zwölf Monate zu warm. Zwar wurden 2020 keine extremen Spitzenwerte von über 40 Grad wie im Jahr davor gemessen. Doch gerade das Wetter im Hochsommer habe für Landwirtschaft und Natur negative Folgen gehabt. 

Aufgrund zu geringen Niederschlags in Verbindung mit hochsommerlichen Temperaturen hätten vor allem Obstgehölze und Wein, regional aber auch Mais, Zuckerrüben und Grünland gelitten. In den Wäldern habe sich der Trockenstress in manchen Regionen bis in den November hineingezogen, mit entsprechend erhöhter Waldbrandgefahr. 

Niedrigster Bodenwasservorrat seit 1991

„Unter dem Strich dominierte auch 2020 in der für das Pflanzenwachstum besonders wichtigen Zeit von April bis September die Trockenheit das Witterungsgeschehen“, sagte Deutschländer. So war 2020 in Deutschland mit einer Niederschlagsmenge von 705 Liter pro Quadratmeter im Flächenmittel um 10,6 Prozent zu trocken. 

Der Bodenwasservorrat sei so niedrig wie noch nie im Zeitraum 1991 bis 2019 gewesen – im April lag er demnach mit 68 Prozent markant unter dem langjährigen Mittel von rund 87 Prozent. „Insgesamt betrachtet verstärken die vergangenen drei Jahre die Befürchtungen der Klimaforschung, dass wir künftig immer öfter mit Wetter- und Klimaextremen rechnen müssen.“

Eine Antwort auf die Frage, ob ein Wetterextrem vom menschgemachten Klimawandel beeinflusst ist, können DWD-Klimatologen nun auf Grundlage der noch jungen Wissenschaft der Extremwetterattribution immer besser geben.

[Wenn Sie mehr darüber lesen wollen, wie der instabile Zustand des Polarwirbels gegenwärtig das Frühlingswetter beeinflusst, finden Sie weitere Hintergründe in folgendem T-Plus-Artikel.]

Dabei stünden zwei Fragen im Vordergrund: Ob bestimmte Extremereignisse, wie zum Beispiel Hitzewellen, häufiger auftreten und ob sie heutzutage intensiver als in der Vergangenheit sind. Um eine Extremwetterattribution durchzuführen, sind Modellsimulationen von zwei verschiedenen Welten erforderlich: Eine von der Welt, in der wir aktuell leben, mit allen Einflüssen des Menschen - und eine zweite ohne menschlichen Einfluss auf die Treibhausgase. 

Vom Vergleich der beiden simulierten Welten erwarten sich die Forschenden eine Aussage dazu, ob der Klimawandel die Häufigkeit und Intensität des untersuchten Extremereignisses beeinflusst hat.

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Mittlerweile werde für die DWD-Klimatologen dabei zunehmend der Einfluss des menschgemachten Klimawandels deutlich. So habe sich beispielsweise die lang anhaltende Dürre 2018 im Nordosten Deutschlands anhand der Vergleichsanalyse der Extremwetterattribution als einzigartig in den vergangenen 140 Jahren herausgestellt.

Die Attributionsanalyse haben ergeben, dass sich durch den Klimawandel die Wahrscheinlichkeit für derart starke Dürren in der Region mindestens verdoppelt hat, bei gleichzeitig zunehmender Intensität. „Das ist ein alarmierender Hinweis zum Beispiel für die Land- und Forstwirtschaft in dieser Region“, sagte Tobias Fuchs, Vorstand Klima und Umwelt des DWD.

Auch 2020 weltweite Wetterextreme 

Eine Zunahme von Wetterextremen sei 2020 auch global zu beobachten gewesen. So habe es beispielsweise in der Sahel-Region, um das Horn von Afrika sowie in Indien, Pakistan und China viel mehr Niederschlag gegeben – regional um 500 Prozent mehr als im vieljährigen Mittel. Im Nordatlantik gab es mit 30 Stürmen mehr als doppelt so viele wie dort üblich. Die Meereisfläche in der Arktis erreichte im September 2020 nach 2012 ihren zweitniedrigsten Wert. 

DWD-Präsident Gerhard Adrian betonte vor diesem Hintergrund die Bedeutung der Klima-Prognosen. „Ich bin immer wieder erstaunt, wie treffend der Weltklimarat schon in der 1990er Jahren unser jetziges Klima und die aktuellen Wetterextreme beschrieben hat“, sagte Adrian. Heute lägen noch einmal „deutlich verbesserte wissenschaftliche Szenarien“ vor. Diese sollten „sehr ernst“ genommen werden. 

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