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Über 30 Patienten mussten bislang am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel isoliert werden, weil bei ihnen ein Keim gefunden wurde, der offenbar auch gegen das letzte Reserveantibiotikum Colestin resistent ist.

© dpa

Keime in Kiel resistent gegen Reserveantibiotikum: Selbst die letzte Waffe wird stumpf

Das Antibiotikum Colestin setzen Ärzte oft erst ein, wenn alle anderen Antibiotika nicht mehr wirken. Gegen die Keime im Kieler Uniklinikum hilft selbst das nicht mehr.

Der Keim, der einen Ausbruch auf der Intensivstation des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein in Kiel ausgelöst hat, ist nicht nur gegen die vier wichtigsten Antibiotikaklassen resistent. Er trägt bereits Erbanlagen in sich, die künftig sogar das Antibiotikum Colistin unwirksam machen können. Das berichten Kieler Forscher, nachdem sie 33 Acinetobacter baumanii-Isolate von 25 Patienten sowie Umweltproben am Genomzentrum der Universität Kiel analysiert haben.

Nur noch eine "Frage der Zeit"

Acinetobacter baumanii ist kein harmloser Umweltkeim. Sein Reservoir ist zu 90 Prozent der besiedelte Mensch, er ist besonders gut an Kliniken angepasst. In Kiel wurde das Bakterium bisher bei 31 Patienten nachgewiesen, zehn sind inzwischen aufgrund ihrer schweren Erkrankung gestorben. Bei drei weiteren Patienten können die Ärzte nicht ausschließen, dass der Keim zum Tod beigetragen hat. Bekämpfen können sie ihn nur mit Colistin, einem Mittel, das wegen starker Nebenwirkungen über 50 Jahre kaum verwendet wurde. Es sei „eine Frage der Zeit“, bis diese Waffe ebenfalls stumpf werde, sagt Trinad Chakraborty vom Universitätsklinikum Gießen und Marburg.

Die Erbgutanalyse bestätigte, dass ein einzelner Patient den Keim in die Klinik eingeschleppt und damit zwei Ausbruchswellen ausgelöst hat. Er hatte die weltweit am häufigsten vorkommende Acinetobacter-baumanii-Linie vermutlich aus einem türkischen Krankenhaus mitgebracht. Die Linie trat bereits 2009 im Raum Dortmund und 2010/2011 in Köln auf. In Köln ging der Ausbruch auf einen Patienten zurück, der zuvor auf der thailändischen Insel Phuket im Krankenhaus war. Die Forscher wollen nun gemeinsam mit anderen Experten untersuchen, inwiefern die Ausbrüche in Zusammenhang miteinander stehen.

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