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Hoher Verbrauch: E-Fuels sind laut Studie noch keine Klimaoption.

© Sven Hoppe/dpa

Keine universelle Klimalösung: Verbrennungsmotor in der Sackgasse

Eine Überblicks-Studie kommt zu dem Schluss, dass auch mit grünen Wasserstoff-Treibstoffen PKW zu kostspielig und ineffizient sind.

Autos mit Verbrennungsmotoren in Zukunft mit klimafreundlichen synthetischen Treibstoffen fahren zu lassen, gilt in Teilen der Auto- und Mineralölwirtschaft als große Hoffnung. Damit könnte man beim bisherigen PKW-Antrieb bleiben und das Ziel der Dekarbonisierung schneller erreichen als mit batteriebetriebenen E-Autos, so die Vorstellung. Eine am Donnerstag im Journal „Nature Climate Change“ erschienene Studie erteilt dem nun eine Absage.

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Zumindest was dann auf der Basis von Wasserstoff hergestellten Brennstoff betrifft, sei dies kurz- und mittelfristig keine Option für den Klimaschutz. Die Herstellung solcher Kraftstoffe sei zu ineffizient, zu kostspielig und ihre Verfügbarkeit zu unsicher, um damit fossile Brennstoffe auf breiter Front ersetzen zu können, schreiben die Forschenden um Falko Ueckerdt vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).

Wasserstoff als falsches Versprechen

Mit grünem Strom produzierter Wasserstoff sei zwar eine vielseitige Option für die Umwandlung in Kohlenwasserstoff-Brennstoffe, als universelle Klimalösung aber ein falsches Versprechen. „Wasserstoffbasierte Brennstoffe sind ein beeindruckend vielseitiger Energieträger – doch beeindruckend sind auch ihre Kosten und die damit verbundenen Risiken“, sagte Ueckerdt. 

Die am Donnerstag erschienene Analyse beruht auf eigenen Berechnungen seines Teams auf Grundlage existierender Literatur.

Für den PKW-Verkehr und das Heizen von Gebäuden sei die direkte Elektrifizierung günstiger und effizienter. Wasserstoffbasierte Brennstoffe empfehlen die Forschenden für die Luftfahrt im Bereich der Langstreckenflüge sowie Teile der chemischen Industrie und Stahlerzeugung. Hier sei der grüne Wasserstoff – mit erneuerbaren Energien durch Elektrolyse gewonnen – „unverzichtbar“, so Ueckerdt.

Wasserstoffbasierte Brennstoffe halten die Wissenschaftler:innen als langfristige Vision für vielversprechend. Bei steigenden CO2-Preisen könnten diese Brennstoffe wahrscheinlich bis 2040 kostenmäßig wettbewerbsfähig werden. 

„Angesichts der Dringlichkeit der Reduzierung von Treibhausgasemissionen zur Stabilisierung des Klimas wäre 2040 jedoch zu spät für all jene Sektoren, in denen eine direkte Elektrifizierung möglich ist“, so die Autor:innen. „Da die internationalen und nationalen Klimaziele sofortige Emissionsreduktionen erfordern, sollte die direkte Elektrifizierung an erster Stelle stehen, um eine sichere Zukunft für alle zu gewährleisten“, sagte Ko-Autor Gunnar Luderer.

Wasserstoffbasierte Brennstoffe sind laut der Studie nur als langfristige Option vielversprechend.
Wasserstoffbasierte Brennstoffe sind laut der Studie nur als langfristige Option vielversprechend.

© picture alliance/dpa

Heute dem grünen Wasserstoff Priorität vor der Elektrifizierung zu geben, könne hingegen paradoxerweise zu einer weiteren Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen führen, warnen die Autor:innen. „Wenn wir an Verbrennungstechnologien festhalten – in der Hoffnung, sie mit wasserstoffbasierten Brennstoffen weiter betreiben zu können – und sich dann die neuen Brennstoffe als zu teuer und knapp erweisen, werden wir am Ende weiter auf Öl und Gas zurückgreifen“, so Ueckerdt. Das gefährde wiederum die Klimaziele.

„Wir sollten daher die wertvollen wasserstoffbasierten Brennstoffe prioritär für diejenigen Anwendungen einsetzen, für die sie unverzichtbar sind: die Langstreckenflüge, Teile der chemischen Produktion, Stahlerzeugung und möglicherweise einige industrielle Hochtemperaturprozesse“, sagte Ueckerdt. Diese Sektoren und Anwendungen könnten kaum direkt elektrifiziert werden.

Fünfmal höherer Energieverbrauch als Elektroautos

Wasserstoffbasierte Brennstoffe könnte zwar  in konventionellen Verbrennungsprozessen und Motoren genutzt werden - und somit fossile Brennstoffe direkt ersetzen. „Angesichts der begrenzten Verfügbarkeit wäre es jedoch falsch zu glauben, dass fossile Brennstoffe auf diese Weise vollständig ersetzt werden können“, betonte Luderer.

„Wenn wir wasserstoffbasierte Kraftstoffe anstelle von direkter Elektrifizierung verwenden, wird je nach Anwendung und den jeweiligen Technologien die zwei- bis vierzehnfache Menge an Strom benötigt“, sagt Ko-Autor Romain Sacchi vom Paul Scherrer Institut.

Effizienzverluste gebe es sowohl in den Produktionsprozessen der wasserstoffbasierten Kraftstoffe, als auch bei deren Verbrauch. „Ein Verbrennungsmotor verschwendet viel mehr Energie als ein elektrischer“, so Sacchi. Mit E-Fuels verbrauche ein Pkw mit Verbrennungsmotor fünfmal mehr Energie als ein Elektroauto.

[Wenn Sie mehr zum Thema Elektromobilität erfahren möchten, finden Sie auf unserer Homepage einen Überblick mit  aktuellen Beiträgen, die sich damit befassen.]

Basierend auf dem deutschen Strom-Mix des Jahres 2018 würde die Verwendung von wasserstoffbasierten Kraftstoffen in Autos, Lastwagen oder Flugzeugen etwa drei- bis viermal mehr Ausstoß von Treibhausgasen verursachen als die Verwendung fossiler Kraftstoffe.

Eine Priorität für grüne Wasserstoff-Brennstoffe könnte kontraproduktiv wirken, warnen die Forschenden. 
Eine Priorität für grüne Wasserstoff-Brennstoffe könnte kontraproduktiv wirken, warnen die Forschenden. 

© Monika Skolimowska/zb/dpa

„Im Gegensatz dazu verursachen Elektro-Autos oder strombetriebene Lastwagen Treibhausgas-Emissionen, die in den meisten Ländern bereits mit dem heutigen Strom-Mix vergleichbar oder geringer sind als die von Diesel- oder Benzinfahrzeugen“, schreiben die Autorinnen. Die Forschenden haben eine Lebenszyklus-Analyse vorgenommen, die auch die mit der Batterieproduktion verbundenen Emissionen einbezieht, um das zeigen zu können.

Experte: Keine Alternative zum Elektroauto

In der Forschung ist es mittlerweile weitgehend Konsens, dass die sogenannten E-Treibstoffe gegenwärtig in erster Linie für Luft- und Schifffahrt, den Schwerverkehr und bestimmte Bereiche der Industrie sinnvoll sind. Manfred Fischedick, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie, sagte dazu dem Science Media Center: „Gegenüber direkt elektrisch betriebenen Fahrzeugen ist die Energiebilanz von PKW mit synthetischen Kraftstoffen um den Faktor sechs bis sieben schlechter.“ 

Dies liege einerseits an den Umwandlungsverlusten bei der Herstellung der Kraftstoffe und andererseits am gegenüber dem Elektromotor deutlich schlechteren Wirkungsgrad von Verbrennungsmotoren. „Anders ausgedrückt muss für die gleiche Mobilitätsdienstleistung sechs- bis siebenmal mehr Strom eingesetzt werden“, so Fischedick.

Felix Creutzig vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) Berlin sieht für die E-Fuels gar keine Zukunft: „Wegen des hohen Preises und der geringeren Effizienz bei der Umwandlung von erneuerbarer Energie in Nutzungsenergie sind synthetische Treibstoffe keine Alternative zum Elektroauto und werden es auch nicht werden.“

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